Rotes Haar - Herz in Gefahr!
zu. „Genau wie damals, als du dich in den Fall meiner Schwester eingemischt hast.“
„Dafür schulde ich dir noch eine Erklärung und vor allen Dingen eine ausdrückliche Entschuldigung.“
Seine überraschende Einsicht irritierte sie mehr als alles andere, was sie heute über Gideon St. Claire gelernt hatte. Nach dem selbstherrlichen Alleingang von vor zwei Monaten stand ihre Meinung fest und sorgte für ihr angespanntes Verhältnis zu ihm. Wenn er sich jetzt entschuldigte, blieb Joey kein vernünftiges Argument, sich gegen ihr wachsendes Interesse an seiner Person zu wehren. In dem Fall könnten die nächsten Wochen ziemlich schwierig werden …
„Joey?“
Sie riss die Augen weit auf und konzentrierte sich auf eine möglichst neutrale Antwort. „Du hattest bestimmt gute Gründe für dein Verhalten.“
Er nickte. „Ich mochte Stephanie von Anfang an. Und dann bat Jordan mich, ihr so schnell wie möglich zu helfen. Aber mir ist inzwischen bewusst, dass ich auf deine Gefühle keine Rücksicht genommen habe, bevor ich in Aktion getreten bin.“ Er räusperte sich mehrmals und ärgerte sich darüber, wie steif und unbeholfen er klang.
So gut ihr auch gefiel, wie bereitwillig er ihrer geliebten Schwester beigestanden hatte, seine Reue war im Augenblick zu viel für Joey. Es war ohnehin schon ein höchst anstrengender Tag gewesen, nicht zuletzt in emotionaler Hinsicht. Immerhin hatte Gideon es innerhalb weniger Stunden geschafft, die Mauer einzureißen, die sie mühsam aufgebaut hatte, um ihr Gefühlsleben zu schützen und beruflich zu überleben.
„Du hast da was am Mund …“, murmelte sie tonlos und hob einen Finger.
„Wo?“ Hastig wischte er sich über das Kinn.
„Falsche Seite.“
Unversehens blitzte es in seinen dunklen Augen auf. „Willst du mir nicht helfen?“
Alles in ihr sträubte sich, ihm so nahe zu kommen.
Nicht hier und nicht heute. Überhaupt nie!
„Moment, ich habe ein Tempotuch bei mir.“ Wie konnte ich nur von diesem verflixten Fleck angefangen? „Hier.“
„Es wäre sicher einfacher, wenn du das machst.“
Niemals!
„Du bist doch ein großer Junge, Gideon“, konterte sie scherzhaft und sah nervös zur Seite. „Du kannst das allein. Nimm einfach den Seitenspiegel an meinem Wagen zu Hilfe.“
Gehorsam griff er nach dem Tuch, aber in der Reflexion des Spiegels fiel ihm auf, wie nachdenklich Joey ihn beobachtete. Sie weigerte sich rundheraus, mit ihm über den Fall ihrer Schwester zu sprechen, und seine Erklärung hatte sie sich auch nicht anhören wollen. Äußerst merkwürdig.
Es sah weiterhin nicht so aus, als würden die nächsten vier Wochen besonders angenehm verlaufen …
Grimmig knüllte er das Papiertuch in seinen Händen zusammen. „Hör mal, Joey, wir hatten einen etwas schlechten Start miteinander.“
„Schon vor Monaten.“
Gideon zwang sich zur Ruhe. „Ich wollte dir nur sagen, wie leid mir das Ganze tut. Warum gehen wir nicht irgendwo ein Glas Wein trinken und reden in Ruhe darüber?“
Auch wenn sein Friedensangebot aufrichtig gemeint war, hatte er Verständnis für ihre abwehrende Haltung ihm gegenüber. An ihrer Stelle würde es ihm sicher genauso gehen.
Etwas hat sich zwischen uns verändert, stellte Joey für sich fest.
Seit heute sahen sie einander mit anderen Augen. Nicht länger als bloße Kontrahenten, sondern als Gleichgesinnte mit ähnlichen Gefühlen und Gedanken. Aber es war ein gefährliches Terrain, auf das sie sich begaben – zumindest empfand sie es so. Während sie sich nämlich ernsthaft zu Gideon hingezogen fühlte, könnte seine Freundlichkeit auch lediglich von Mitgefühl zeugen, weil sie sich von ihrer Zwillingsschwester trennen musste.
„Ich habe genügend Freunde, mit denen ich nach Feierabend ein Glas Wein trinken kann, Gideon“, wehrte sie ab. „Aber danke trotzdem.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Um ehrlich zu sein, bin ich heute schon verabredet. Und ich muss mich beeilen, wenn ich noch pünktlich kommen will.“
Gideon richtete sich kerzengerade auf. „Zu Jason Pickard?“
„Richtig. Was dagegen?“
„Nicht im Geringsten“, beeilte er sich zu sagen. Ihm war es bereits unangenehm, dass er sie überhaupt eingeladen hatte. „Ich hoffe, ihr zwei habt einen schönen Abend.“
„Oh, den werden wir ganz sicher haben“, gab sie strahlend zurück. „Mit Jason habe ich immer großen Spaß.“
Wenn er nicht gerade beleidigt und zu Tode betrübt ist, weil er und Trevor wieder mal Streit miteinander haben!
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