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Roter Zar

Roter Zar

Titel: Roter Zar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Eastland
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Pekkala diese Fotografie gesehen hatte, war der Zar schon über ein Jahr tot gewesen.
    Pekkala dachte an das Gesicht, das Kirow im Fenster gesehen hatte. Vielleicht spukte es ja wirklich in diesem Haus.
    Anton kam in die Küche. Seine Augen waren gerötet, die Augäpfel gelblich verfärbt. Eine der Wangen war aufgeschürft, und am Wangenknochen hatte er einen dunklen Bluterguss.
    »Was ist mit dir passiert?«, fragte Pekkala.
    »Sagen wir, Majakowski ist nicht der Einzige in der Stadt, der sich noch an mich erinnert.«
    »Wir hatten letzte Nacht Besuch«, sagte Pekkala. Er legte die Handgranate auf den Tisch.
    Anton stieß einen leisen Pfiff aus. Er inspizierte die Granate. »Blindgänger?«
    »Sie wurde nicht scharf gemacht.«
    »Das passiert nicht aus Versehen.«
    »Es ist eine Warnung«, sagte Pekkala. »Das nächste Mal dürften wir nicht mehr so viel Glück haben.«
    »Ich muss der Polizei meine Papiere vorlegen, bevor du offiziell mit deinen Ermittlungen beginnen kannst«, sagte Anton. »Du kannst mitkommen, vielleicht wissen die ja was.«
     
    Alexander Kropotkin, der Polizeichef von Swerdlowsk, war ein stämmiger, breitschultriger Mann mit dichten blonden Haaren, die er sich in die Stirn kämmte.
    Pekkala und Anton standen vor seinem Schreibtisch, Kropotkin saß dahinter und blätterte die Papiere durch, die Anton ihm vorgelegt hatte. Schließlich kam er zur letzten Seite, betrachtete blinzelnd die Unterschrift und warf daraufhin die Blätter auf den Schreibtisch. »Warum die Mühe?«, fragte er.
    »Welche Mühe?«, fragte Anton.
    Kropotkin deutete mit seinem dicken Zeigefinger auf die Papiere. »Genosse Stalin hat diese Befehle unterzeichnet. Sie können tun und lassen, wonach Ihnen zum Teufel noch mal der Sinn steht. Sie brauchen meine Erlaubnis nicht.«
    »Aus Höflichkeit«, sagte Anton.
    Kropotkin beugte sich vor und stützte die Unterarme auf den Schreibtisch. Er musterte Pekkala. »Das Smaragdauge. Ich habe gehört, Sie seien tot.«
    »Da sind Sie nicht der Einzige.«
    »Ich habe auch gehört, dass man Sie nicht kaufen kann. Und trotzdem arbeiten Sie jetzt für die.« Er wies mit dem Kinn zu Anton.
    »Ich bin nicht gekauft worden«, sagte Pekkala.
    »Dann eben bestochen. Oder bedroht. Spielt keine Rolle. So oder so, Sie arbeiten für die.«
    Die Worte kränkten ihn, aber Pekkala gab keine Antwort darauf.
    Kropotkin wandte sich an Anton. »Sie kommen mir bekannt vor. Sie haben zu den Tscheka-Leuten gehört, die den Zaren bewacht haben, oder?«
    »Schon möglich«, erwiderte Anton.
    »Ganz sicher. Ich vergesse Gesichter nicht. Außerdem habe ich Sie immer in der Schänke gesehen. Wie oft habe ich miterlebt, wie Tschekisten Sie abgeholt haben, weil Sie zu betrunken waren, um allein nach Hause zu kommen? Nach Ihrem Gesicht zu urteilen, laufen Sie entweder immer mit blauen Flecken rum, oder Sie sind bei Ihren schlechten Angewohnheiten geblieben. Und jetzt tauchen Sie in meinem Büro auf und wollen mir was von Höflichkeit erzählen? Fahren Sie zur Hölle! Reicht Ihnen das als Höflichkeit?«
    »Was regen Sie sich so auf?«, fragte Anton.
    »Das wollen Sie wissen? Gut, ich sage es Ihnen. Das hier war eine nette, ruhige Stadt, bis Ihre Leute die Romanows hierhergeschafft haben. Seitdem ist nichts mehr so, wie es mal war.« Er formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und hielt sie sich an die Schläfe. »Tod, Hinrichtung, Mord, suchen Sie es sich aus. Und jedes Mal, wenn sich die Lage etwas beruhigt, taucht wieder einer von Ihnen auf, und das Ganze fängt von vorn an. Keiner will Sie hier haben, aber ich kann Sie nicht rausschmeißen.« Er wies mit dem Kinn zur Tür. »Also, machen Sie Ihre Arbeit, und dann lassen Sie uns in Ruhe.«
    Pekkala zog die Handgranate aus der Tasche seines Mantels und legte sie auf den Schreibtisch.
    Kropotkin starrte sie an. »Was ist das? Ein Geschenk?«
    »Jemand hat sie letzte Nacht bei uns durchs Fenster geworfen«, erwiderte Pekkala, »aber vergessen, die Reißschnur zu ziehen.«
    »Es ist eine deutsche Handgranate«, fügte Anton hinzu.
    Kropotkin nahm die Granate. »Eine österreichische. Deutsche Stielhandgranaten haben am Sprengkopf einen Henkel.« Er tippte gegen den grauen Zylinder, in dem der Sprengsatz untergebracht war. »Die österreichischen nicht.«
    »Sie waren im Krieg?«, fragte Pekkala.
    »Ja«, erwiderte Kropotkin. »Solche Sachen lernt man, wenn einem diese Dinger ständig um die Ohren fliegen.«
    »Wir haben gehofft, Sie wüssten vielleicht, von wem sie

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