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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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neue Songs zu hören. Wir werden froh sein,
wenn dein ›King of the Cats‹ die Yaks auch nur halb so gut
bezaubert wie Hank Williams.«
    »Er ist eher dein King als meiner. Schließlich einer
deiner Vorfahren.«
    »Ich bin Marsianer«, sagte Redd. »Alle Cowboys sind
Marsianer. Deswegen sind so wenig von ihnen Han. Du magst ein
Marsianer sein, Wei Lee, das weiß ich noch nicht. Und was den
›King of the Cats‹ betrifft, so ist er einfach ein toter
Bursche aus einer anderen Welt. Vielleicht werde ich etwas von ihm
halten, wenn du uns andere beim Singen übertreffen
kannst.«
    Gewöhnlich wäre Lee in eine leidenschaftliche
Verteidigung des Kings verfallen. Aber jetzt… er war einfach zu
erschöpft. Er fand es schwer genug, wach zu bleiben und den
Cowboys das Abendessen zu kochen: zerstampfte Gerstenkörner,
Trockengemüse und fettes Salzfleisch in einem großen
schwarzen Kessel aufgekocht, Yakknochen verkohlten auf den Scheiten,
bis ihr Mark kochte und lief.
    »Gutes Essen«, verkündete Falke. Sein Bart
glänzte fettig. »Ich hab’s euch gesagt«, meinte
er zu den Cowboys, »daß sie die besten Köche sind. Du
kommst mit mir, junger Han, und ich zeige dir, wie man den Tee stark
genug macht, um solch gutes Essen hinunterzuspülen und damit der
Staub sich setzt.«
    Als er Tee von einem schwarzen Block in den Kessel schabte, worin
sich der Eintopf befunden hatte, sagte Falke ruhig: »Was
hältst du von dem jungen Redd?«
    »Er ist gut zu mir gewesen. Schließlich hat er mir das
Leben gerettet.«
    »Ich habe gesehen, wie du mit ihm gesprochen hast. Und ich
habe mich gefragt, warum du eigentlich hier draußen
bist.«
    »Ich bin zur Hauptstadt gereist.«
    »Was du nicht sagst.« Falke leckte die Klinge seines
Messers ab, klappte es zusammen und steckte es weg. Sein langes
weißes Haar bildete eine Art Kapuze um sein verrunzeltes
Gesicht. »Du schüttest Wasser in einen Kessel, bis er halb
voll ist, bringst es zum Kochen, dann legst du die Butter
hinein.« Nachdem er den Kessel mitten in das Kochfeuer gesetzt
hatte, sagte er: »Der junge Redd ist ein Aufwiegler. Ein Dutzend
von Herdenbossen haben ihn bereits aus ihren Mannschaften gefeuert.
Ich finde ihn… unterhaltsam. Er erinnert mich an mich selbst,
als ich jung war, als der Kaiser und die Zehntausend Jähre
angefangen haben, mit der Erde zu handeln. Die Conchies haben uns
Missionare geschickt, und wir haben die meisten davon gelyncht, aber
es hat immer mehr gegeben, die allesamt fast genau gleich ausgesehen
haben. Es hat Aufstände gegeben, wie ich mich entsinne, und die
Sprachrohr-des-Volkes-Armee wurde gegen uns ausgeschickt. Ich war
unter denjenigen, die dazu aufgerufen haben, den Streik
aufrechtzuerhalten, und er ist aufrechterhalten worden. Wir haben den
halben Fleischvorrat der Hauptstadt weggeholt, und ziemlich bald
haben die Zehntausend Jahre nachgegeben – keine weiteren
Missionare. Sie mußten lediglich warten. Heutzutage geben sogar
Cowboys ihr Leben dahin, um sich ihren Weg in den Himmel zu
träumen, trotz aller feinen Gefühle seitens Redd. Die
Unterschied zwischen ihm und meinem jüngeren Selbst besteht
darin, daß ich einer von vielen war, er jedoch ist einer von
einer verschwindenden Rasse.«
    Lee, der sich fragte, was Falke ihm zu erklären versuchte,
sagte nichts.
    »Was ich dir sagen will, junger Han, ist, daß Redd ein
ausgesprochener Einzelgänger ist.«
    »Dennoch sympathisierst du so mit seinen…
Ideen.«
    »Ich mag ihn, aber ich vertraue ihm nicht. Ich bekomme den
Eindruck, daß du mit seinen Ideen ebenfalls sympathisierst, und
ich habe die Weise gesehen, wie du heute die Conchie-Drohnen
angesehen hast. Kein Grund zur Aufregung. Keinem von uns hier
draußen gefällt, was in der Welt geschieht, nur wissen,
anders als Redd, die meisten von uns, daß wir nicht viel
deswegen unternehmen können. Jetzt geh einen Block Butter holen;
der Tee kocht fast.«
     
    Sobald sich Lee in seinen Brokatmantel gehüllt hatte, schlief
er ein, und der Bibliothekar wartete in seinen Träumen auf
ihn.
    »Du hättest ihnen sagen sollen, was man dir angetan
hat«, sagte der Bibliothekar. »Es ist wichtig. Es wird dir
ein Gesicht verleihen. Du wirst das brauchen, in den kommenden
Tagen.«
    Sie standen in warmem weißen Sonnenlicht, neben einer
Steinwand auf der Spitze einer Klippe. Der Bibliothekar war ein
Schatten im Sonnenlicht, das Gesicht verborgen durch eine Falte
seiner schwarzen Seidenrobe. Die Seide war mit komplizierten Linien
bestickt, wie

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