Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
sagte Ringmar.

    Ringmar durfte selbst entscheiden und wählte nach Winters diskretem Zureden einen fünfzehn Jahre alten Glenfarclas.
    »Der Fünfzehnjährige ist richtig gut«, sagte Winter. »Kräftig und gut. Besser ausbalanciert als der Einundzwanzigjährige, finde ich.«
    »Was für ein Glück, dass du den auf Lager hast«, sagte Ringmar, »also den Fünfzehnjährigen.«
    »Die anderen Jahrgänge hätten dir auch geschmeckt«, sagte Winter. »Ich hab auch noch einen Fünfundzwanzigjährigen.«
    »Fast doppelt so alt.«
    »Nicht das Alter ist entscheidend«, sagte Winter.
    Ringmar hielt die robuste Flasche hoch. Auf dem Etikett war ein Turm abgebildet, Scheunendächer, Felder, Himmel und im Hintergrund sanft ansteigende Hügel.
    »Hast du sie an diesem Ort gekauft?«
    »Natürlich.«
    »Natürlich? Mensch, Erik.«
    »Das ist eine sehr nette Destille, groß und modern. Ein Familienunternehmen. Gehört zu keinem Konzern. Speyside natürlich. Das Hochland. Liegt in der Nähe von einem kleinen Dorf, das Marypark heißt, wenn ich mich recht erinnere. Auch das nett.«
    »Am Jaegerdorffsplatsen gibt es einen sehr netten staatlichen Schnapsladen.«
    »Findest du?«
    »Eigentlich nicht. Aber man braucht nicht unbedingt nach Schottland zu fahren.«
    »Das ist keine Strafe, Bertil. Und Jaegerdorff hat keinen Glenfarclas.«
    »Darf man mal probieren?«, fragte Ringmar. »Oder muss man ein besonderes Gefühl abwarten?«
    Angela begann zu lachen. Sie beugte sich vor und tätschelte Ringmar die Wange. Sie saßen am Küchentisch. Unten ging jemand mit energischen Schritten über den Hof. Das Echo schraubte sich zwischen den Hauswänden hinauf, an ihnen vorbei und stieg weiter in den Himmel. Der würde heute Nacht nicht schwarz werden. In zwei Tagen war Mittsommer. Dann würde von Norden langsam wieder die Dunkelheit heran kriechen. In einem halben Jahr war Weihnachten. Aber dann wurde es bald heller. Und so weiter und so weiter. Auf diese Weise verging ein Jahr sehr schnell.
    »Vielleicht sollte man das Gesöff nur einatmen«, sagte Ringmar.
    »Nimm einen Schluck, Bertil«, ermunterte Angela ihn.
    Ringmar hob sein Glas, Winter hob sein Glas und Angela hob ihr Weinglas. Sie tranken.
    Ringmar zog ein Gesicht wie ein Tester.
    »Mhhmm«, sagte er und stellte das Glas ab, das dünn war und an einen hohen schmalen Cognacschwenker erinnerte. »Ziemlich … kräftig.« Er hielt es wieder hoch und schwenkte es vorsichtig, um die Aromen freizusetzen.
    »Auch ziemlich sämig.«
    Winter lächelte. »Erkennst du irgendeinen Geschmack?«
    »Rauch«, sagte Ringmar. »Aber nicht viel.«
    »Gut.«
    »Fast ein wenig süß … nicht direkt süß, aber irgendwie … ich weiß nicht.«
    »Das kommt von den Sherryfässern«, sagte Winter.
    »Natürlich«, sagte Ringmar.
    Angela lachte wieder.
    »Du scheinst Humor zu haben«, sagte Ringmar.
    »Wenn man sich in netter Gesellschaft befindet«, sagte sie.
    »Besten Dank.«
    »In deiner und in Eriks.« Sie warf ihm einen Blick zu.
    Sie nahm wieder einen Schluck von ihrem Wein. Er war rot, ein Cahors, der in der hellen Nacht schwarz wirkte. Er war in fast jedem Licht schwarz.
    »Ihr ermittelt wegen schrecklicher Verbrechen«, sagte sie nach einem kurzen Schweigen.
    »Im Augenblick haben wir nicht das Bedürfnis, darüber zu reden«, sagte Winter.
    »Ich aber«, sagte Angela.
    »Wir suchen ihn überall«, sagte Ringmar. »Das ist im Moment vielleicht das Wichtigste.«
    »Was könnte passiert sein?«, fragte sie.
    »Wie meinst du das?«
    »Mit ihm? Was kann Hussein … so hieß er doch? … zugestoßen sein?«
    »Alles Mögliche«, sagte Ringmar.
    »Hat er keine Familie? Ich meine, in der Stadt?«
    »Das wissen wir noch nicht.«
    »Woher stammt er? Oder ist er hier geboren?«
    »Nein, vermutlich nicht.«
    »Ist er ein Flüchtling?«
    »Wahrscheinlich. Das überprüfen wir gerade.«
    Angela sah Winter an. Er hielt sein Glas in der Hand, ohne zu trinken. Sein Blick war abwesend, irgendwo in der Nacht. Dann kehrte er zurück.
    »In diesen Fall sind viele Personen verwickelt.« Er stellte das Glas ab. »Viel zu viele.«
    »Wie meinst du das, Erik?«
    »Es gibt so viele Hypothesen.« Er sah Ringmar an. »Das findest du auch.«
    »Aber das ist doch gut, oder?«, sagte Angela.
    »Da bin ich nicht so sicher.«
    »Wie dieser Dolmetscher«, sagte Ringmar.
    »Was ist mit dem Dolmetscher?«, fragte Angela.
    »Wir werden nicht richtig schlau aus ihm. Oder wie man das ausdrücken soll.«
    »Ist das ungewöhnlich?

Weitere Kostenlose Bücher