Roter Staub
leuchtend blauen Augen und einem weißen
Lächeln, einem wochenalten blonden Bart, langen, rotblonden
Haaren, die mit einem Lederriemen zusammengebunden waren. Trotz der
abendlichen Kühle stand seine Lederweste über der haarigen
Brust offen.
Lee legte sorgfältig das Messer nieder, verbeugte sich und
fing an, seinen Dank auszudrücken.
»Nicht nötig«, sagte der Cowboy. »Ich hoffe,
du tust dasselbe für mich.« Er wurde Redd genannt –
natürlich nicht sein wirklicher Name, aber die meisten
derjenigen, welche über die staubigen Weideländer ritten,
hatten den einen oder anderen Grund, ihre wirklichen Namen zu
verschweigen oder zu vergessen. Er half dabei, eine Herde zur
Hauptstadt zu treiben.
Lee stellte sich vor. »Ich habe ebenfalls ein Geschäft
in der Hauptstadt zu erledigen.«
»Willst du versuchen, diesen Yak mit mir
zurückzutreiben? Vielleicht können wir dir im Lager ein
richtiges Reittier besorgen.«
»Wie bitte?«
»Den Yak, den du gerettet hast«, sagte Redd mit
übertriebener Geduld.
»Ich halte das nicht für sehr passend. Es ist nicht an
mir, einen Vorschlag zu machen, aber mir fällt auf, daß
dein Sattel sehr geräumig ist…«
»Mensch, müßt ihr Han immer so verdammt formell
sein?«
Lee spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Er hatte zu
Redd gesprochen, wie ein Herr zu einem Diener spricht, denn Redd war
ein Yankee, und so hatte man ihm beigebracht, Yankees zu behandeln.
Er sagte: »Tut mir leid. Ich bin hier nicht zu Hause. Aber ich
gebe zu, daß mich deine Büchse nervös
macht.«
»Dieses kleine Ding?« Redd hob die Waffe über den
Kopf, drehte sie zweimal und schob sie ins Futteral, das an der
Flanke des Reittiers hing. All das, ehe Lee Atem holen konnte.
»Schon gut«, sagte Redd. »Ich bin so lang
draußen auf den Weideländern, daß ich jegliche
Manieren vergessen habe, die ich vielleicht gehabt hatte. Du gehst
zur Hauptstadt, sagst du? Nun, uns fehlt ein Arm, seitdem der alte
Stinkefuß vor einer Woche zertrampelt worden ist. Da war dieser
Staubsturm?«
Wie jeder Yankee, dem Lee begegnet war, hatte Redd die
Angewohnheit, alles, was er sagte, wie eine Frage enden zu lassen,
als wäre er beständig unsicher darüber, ob seine
Wahrnehmung der Welt noch von sonst jemand geteilt wurde. Nun, die
war ihnen schließlich abgenommen worden, und ihr Fehlschlag war
schließlich zu einem Sieg geworden, wenn auch nur
zeitweilig.
»Du bietest mir einen Job an?« fragte Lee.
»Nimm ihn an, oder laß es bleiben. Wenn du ihn
annimmst, kannst du den Yak zurückführen oder -reiten, das
ist mir völlig gleich. Du kannst ihn nördlich bis
nordwestlich führen, etwa drei Kilometer oder so?« Redd
zeigte mit dem Finger, quer gegen die sinkende Sonne. »Du kannst
zu Fuß gehen, ich werde nicht auf dich warten, aber der Yak
wird den Weg wissen. Bis er in einen weiteren Graben fällt. Er
ist ein bißchen dämlich, eben wie Yaks so sind.«
Lee hielt sich nicht damit auf, sich zu überlegen, wieviel
Wahlmöglichkeiten er hatte. Denn in den Hochebenen verdiente man
seinen Unterhalt, oder man starb, und obgleich er wochenlang vom Land
leben konnte, wußte er, daß er mit jedem Tag
schwächer würde und daß er mehr als ein paar Wochen
benötigen würde, zu Fuß zur Hauptstadt zu
gelangen.
Der Yak war nicht weit fortgelaufen und graste an einem Flecken
Moos, den er aus dem sandigen Boden gekratzt hatte. Er ließ Lee
nahe genug an sich herankommen, daß dieser die Leine fassen
konnte, die ihm vom Nasenring herabhing, und dann war es einfach. Lee
setzte zwei Finger in die sensiblen Nüstern des Yaks und
verdrehte sie hart, die Schultern an der Flanke des Tiers. Es ging in
die Knie, und Lee sprang mit gespreizten Beinen darauf und klammerte
sich an den Muskelhöcker über den Schultern. Der Yak kam in
die Höhe, wobei er schnaubte wie eine empörte Matrone.
»Nicht schlecht«, sagte Redd und spie einen Spritzer
braunen Speichels aus. »Dann wollen wir jetzt mal sehen, wie du
reitest.«
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25
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Sie folgten der Spur, welche die Herde hinterlassen hatte:
Büschel von Soldier-Gras, in den Boden gestampft; getrocknete
Kügelchen, die den Boden sprenkelten, große böse
schwarze Käfer, die bereits an ihnen arbeiteten und mit ihrer
Dungladung hierhin und dorthin eilten.
Lee erzählte Redd ein wenig von seiner Geschichte, wobei er
Miriams Teil überging. Er wollte nicht jeden wissen lassen,
daß er eine Ladung wertvoller Fulleren-Viren mit sich trug.
Abgesehen davon hatte
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