Rotes Haar - Herz in Gefahr!
macht gar nichts. Arbeiten Sie hier in der Nähe?“
Sie runzelte leicht die Stirn. Es war eine Sache, jemanden in einem Café anzurempeln und sich dafür zu entschuldigen, aber etwas ganz anderes, einem Fremden zu verraten, wo genau man arbeitete. Einem Mann, der ihr vertraut war, auch wenn er abstritt, sie zu kennen.
„Ja“, entgegnete sie vage. „Und ich bin auch etwas in Eile.“ Sie schenkte ihm ein letztes Lächeln und machte sich auf den Weg zurück in ihr neues Büro.
„Lassen Sie sich die Schokolade schmecken“, rief er ihr nach.
„Danke!“ Ihre Schritte wurden schneller. War sie paranoid, oder ging das Interesse dieses Mannes über bloße Höflichkeit hinaus? Vielleicht reagierte sie übersensibel, nachdem ihre Fantasie mit ihr durchgegangen war.
Oh ja, sie fühlte sich definitiv extrem sensibilisiert – an allen möglichen Stellen.
„War dein Essen erfolgreich?“
Gideon, der gerade erst in sein Büro zurückgekehrt war, holte tief Luft, drehte sich um und sah Joey lässig gegen die geschlossene Tür gelehnt dastehen.
„Ich denke, wir müssen mal ein paar Grundregeln festlegen“, begann er und hängte sorgfältig seine Anzugjacke auf, bevor er hinter Lucans imposantem Schreibtisch Platz nahm. „In Zukunft möchte ich dich bitten, erst anzuklopfen, bevor du in mein Büro platzt.“
„Wieso?“
Er biss die Zähne aufeinander. „Weil es mir so lieber ist.“
Vergnügt zwinkerte sie ihm zu. „Willst du etwa private oder gar intime Dinge tun, bei denen ich dich nicht überraschen soll?“
Drei Wochen, sechs Tage und zwei Stunden noch.
Gideon spürte, wie eine Ader in seiner Schläfe zu pochen begann. „Mir ist es eben nicht recht, wenn du hier unangekündigt hereinstürmst.“
Nach ihrem erotischen Ausflug in die eigene Vorstellungskraft hatte Joey beschlossen, diesen Gefühlen frontal und bewusst zu begegnen. Sie musste sich Gideon sooft es ging stellen, dann würde er bestimmt schnell wieder aus ihrem Unterbewusstsein verschwinden.
Aber wie er da so hinter Lucans Schreibtisch saß, nur in seinem weißen gestärkten Hemd – das selbstverständlich bis oben hin zugeknöpft war –, durch das sich jedoch seine breite muskulöse Brust abzeichnete …
Joey war sich nicht sicher, ob es ihr wirklich gelang, sich Gideon wieder aus dem Kopf zu schlagen.
Joey, reiß dich zusammen! befahl sie sich streng. Dann male ich mir eben aus, mit einem bestimmten Mann einen sinnlichen Flirt zu erleben. Schließlich sieht er extrem gut aus und hat viel Charisma, da darf man doch ein wenig schwärmen?
Außerdem war er gerade mit einer anderen Frau beim Mittagessen gewesen. Und diese Dame hatte sicher nichts dagegen, mit ihm in der realen Welt intim zu werden.
„Übrigens, meine Mutter lässt dich grüßen.“
Joey horchte auf. „Deine Mutter …?“, echote sie überrascht.
Sein verstecktes Grinsen ließ vermuten, dass er sie durchschaute. „Ich habe mit ihr einen vorzüglichen Lunch eingenommen, und jetzt sitzt sie bereits wieder im Zug nach Edinburgh.“
Die wunderschöne, ausgesprochen liebenswürdige Molly St. Claire. Die verwitwete Duchess von Stourbridge. Mit ihr hatte er also seine Mittagspause verbracht …
War das etwa Erleichterung, die Joey durchflutete? Sie fühlte sich plötzlich federleicht und so kraftvoll, als könnte sie mit bloßen Händen Bäume ausreißen. Es war einfach lächerlich. Vor allem wusste sie doch, dass sie selbst die letzte Frau wäre, zu der sich Gideon hingezogen fühlen könnte.
Finde ich ihn wirklich so toll? fragte Joey sich kritisch.
Nun, sie war zwar eine Vollblutfrau mit Gefühlen und Sehnsüchten, aber sie war ganz sicher nicht dumm. Sich für einen Kerl zu interessieren, der dieses Interesse nicht erwiderte und seine Gefühle ausschließlich der engsten Familie vorbehielt, wäre völliger Blödsinn.
Äußerlich gab Joey sich grundsätzlich überlegen und kultiviert, doch unter ihrer harten Schale verbarg sich ein sehr weicher Kern – sie war hochgradig gefühlvoll und verletzlich. Und sie würde Gideon St. Claire bestimmt nicht erlauben, ihr mit seiner distanzierten Arroganz das Herz zu brechen.
„Was für ein vorbildlicher Sohn du bist“, bemerkte Joey knapp.
„Falls es dir entgangen sein sollte, die Hochzeit am Samstag war für meine Mutter nicht ganz einfach zu bewältigen.“
Sofort überfiel sie ein schlechtes Gewissen, weil sie eigentlich darüber Bescheid wissen sollte, warum diese Feier neben aller Freude für ihren Sohn auch
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