Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall
der Steaks unter die Nase und schnupperte.
»Überlegst du, ob man den Fisch noch jemandem vorsetzen kann? Wenn er schon müffelt, dann verkauf’ ihn einfach an deine einheimischen Gäste.«
Die Stimme gehörte Vatanen, der sich offenbar unbemerkt die schmale Steintreppe zur Küche emporgeschlichen hatte. Keiner der Kellner oder Köche hatte den Finnen aufgehalten. Warum auch? Er gehörte praktisch zum Inventar und genoss deshalb weitgehende Bewegungs- und Narrenfreiheit.
»Hallo, Pekka. Warum an die Luxemburger?«
»Weil sie keine Ahnung von Fisch haben, zumindest keine von Fisch, der aus dem Meer stammt. Wir Finnen hingegen …«
»…. ihr nuckelt das Fischöl schon aus der Mutterbrust. Ist klar. Trotzdem hatte ich eigentlich vor, uns diese Steaks gleich zu braten, als Mittagessen. Ich glaube, du wirst an ihrer Qualität nichts auszusetzen haben.«
Vatanen stellte sich neben Kieffers Posten und beäugte die Steaks. »Was gibt es dazu?«
»Grünen Salat, Pommes frites und einen sehr seltenen Schengener Riesling, den ich gerade reinbekommen habe.«
»Schon überredet.«
Kieffer händigte seinem Freund eine Weinflasche aus. Er hatte sie bei Welschbillig gekauft, einem Winzer, mit dem er befreundet war. Gekauft war freilich nicht das richtige Wort. Diesen speziellen Riesling gab es bei Welschbillig nur als Dreingabe zu einer größeren Bestellung – oder für gute Bekannte und Familienmitglieder. Der fragliche Hangabschnitt gab kaum mehr als 500 Flaschen im Jahr her. Und die gelangten nicht in den regulären Handel. Während Vatanen die Flasche entkorkte und ihnen zwei Gläser einschenkte, drehte Kieffer den Grill hoch. Dann vermischte er in einer kleinen Schüssel Zitronensaft, Olivenöl und Pimentón de la Vera, geräuchertes Paprikapulver aus der Extremadura. Er verquirlte die Mischung und pinselte sie auf die Steaks. Beim Beilagenkoch orderte Kieffer zweimal Pommes und Salat und warf den Thun auf den Grill.
»Prost!« Vatanen nahm einen Schluck und zog die Brauen hoch. »Saamari, das ist ja ein feines Tröpfchen. Wo bekommt man den?«
»Nirgends. Nur mit Beziehungen zu kriegen.« Kieffer wendete die Steaks, auf deren Unterseite sich bereits dunkle Streifen zeigten. Dann goss er noch mehr von der Pimentóntunke darüber.
Vatanen grinste. »Was soll ich diesmal für dich tun?«
»Das erzähle ich dir unten. Lass uns erst die Steaks vom Grill nehmen. Wenn es etwas gibt, das ich hasse, dann sind es durchgebratene Thunfischsteaks.« Sie gingen, jeder einen dampfenden Teller und ein Weinglas in der Hand, hinunter auf die Außenterrasse und begannen zu essen.
»Die Steaks habe ich von Pombal Foods, das ist ein portugiesischer Fischgroßhändler in Esch. Der hat irgendwie mit diesem toten Sushikoch zu tun.«
»In welcher Weise?«
»Das wüsste ich auch gerne. Allégret hat mich gebeten, der Sache nachzugehen, und ich kann mich dieser Bitte, wie ich dir neulich schon erklärt habe, kaum verschließen. Der einzige Hinweis, den er mir geben konnte, war, dass ein gewisser Monsieur Trebarca Silva in den Fall verwickelt ist. Und dem gehört Pombal.«
Vatanen stopfte sich eine viel zu große Portion Pommes frites in den Mund. Kauend fragte er: »Woher weiß der Herr Bürgermeister das – und wie genau ist dieser Silva in die Sache verwickelt?«
»Keine Ahnung, Pekka. Die Information stammt wohl aus Pariser Polizeikreisen. Trebarca Silva ist einer der wichtigsten Fischhändler weit und breit. Somit ist es zumindest theoretisch denkbar, dass er geschäftlich mit Ryuunosuke Mifune zu tun hatte.«
»Hast du das überprüft?«
»Ja, leider Fehlanzeige. Mifunes Maître konnte mir nur den Namen eines französischen Händlers nennen, der vor allem Thun verkauft und mit dem der Sushimeister lange zusammengearbeitet hat, bis vor Kurzem. Diesen Trebarca Silva kannte der Maître nicht, und er scheint zumindest in der Vergangenheit nicht der Hauptlieferant von Mifune gewesen zu sein.«
»Was bedeutet ›zumindest in der Vergangenheit‹?«
»Mifunes alter Fischhändler hieß Prezzemolo und sitzt in Paris. Mit ihm hat sich der Japaner offenbar überworfen. Er hat dann einen neuen Lieferanten aufgetan, aber niemand weiß, wer der war.«
»Es könnte also sein, dass Mifune ganz zum Schluss mit Silva zu tun hatte?«
Kieffer nickte. »Könnte. Oder auch nicht. Anhaltspunkte dafür habe ich bislang keine.«
»Das ist nicht allzu viel. Und diesen Pariser Fischhändler …?«
»… habe ich bisher nicht auftreiben
Weitere Kostenlose Bücher