Rotes Haar - Herz in Gefahr!
und fragte sich, wie oft es ihr wohl widerfahren sein mochte, dass man sie auf ihr selbstbewusstes Auftreten reduzierte. Er selbst hätte auch lieber an dieser Einschätzung festgehalten, als ein verletzliches Wesen in Joey zu sehen. Das würde nur den Beschützer in ihm wachrufen, und das konnte brandgefährlich werden.
„Dir ist vielleicht egal, was man von dir hält, aber mir nicht“, hielt Gideon dagegen. „Besonders wenn es um Menschen geht, mit denen ich täglich zu tun habe.“
Zwei hellrote Flecken erschienen auf ihren Wangen. „Im Augenblick hast du es täglich mit mir zu tun, Gideon. Da dürfte es dich wohl auch interessieren, was ich über dich denke, oder?“
Nein, dachte er sofort. Er wollte lieber nicht wissen, was Joey von ihm hielt. Beziehungsweise ahnte er schon, wie sie zu ihm stand. Ihr gefiel seine überhebliche Einstellung nicht, und ihr missfiel, wie er sich in die juristischen Probleme ihrer Schwester Stephanie eingemischt hatte, als dieser fälschlicherweise eine Affäre mit einem verheirateten Mann nachgesagt worden war.
Dabei hatte sich Gideon nur auf Jordans Wunsch hin dieser Sache gewidmet, weil er seinem Bruder einen Gefallen tun wollte. Möglicherweise hätte er sich bei dem Prozedere ein wenig taktvoller verhalten und Joey wenigstens einmal persönlich konsultieren können. Immerhin hatte sie ihre Schwester offiziell vertreten.
Stattdessen ließ Gideon sie im Unklaren über seine Strategie und heuerte einen Privatdetektiv an, der aufdeckte, mit wem Stephanies angeblicher Lover tatsächlich eine Liaison unterhielt. Inzwischen war Gideon klar, dass Joey sich einerseits über die entlastenden Beweise gefreut, sich andererseits jedoch von ihm übergangen gefühlt hatte. Seitdem spürte er diese unterschwellige Feindseligkeit in ihrem Verhalten, wann immer sie sich begegneten.
Er musste sich bei ihr entschuldigen, das stand fest. Aber nicht gerade in diesem Moment, das wäre viel zu gefährlich …
„Nur wenn ich im Gegenzug auch keinen Hehl aus meinen geheimsten Gedanken machen muss“, antwortete er verspätet, und Joey stutzte.
„Danke, ich verzichte“, konterte sie trocken und versuchte, gelangweilt zu klingen.
„In dem Fall sollten wir uns schleunigst wieder an die Arbeit machen.“
„Ja, Sir.“ Spöttisch salutierte sie vor ihm und wandte sich ab.
„Ach … Joey?“
Misstrauisch schaute sie über die Schulter zurück. „Ja?“
„Zieh dir deine Schuhe an, ja? Du bist ein schlechtes Vorbild für die Bodentruppen.“
Ihr spontanes Lachen klang heiser und ausgesprochen verführerisch. „Pass auf, Gideon. Womöglich entwickelst du doch noch einen Sinn für Humor.“
Sein Mund wirkte plötzlich seltsam verzerrt. „Bestimmt nicht, schließlich bin ich doch stocksteif.“
Joey sah fast ein bisschen schuldbewusst aus. „Das hätte ich nicht sagen dürfen.“
„Wieso nicht?“ Er zuckte die Achseln. „Wenn es das ist, was du wirklich denkst.“
Längst war Joey nicht mehr sicher, was sie über ihn denken sollte. Eventuell hatte Gideon gute Gründe dafür, sich emotional von der Welt abzuschotten. Seine Eltern trennten sich, als er gerade zehn Jahre alt war. Bestimmt keine einfache Erfahrung.
Stephanie hatte ihrer Zwillingsschwester anvertraut, wie sehr die hässliche Scheidung von Molly und Alexander St. Claire ihren Ehemann hinsichtlich seiner Beziehungsfähigkeit beeinflusst hatte. Vielleicht ging es Gideon ganz genauso?
Was war nur mit ihr los? Suchte sie etwa nach Erklärungen für seine kühle Haltung ihr gegenüber?
„Würdest du jetzt bitte gehen und mich arbeiten lassen, Joey?“, brummte er und ließ sich hinter dem Schreibtisch in den Bürosessel fallen. Unter schweren Lidern beobachtete er, wie sie den Raum verließ und die Tür fest hinter sich schloss.
Dabei hatte er sie nur so schnell loswerden wollen, weil ihm wieder eingefallen war, wie gern er sie genau jetzt geküsst hätte …
„Brauchst du Hilfe?“
In diesem Augenblick wäre Joey an jedem anderen Ort der Welt lieber gewesen, als in der Parketage des Bürogebäudes vor ihrem Auto zu knien. Vergeblich mühte sie sich mit dem Wagenheber ab, um den platten Hinterreifen auswechseln zu können.
Kurz vor sechs Uhr hatte sie ihr Büro in der Annahme verlassen, Gideon hätte längst Feierabend gemacht. Aus seinem Zimmer drang nicht das leiseste Geräusch, doch im Untergeschoss musste sie feststellen, dass ihre beiden Autos die letzten in der Privatgarage waren. Deshalb wollte sie sich erst
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