Roter Zar
zur Küche. »Haben Sie den Milizionär gefunden?«, fragte er.
»Ja«, erwiderte Pekkala.
»Haben Sie ihn verhaftet?«
»Nein.«
»Warum nicht?«, fragte Kirow. »Er hat letzte Nacht versucht, uns umzubringen.«
»Wenn er uns hätte umbringen wollen, wären wir jetzt tot.«
»So oder so, Sie hätten ihn verhaften sollen«, sagte er. »Es geht ums Prinzip.«
»Genau das, was die Welt unbedingt braucht«, sagte Anton. »Einen Jungspund, eine Waffe und Prinzipien.«
»Hat er gestanden, den Zar umgebracht zu haben?«, fragte Kirow.
»Nein.«
»Was für eine Überraschung aber auch«, murmelte Anton.
»Er hat nichts gegen die Romanows«, sagte Pekkala. »Sondern euch hasst er, dich und deine Freunde von der Tscheka.«
»Na, da ist er nicht allein«, sagte Anton. »Die Miliz. Die Weißen. Die Romanows. Polizeichef Kropotkin. Sogar die Klosternonnen haben uns gehasst.«
»Eigentlich«, fuhr Pekkala fort, »ist er überzeugt, dass die Tscheka für den Tod der Romanows verantwortlich ist.«
Kirow pfiff durch die Zähne. »Die Tscheka glaubt, die Miliz hätte den Zaren getötet. Die Miliz glaubt, die Tscheka wäre es gewesen. Und Majakowski glaubt, dass sie noch am Leben sind.«
»Gut«, sagte Pekkala, »zumindest das Letzte können wir ausschließen.«
»Was ist mit der Tscheka?«, fragte Anton. »Glaubst du wirklich, dass wir was damit zu tun gehabt haben?«
Pekkala zuckte mit den Schultern.
Anton deutete mit dem Kochlöffel auf ihn. »Verdächtigst du mich etwa?«
Kirow, der spürte, dass die beiden Brüder schon wieder kurz vor einem Streit standen, wechselte das Thema. »Wären ein paar andere Worte von Ihnen nicht sehr viel angemessener?«, sagte er zu Anton.
»Ich habe mich schon entschuldigt«, erwiderte dieser und schob sich den nächsten Bissen in den Mund.
»Eine Entschuldigung, laut und deutlich, damit sie jeder hören kann! Darauf haben wir uns geeinigt, oder?«
Anton stöhnte auf. Er stellte die Pfanne auf die Pflastersteine und ließ den Löffel klappernd in die Pfanne fallen.
»Ich entschuldige mich, Sie einen Koch genannt zu haben. Sie sind ein Meisterkoch, ein wahrer Küchenchef.«
»Na«, kam es von Kirow, »war das so schwer?«
Anton erwiderte nichts.
»Was haben Sie zubereitet?«, fragte Pekkala mit Blick auf die Pfanne.
»Hühnchen in Stachelbeersauce!«, verkündete Kirow.
»Woher kommen die Lebensmittel?«, fragte Pekkala.
»Von unserem neuen Freund Majakowski«, sagte Kirow.
»Es ist unser einziger Freund«, sagte Anton.
»Er behauptet, er kann alles besorgen, was wir wollen«, sagte Kirow.
Anton sah über die Schulter zu Kirow. »Einen Moment. Wie haben Sie ihn bezahlt? Ich habe doch die Hand auf unserem Geld.«
»Während Sie das Hühnchen verputzt haben, hat Sie das auch nicht interessiert, oder?«, entgegnete Kirow. »Sagen wir: Wir haben so viele Benzinmarken, dass wir damit fast bis nach Moskau kommen.«
»Verdammt!«, schrie Anton. »Warum führen wir nicht einfach eine Razzia bei ihm durch und nehmen uns, was wir brauchen?«
»Könnten wir«, sagte Pekkala, »aber ich glaube, er weiß mehr, als er bislang gesagt hat. Früher oder später wird er mit mehr Informationen herausrücken.«
»Auf dieses früher oder später können wir nicht warten«, blaffte Anton.
»Ermittlungen zu überstürzen«, sagte Pekkala, beugte sich zur Pfanne hinunter und fuhr mit dem Finger durch die Saucenreste, »ist, als würde man ein Essen hinunterschlingen …« Er kostete die Sauce und schloss die Augen. »Das ist sehr gut«, murmelte er. »Und außerdem würde alles viel schneller gehen, wenn du auch mithelfen würdest.«
»Ich helfe doch mit«, sagte Anton.
»Wie denn?«, fragte Pekkala. »Außer dass du alles wegisst.«
»Ich werde mithelfen«, sagte Kirow eifrig.
»Sie bleiben bei Ihren Töpfen und Pfannen«, maulte Anton.
»Je mehr Leute wir befragen«, sagte Pekkala, »umso schneller geht es.«
Kirow stupste Anton mit der Stiefelspitze gegen den Rücken. »Wollen Sie wieder über Dampf Briefe öffnen?«
»Schon gut!« Erneut stöhnte Anton auf. »Was soll ich tun?«
Pekkala wies den beiden jeweils einen Teil der Stadt zu und empfahl, von Tür zu Tür zu gehen und die Bevölkerung danach zu fragen, was in der Nacht geschehen war, in der die Romanows verschwanden.
»Das können wir nicht tun«, sagte Anton. »Offiziell sind die Romanows auf Befehl der Regierung hingerichtet worden. Wenn sich herumspricht, dass wir nach den Männern suchen, die den Zar und seine
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