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Rotes Meer

Rotes Meer

Titel: Rotes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Gang, aber da ist ja eigentlich kein Dolmetscher nötig.«
    »Die Jungs können Schwedisch?«
    »Wenn sie wollen ja.«
    »Die Sprache klingt manchmal richtig hybrid«, sagte Winter.
    »Sie ist ja auch ein Zwitter, zusammengestückelt aus allem, was irgendwie anwendbar ist«, sagte Kerim und lächelte andeutungsweise.
    »Waren Sie mal im Polizeipräsidium? In der Skånegatan?«
    »Nein.«
    »Noch nie?«
    »Nein. Sie können ja nachfragen. Sie arbeiten doch selber dort.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte Winter. »Es wäre ja auch dumm, in so einer Sache zu lügen.«
    »Warum sagen Sie das? Lügen? Warum benutzen Sie dieses Wort?«
    »Ist Ihnen etwas über Prostitution in dieser Gegend bekannt?«
    Das war vermutlich eine überraschende Frage. Kerim zuckte zusammen. Es konnte aber auch Einbildung gewesen sein. Jedenfalls war er nicht vorbereitet, was aber nichts zu bedeuten brauchte.
    »Ja … ich hab davon gehört. Aber die ist doch in der ganzen Stadt verbreitet. Weiter weiß ich nichts.«
    Winter nickte.
    »Warum fragen Sie?«
    »Oder sogar Menschenhandel?«, fuhr Winter fort. »Junge Mädchen werden zur Zwangsprostitution ins Land geschmuggelt.«
    »Davon hab ich noch nie was gehört.«
    Winter nickte wieder.
    »Warum fragen Sie mich?«
    »Wir fragen alle.«
    »Gibt es das denn?«
    »Ja, jedenfalls Prostitution. Uns fehlen die Beweise. Das nachzuweisen, fällt uns sehr schwer. Die Polizei arbeitet daran, aber bis jetzt haben wir noch nicht einen einzigen verdammten Zuhälter geschnappt.«
    »Dann gibt es sie vielleicht auch nicht.«
    »Es gibt sie. In verschiedenen Varianten. Wir kommen nur nicht an sie ran.«
    Kerim schaute aus dem Fenster. Winter folgte seinem Blick. Die Dame mit dem Hund war verschwunden. Nichts Lebendiges war zu sehen, abgesehen von einem Streifen Gras und den dünnen Bäumen, die aussahen, als würden sie im Sonnenschein frieren, als wären sie nackt. Winter wusste nicht, was für Bäume es waren, bei Bäumen kannte er sich nicht aus. Birken waren es nicht. Vielleicht Eschen?

    In Hjällbo spielten Kinder. Sie wussten wahrscheinlich nichts Genaues über den Mittsommertag. Winter ging die Sandspåret entlang und hielt Ausschau nach dem Jungen. An ihn hatte er in den letzten vierundzwanzig Stunden eher flüchtig gedacht. Aber der Junge war unverändert wichtig, vielleicht mehr denn je. Die »leichten Schritte« des Taxifahrers hatten ihn skeptisch werden lassen, aber Öbergs Leute hatten die Spuren in dem taufeuchten Gras gefunden. Es gab sie. Den Jungen gab es, oder vielleicht das Mädchen. Nein, ein Junge. Winter hatte ihn gesehen. Er war es gewesen. Vielleicht hatte der Junge gar nichts gesehen, aber Winter wollte ihn fragen. Hast du etwas gesehen? Was hast du gesehen? Wen hast du gesehen?
    Als der Taxifahrer Reinholz angekommen war, waren die Mörder weg gewesen, nur die Opfer hatte er vorgefunden. Ein Zeuge. Ahnungslos war er auf den Laden zugegangen. Jetzt war Winter auf dem Weg dorthin. Der Fuß- und Fahrradweg wirkte wie schwarze Lava im hellen Sonnenlicht. Inzwischen war es sehr warm, das Thermometer im Auto hatte siebenunddreißig Grad angezeigt, aber ganz so heiß war es wohl doch nicht, nicht so heiß wie der Körper eines lebendigen Menschen. Winter trug ein weißes Leinenhemd, eine blaue Lee-Jeans und weiche italienische Lederschuhe ohne Strümpfe. Durch die schwarze Sonnenbrille erschienen ihm alle Konturen schärfer, Schwarzes noch schwärzer.
    Reinholz hatte Zigaretten kaufen wollen. Die Marke, die er rauchte, gab es nicht in den Regalen des Ladens. Es war unmöglich herauszufinden, ob es sie sonst gegeben hatte, da Jimmy Zigaretten nicht auf legalem Weg eingekauft hatte, der Tabak, den er verkaufte, war geschmuggelt. Jimmy, oh, Jimmy. Die anderen Lebensmittel stammten von hier und von da, das war eine Kultur, die Jimmy mit anderen, größeren Läden der Umgebung teilte. ICA hatte keine große Chance. Der Umsatz von Waren war in diesen Läden auch größer als bei ICA . Die Leute in dieser Gegend kauften nicht nur eine jämmerliche Aubergine, eine halbe Gurke, fünfzig Gramm Oliven, hundert Gramm Schafskäse.
    Reinholz hatte Alarm geschlagen. Er hatte vor einem entsetzlichen Anblick gestanden, allein. Der Notruf war etwa Viertel nach drei eingegangen, vielleicht etwas später. Winter erinnerte sich nicht an den genauen Zeitpunkt. Vielleicht wäre es wichtig, er musste sich die Information beschaffen.
    Reinholz schlug Alarm. Er war allein. Er stand unter Schock, stand dort, an der

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