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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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Mittag ritten Schwärme von Himmelssäern von
den Vorgebirgen her auf dem Wind: große, ausgefranste,
blaugrüne Luftschiffe mit einem rudimentären Nervensystem,
von denen sich ein jedes innerhalb eines eigenen Schleiers aus
ausgestoßenen Zyanbakterien bewegte, Überbleibsel aus der
Zeit, da die frisch begaste Atmosphäre des Mars, reich an
Kohlendioxid und sonst wenig, atembar gemacht worden war. Cho Jinfeng
hatte sie aus Schwamm- und Korallengenen abgetrennt. Zyanbakterien
vervielfachten sich beständig in ihnen, produzierten Sauerstoff
und banden atmosphärischen Stickstoff – wobei Wasserstoff,
Nebenprodukt der Stickstoff-Anbindung, die membranartigen Taschen
füllte und den Dingern Auftrieb verlieh. Überschüssige
blaugrüne Fasern wurden abgestoßen und befruchteten das
Land, über welches die Himmelssäer hinwegtrieben.
    Lee hatte zuvor nur einmal die Himmelssäer gesehen und war
hinter die Herde zurückgefallen, während die Säer
direkt über ihm schwebten. Noch während er zusah,
schoß ein Haufen schwarzer Pfeile aus Westen heran. Es waren
Killerdrohnen der Conchies. Die anderen Cowboys hatten sie
gleichfalls gesehen und stellten sich, einander zurufend, auf ihre
Steigbügel.
    Die Drohnen rasten durch die Herde Himmelssäer, ehe die
Pflanzen-Tiere Zeit zum Reagieren gehabt hätten, wobei sie
große Löcher in ihre aufgeblähten Körper
schlugen und ihre Wasserstoffbeutel in Brand setzen. Die Hälfte
der Himmelssäer fing zu sinken an und zog Rauch und blaue
Flammen nach sich. Die Drohnen schlugen einen Purzelbaum und
vollführten einen weiteren Durchgang. Verletzte Himmelssäer
flogen in heftigen Explosionen auseinander, die bebende Echos von den
Hügeln erzeugten. Der Rest schüttelte Ballast ab –
große grüne Wolken von Zyanbakterien –, während
sie versuchten, zu höheren, rascheren Winden aufzusteigen. Aber
die Drohnen schnitten durch sie hindurch, wieder, noch einmal,
zweimal. Ein Muttertier der Himmelssäer versuchte, seinen
massigen Körper zwischen die Drohnen und seine beiden Jungen zu
schieben – eine Drohne fetzte sie in zwei Teile und verstreute
Blitze, und die Jungen explodierten in blauen Flammenbällen.
    Die Drohnen sausten tief über die Cowboys und die Herde
hinweg, und dann verschwanden sie westwärts, noch während
die brennenden Überreste der Himmelssäer auf die Ebene
herabtaumelten. Überall regneten Kleckse von Zyanbakterien
herab, und die Yaks hatten sich zerstreut und grasten gierig dieses
unerwartete Manna; es dauerte lange, sie wieder in Bewegung zu
setzen.
    »Scheißkerle«, sagte Redd zu Lee, als sie kurz
nebeneinander arbeiteten und einen Yak von einer vereinzelten Scheibe
Himmelssäer wegjagten.
    »Die Drohnen?«
    »Ihre Besitzer. Sie werden nicht Ruhe geben, bis sie die Welt
zerstört haben, und es ist nicht an ihnen, sie zu
zerstören.«
    Lee, erstaunt von der festen Meinung des Cowboys, sagte: »Der
Kaiser hat es anders verfügt.« Im vergangenen Jahr hatte
Lee nicht gewagt, seine eigenen Sympathien für die Himmelsfahrer
jemand anderem als Guoquiang und Xiao Bing gegenüber
einzugestehen, und dann auch nur in guter Entfernung vom übrigen Danwei.
    Redd brachte es fertig, ein Seil durch den Nasenring des Yaks zu
schlingen. Das andere Ende war an seinem Sattel befestigt. Der Yak
bellte, verließ jedoch widerstrebend den Festschmaus. Redd
rief: »Die Welt gehört nicht dem Kaiser. Sie gehört
uns. Und niemand fragt uns, was wir wollen.« Dann
stieß er die Fersen in die Flanken seines Ponys, daß es
weitertrabte, und zog den Yak hinter sich her. Lee wäre hinter
ihm hergeritten, um zu fragen, was er meinte, aber Falke rief nach
ihm, er solle ihm zur Hand gehen, und er mußte sich
abwenden.

 
     

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27
     

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    An diesem Tag schaffte die Herde nur weniger als zwanzig
Kilometer. Als die Cowboys endlich das Lager aufschlugen, an einem
Ort, der sich nur wenig von dem unterschied, wo sie aufgebrochen
waren, hatte Lee das Gefühl, als hätte der
größte Teil des Territoriums sich auf seine Haut gelegt,
bis hinab in seinen Magen. Stellen an seinen schweißglatten
Oberschenkeln hatten sich wundgerieben, wo sie den hohen Sattel
umklammerten.
    Redd reichte Lee Überziehhosen mit zusätzlichen
Lederflicken an den Oberschenkeln, und Lee dankte ihm.
    »Nach dem Kochen habe ich wohl Schwierigkeiten, die Gitarre
hochzuheben.«
    »Viel Zeit zum Üben, ehe wir das Herdenlager erreichen. Dann wirst du singen. Ich hab’s den anderen erzählt,
und sie sind gierig,

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