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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Die Zimmer – wie das, in dem er gerade stand – weiteten sich.
    Aus der Küche hörte Winter das kühle Brummen des Kühlschranks. Alles war wie immer, alles funktionierte.
    Sein Handy klingelte. Auch dieses Geräusch klang hier drinnen irgendwie größer als anderswo.
    »Erik Winter.«
    »Ja, hallo. Hier ist Lars Palm, Chef der Wohnungsverwaltung Hjällbo. Sie haben nach mir gefragt.«
    »Gut, dass Sie anrufen.«
    Winter erklärte sein Anliegen. Während er redete, sah er den Jungen auf dem Fahrrad, seinen Rücken. So, wie er immer verschwand.
    »Wir haben hier 2 200 Wohnungen«, sagte Palm.
    »Mhm.«
    »Wenn da jemand eine bestimmte Person finden kann, dann ist es unser Putzpersonal«, sagte Palm.
    »Putzpersonal?«
    »Unsere Putzfrauen wissen hier alles über alle«, fuhr Palm fort. »Viele sind schon von Anfang an dabei, seit es das Viertel gibt.«
    »Hochinteressant.«
    »Sie sind der Boden, auf dem wir hier oben stehen, könnte man sagen. Diese Frauen halten alles zusammen.« Winter meinte Palm lachen zu hören. »Sie dämpfen die Gefühle. Halten Ordnung. Und sie wissen, wie gesagt, alles über alle. Wer wo wohnt. Wie sie aussehen. Und warum jemand sein Auto plötzlich woanders abstellt. Falls der Betreffende ein Auto hat. Sie wissen, warum jemand plötzlich anfängt, einen anderen zu besuchen.«
    »Gut.«
    »Finnen, soweit sie noch da sind. Es gibt nicht mehr viele Finnen in diesen Stadtteilen.«
    Finnen. Winter war gerade an einem Haus vorbeigegangen, in dem Finnen wohnten. Akaciagården 18 . Nur finnische Namen auf den Schildern.
    »Finnen und Schweden«, fuhr Palm fort. »Veteranen.«
    »Gut«, wiederholte Winter.
    »Ich kann mich umhören.«
    »Dafür wäre ich Ihnen dankbar. Lassen Sie bitte so schnell wie möglich von sich hören. Das kleinste Detail kann wichtig sein.«
    »Ein Junge also, der allein auf einem Fahrrad herumfährt?« Winter hatte das Aussehen und ungefähre Alter beschrieben.
    »Er scheint mehr oder weniger mit diesem Fahrrad zusammengewachsen zu sein. Und er hatte einen Tennisball, jedenfalls das erste Mal, als ich ihn sah.«
    »Könnte er in Gefahr sein?«
    »Ich weiß nicht, möglich ist es.«
    »Er könnte zu Hause erzählt haben … was er gesehen oder gehört hat.«
    »Schon möglich«, sagte Winter.
    »Wenn das so ist, ist die Familie längst weg.«
    »So überstürzt?«, fragte Winter.
    »Wenn der Junge in Gefahr ist, sind alle in Gefahr. Falls er zu Hause was erzählt hat, besteht das Risiko, dass sie sofort abgehauen sind.«
    »Sie können es ja überprüfen.«
    »Ob jemand in den letzten Tagen ausgezogen ist? Klar.«
    »Damit sollten wir vielleicht anfangen«, sagte Winter, »und mit den Finnen weitermachen.«
    »Ich melde mich«, sagte Palm.
    Auf einem schweren Schrank stand in einem Meter Höhe ein gerahmtes Foto von Jimmy. Während er mit Palm telefonierte, hatte Winter sich davor gestellt. Der Rahmen war vergoldet. Auch in Jimmys Lächeln war Gold.
    Dieses Lächeln wurde auf Bestellung allen Studiofotografen der Welt geliefert. Was bedeutete es? Warum war es da? Wer brauchte es?
    Winter beugte sich vor. Jimmys Blick war auf etwas hinter Winter gerichtet. Er drehte sich um. Dort gab es nur ein Fenster in einer nackten Wand. Winter sah die Straße unten, einen Parkplatz, Gebäude. Er trat ans Fenster. Ein Mann überquerte den offenen Platz. Winter erkannte ihn.

    Mozaffar Kerim schaute von seiner Tasse Kaffee auf.
    »Darf ich mich setzen?«
    Der Dolmetscher zeigte auf den leeren Stuhl gegenüber. Aber jetzt war er kein Dolmetscher, nur ein einsamer Mann vor einer leeren Tasse in einer leeren kleinen Spelunke auf dem Kaneltorget.
    Winter setzte sich.
    Eine Frau kam an den Tisch.
    »Eine Tasse Kaffee bitte.«
    »Nichts dazu?«, fragte sie.
    Winter warf einen Blick auf den leeren Teller neben Kerims Tasse.
    »Ich nehm das gleiche wie er.«
    »Einen Zimtwecken«, sagte die Frau.
    »Die Spezialität des Cafés«, sagte Mozaffar Kerim. »Die haben sie vom Limonell übernommen.« Er wies mit dem Kopf zur Tür. »Dem Lokal Limonell nebenan. Mein früheres Lieblingslokal.« Er lächelte andeutungsweise. »Sie haben sich zusammengetan.«
    »In Hjällbo gibt es auch ein Limonell«, sagte Winter.
    »Früher gab es zwei«, sagte Kerim. »Aber es rentierte sich offenbar nicht.«
    »Zimtwecken und Pizza«, sagte Winter. »Warum nicht?«
    Sie saßen in der Pizzeria Souverän.
    Die Frau war weggegangen, auch sie lächelte andeutungsweise. Aus Kerims Gesicht war das Lächeln

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