Roter Staub
Ponys.
»Je länger es braucht, die Yaks zum Markt zu bringen, desto
dünner sind sie und desto weniger wert sind sie. Falke hat
gesagt, ich sollte dich das wissen lassen!« Dann stieß er
seinem Pony die Fersen in die Flanken, daß es lostrabte, und
ließ Lee dort stehen.
An diesem Tag machten die Cowboys Dampf. Ihre im Paßgang
gehende Herde bewegte sich überraschend schnell über die
rote steinige Ebene. Zusammengepreßter Sand, Fels, Schiefer,
durchsetzt von den zerbrochenen Kreisen uralter Krater. Sie verliefen
parallel zu den Hügeln, die sich, Welle um Welle, nach Norden
erhoben.
Lee, der das alte, dickbäuchige Pony des toten
Stinkefuß ritt, das vor und hinter seinem hohen Sattel mit
Bündeln aus Kochutensilien und Säcken mit Gerstenmehl
beladen war, folgte, so gut er konnte. Der schlingernde, schaukelnde
Paßgang des Ponys machte ihn ganz entschieden reisekrank, aber
er war glücklich. Einfach nur in Bewegung zu sein reichte aus.
Alles, was ihm zugestoßen war oder einen Schatten auf seine
Zukunft geworfen hatte – die Flucht von Bitterwasser, Miriams
Tod, die Viren, die Verschwörungen seines Urgroßvaters
– löste sich in der ewigen Bewegung auf. Lee war sehr
jung.
Weit voraus bewegten sich die Cowboys, zu einem losen V hinter der
Yak-Herde aufgereiht, in einer grießigen, sich
dahinwälzenden Wolke roten Staubes zum Geklapper hölzerner
Glocken. Die Männer verständigten sich untereinander in
einem hohen Jodeln, und jetzt raste der eine und jetzt der andere
voran, um einem Streuner den Weg abzuschneiden und zur Herde
zurückzulenken. Nur seltene Büschel grauer Hechten
durchsetzten die kalte Wüste, und diese waren wachstumsgehemmte,
durch Frost verdorrte Exemplare, dennoch waren dies die Ebenen,
worauf die Yaks den größten Teil ihres Lebens verbrachten.
Eine Art Steinbrechmoos wuchs gerade unterhalb der Oberfläche
des sandigen Bodens, und Yaks kratzten es heraus und verschluckten
es, Kies und alles übrige. Die Cowboys mußten hin- und
herreiten, um die Herde in Bewegung zu halten, wann immer sie
über eine besonders reiche Stelle kamen.
Es war harte, schmutzige, schwierige, gefährliche Arbeit.
Yaks waren temperamentvolle Tiere, schlecht gelaunt und
unzuverlässig, wechselten von dumpfer Sturköpfigkeit zu
hoher Nervosität und wieder zurück, und das während
eines Zuckens des mit einem Büschel versehenen Schwanzes. Weil
sie im Winter für sich selbst sorgen mußten, waren ihre
langen scharfen Hörner unbeschnitten. Orangefarbener Speichel
hing in Streifen von ihren Mäulern herab.
Wenn ein Yak nervös war, gähnte er und zeigte Fäden
eines schmutzig-orangefarbenen Schleims in einem schwarzen Maul; wenn
er bereit zum Losrennen war, schüttelte er den Kopf, und
Speichel flog überallhin. Ihr langhaariges Fell verbarg lange
Beine: ein Yak sah massiger aus als eine Kuh, konnte jedoch ebenso
scheu wie eine Antilope sein. Und wenn sie wollten, konnten sie auf
ewig rennen. Die Hälfte ihrer Körper waren mit Lungen
vollgepackt; sie waren so etwa die einzige Tierart, die nicht
völlig umgemodelt werden mußte, um sich an die dünne,
kalte Atmosphäre des Mars anzupassen.
Lee bekam von Redd alles Nötige eher durch Imitation denn
durch Instruktion mit; eine Herde treiben ließ wenig Zeit
für Gespräche. Sie ritten in der Nachhut hinter der linken
Flanke der Herde, die Augen offen für jeden Yak, der glaubte, er
hätte genug von der Gesellschaft seinesgleichen. Fluchtversuche
wurden dadurch entmutigt, daß dem Streuner der Weg
abgeschnitten und ihm körperlich der Weg versperrt wurde. Nicht
so leicht, wie es Redd erscheinen ließ, entdeckte Lee beim
erstenmal, als er es versuchte. Yaks waren ebenso flink wie die Ponys
der Cowboys und wußten, wie sie ihre langen scharfen
Hörner zu gebrauchen hatten. Peitschen wurden als letztes Mittel
benutzt; sie konnten den Yak dazu bringen, in Panik zu geraten und
mit unaufhaltsamer Geschwindigkeit loszurasen, den Schwanz hoch in
der Luft. Wenn man wirklich Pech hatte, erfaßte Yaks in der
Nähe dieselbe Panik.
Die Cowboys hatten als Ziel die Lager der Herdentreiber
außerhalb der Hauptstadt, aber sie hatten noch ein anderes
Geschäft zu erledigen, das sie in einem weiten Bogen nach Westen
führte. Lee schätzte, daß es etwas mit den
Anarchisten zu tun hätte, denn wo sonst könnten die Cowboys
ihren Siliziumschmuck, ihren Hang für Hank Williams, Roy Rogers
und Roy Acuff her haben?
Beständiger Wind trieb Dünen roten Staubs über die
Ebene. Gegen
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