Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall
etwas anderes. Ich muss möglicherweise einen Fisch kaufen.«
Am anderen Ende der Leitung ertönte ein abgehacktes Lachen. »Wenn es nicht gerade ein ganzer Wal ist, soll es mir recht sein.«
»Es geht um einen Thun. Ich muss eventuell einen ganzen Bluefin kaufen.«
Allégret verstand sofort. »Der Wal wäre vermutlich billiger. Was soll der Spaß kosten?«
»Ich würde mit einem hohen fünfstelligen Betrag rechnen. Vielleicht sogar mit einem sechsstelligen«, antwortete Kieffer.
»Und dieser Fisch wird mein Problem lösen?«
»Das hoffe ich.«
»Solltest du auch. Kauf ihn, aber bring’ mir dann mehr als 200 Kilo Maguro nigiri.« Damit legte Allégretauf. Warum Kieffer den Thun kaufen wollte und wozu er ihn brauchte, hatte der Bürgermeister nicht gefragt.
Nun, da er Allégrets Einverständnis eingeholt hatte, rief Kieffer seinen Freund Toro an.
»Moshi moshi!«, meldete sich der Japaner.
»Hallo, Toro.« Im Hintergrund hörte Kieffer lautes Hämmern und Sägen. »Bist du auf einer Baustelle?«
»Ja, ich bin gerade dabei, mein neues Robata-Restaurant einzurichten. Das meiste ist bereits fertig, morgen wuchten sie dann den Grill rein. Komm doch mal vorbei, Rue des Thermopyles.«
»Wieder Saint-Germain?«
»Nein, etwas weiter südlich, im 14. Arrondissement.«
»Auch eine gute Gegend für exotische Restaurants. Ich schau’ mir das beizeiten mal an. Sobald ich mich von unserem letzten Exzess erholt habe.«
Hashimoto meckerte ausgiebig. Als sein Lachanfall abgeklungen war, sagte der Japaner: »Aber du rufst doch an, weil du irgendwas willst.« Es war kein Vorwurf, sondern eine schlichte Feststellung. »Also sag’ schon.«
»Ich versuche immer noch, diesen Prezzemolo zu erwischen, aber er macht sich rar. Ich war in der Bar, die du mir genannt hast. Ich habe dort meine Nummer hinterlassen, aber …«
»… aber er hat nicht zurückgerufen.«
»Genau. Woran kann das liegen?«
»Hmm, ich würde vermuten, dass er entweder kein Interesse an Neugeschäft hat. Oder, dass er nur mit Leuten anbandelt, die ihm durch irgendjemand vorgestellt worden sind. Vielleicht hat er auch Vorurteile gegenüber dicken Luxemburgern.« Erneut meckerte es Kieffer aus dem Hörer entgegen.
»Sind diese Fischhändler alle so scheue Rehe?«
»Ich kenne diesen windigen Prezzemolo wie gesagt nicht sonderlich gut, aber so was ist auf jeden Fall nicht unüblich. Also, bei Japanern läuft ohne persönliche Connections meistens nix.«
»Kannst du mir denn helfen, an den Mann heranzukommen?«
»Wenn es sein muss. Pass auf, Mann, mein Kumpel Akira, der betreibt ein Restaurant in der Nähe der Opéra Garnier. Der kennt diesen Prezzemolo ganz gut. Ich könnte ihn bitten, mir ein Entrée zu verschaffen. Wenn ein Japse einen Haufen Thun kaufen will, klingt das schließlich immer glaubwürdig. Und dann schick’ ich dich, als meinen Gesandten. Aber willst du tatsächlich Fisch kaufen?«
»Wenn es sein muss.«
»Dir ist schon klar, dass der Typ nur ganze Bluefins verkauft, oder? 100, 200 Kilo schwere Torpedos, mit denen du deine ganze Heimatstadt durchfüttern kannst. Vorausgesetzt, du bist in der Lage den Fisch auch auseinanderzunehmen. Ist ja keine Bachforelle, so ein Bluefin. Dafür brauchst du ein spezielles Messer, eigentlich eher ein Schwert. Und Erfahrung – sonst hast du einen Haufen kaputtgeschnetzelten Thun, aus dem du höchstens noch Fischfrikadellen machen kannst. Und überhaupt, hast du denn so viel Geld? Nicht, dass es mich etwas angeht, aber …«
»… mein Auftraggeber bezahlt den Fisch. Und beim Filetieren könntest du mir doch helfen, oder? Die Filets können wir uns dann gerne teilen – vielleicht will dein Kumpel ja auch welchen haben.«
»Du hast einen ziemlichen Schuss, Mann. Aber wassoll’s. Einem geschenkten Thun schaut man nicht hinter die Kiemen. Ich versuche, das einzufädeln, dann melde ich mich wieder. Sayoonara.«
Bereits am Nachmittag rief Hashimoto Kieffer zurück. Angestachelt von der Aussicht, Bluefin im Wert von mehreren 10000 Euro abstauben zu können, hatte der Bekannte des Japaners bei Prezzemolo für den angeblichen Neukunden geworben. »Er ist bereit, mit uns ins Geschäft zu kommen. Akira hat unvorsichtigerweise behauptet, wir wollten monatlich mehrere Bluefins kaufen, für eine neue Restaurantkette.«
»Fantastisch.«
»Es gibt da allerdings ein kleines Problem.«
Kieffer seufzte und zündete sich eine Ducal an. »Und das wäre?«
»Prezzemolo sagt, er sei bei so großen Geschäften
Weitere Kostenlose Bücher