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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Sie?«
    »Ja.«
    »Ich … glaub schon. Ich hab ihn ja nur selten gesehen, und da war er allein.«
    »Haben Sie miteinander gesprochen?«
    »Nie.«

    Shirin Waberi behauptete, sie sei siebzehn, Winter konnte nicht beurteilen, ob es stimmte. Sie sah aus wie vierzehn, fünfzehn. Aber im Augenblick fragte er sie nicht nach ihrem Alter.
    Shirin war eine Freundin von Nasrin Aziz. Sie gingen in dieselbe Klasse, das Alter konnte also stimmen.
    Sie hatte Hiwa gekannt.
    Und seinen Freund Alan Darwish.
    »Alan und Hiwa haben aufgehört, sich zu treffen«, sagte sie leise. Winter hatte sie danach gefragt.
    Sie saßen auf einer Bank vor der Kirche von Hjällbo, im Schatten unter einem großen Baum, dessen Namen Winter nicht kannte.
    »Warum?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht, das sag ich doch.«
    »Haben Sie Nasrin gefragt?«
    »Nein.«
    »Haben Sie mit ihr über irgendwas anderes geredet?«
    »Was denn?«
    »Irgendwas.«
    »Ich hab sie nicht getroffen, seit … seit das passiert ist.«
    Shirin strich sich die Haare, die in der Sonne glänzten, von der Wange.
    »Wann haben Sie sich das letzte Mal getroffen?«
    »Beim … Schulabschluss vor den Sommerferien.«
    »Was ist passiert?«
    Sie sah ihn zum ersten Mal an. Seit dem Schulabschluss. Winter glaubte ihr nicht. Er wusste nicht, warum er ihr nicht glaubte. Vielleicht, weil sie ihn anschaute, während sie das sagte.
    »Wie meinen Sie das? Es ist nichts passiert.«
    »Sind Sie nicht Freundinnen, die sich jeden Tag treffen?«
    Sie antwortete nicht.
    »Waren Alan und Hiwa Freunde, die sich jeden Tag trafen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Hat keiner von den beiden erzählt, warum sie sich nicht mehr getroffen haben?«
    »Nie.«

    Nie war ein starkes Wort. Winter stand mitten in Jimmy Foros Wohnung. Nie wie niemals mehr. Draußen schrie ein Seevogel. Das war ein ewiger Laut, der niemals aufhören würde, solange die Erde sich drehte. Alles kann geschehen, solange die Erde sich dreht.
    Wie weit hatten Jimmy und seine Kumpel es gebracht mit einer eventuellen Amateurtätigkeit? Die es allerdings nicht wert gewesen war, dafür zu sterben. Nichts war es wert, dafür zu sterben, gewisse Dinge waren es noch weniger wert als andere. Auf einer Kommode an der hinteren Wand stand eine blaugelbe schwedische Fahne. War sie es wert, für sie zu sterben? Oder für andere Farben? Für sein Land zu sterben? Was ist ein Land? Wem gehörte ein Land? Was war ein Volk? Das schwedische Volk? Was war das? Der Tod im Norden hatte nichts mit Farben zu tun gehabt. Es ging um Geld, und Geld war farblos, und wer für Geld tötete, war farbenblind. Ihm mangelte es an Gefühl. Das war die Voraussetzung. Habe ich Recht? Rache ist das Territorium der Gefühle. Vergeltung. Kann Rache gefühllos ausgeübt werden? Vielleicht. Wie ein höheres Gesetz. Wer schafft das? Ist es der Tod selber? Er lauschte nach etwas in Foros Wohnung, hörte aber nichts. Alle Geräusche hatten diesen Ort verlassen. Er musste woanders suchen.
    Sein Handy klingelte.
    Er hörte Ringmar niesen, bevor er etwas sagte.
    »Gesundheit«, sagte Winter.
    »Danke, mein Freund. Wo bist du?«
    »In Foros Wohnung.«
    »Neue Erkenntnisse?«
    »Die Wohnung ist genauso tot wie ihr ehemaliger Bewohner.«
    »Torsten hat nichts Neues gefunden.«
    »Ich hab auch nichts erwartet.«
    »Vielleicht haben wir eine Spur von Hussein Hussein.«
    »Lass hören.«
    »Aber vielleicht nennt er sich Ibrahim.«
    »Klar.«
    »Oder Hassan.«
    »Im Augenblick ist mir das scheißegal, und wenn er sich Jokkmokks-Jokke nennt, Bertil. Erzähl, was du weißt.«
    »Die Info stammt von Bror Malmers Informant. Du kennst ihn doch, den alten Haudegen in Angered. Er hat etwas aufgeschnappt, das interessant für uns sein könnte, meint er.«
    »Warum meint er das?«
    »Äh … das weiß ich nicht. Das musst du mit Bror besprechen.«
    »Okay, okay, was sagt der Informant?«
    »Ein Mann, der sich Ibrahim, Hassan oder möglicherweise Hussein nennt, hält sich in der Gegend versteckt und …«
    »Es könnten zwei verschiedene Personen sein«, unterbrach Winter ihn, »oder drei.«
    »Ja … aber der springende Punkt ist der, dass der Junge rumläuft, derselbe Junge, und sich verschiedenen Leuten mit verschiedenen Namen vorstellt.«
    »Er läuft also herum? Ich dachte, er hält sich versteckt.«
    »Sagen wir, er scheint sich versteckt zu halten, okay? Sprich mit Bror, der muss dann mit dem Jungen sprechen. Wir sollten es auf alle Fälle

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