Rotglut - Kriminalroman
besorgen.
»Was hast du gesagt?«, fragte Rotenboom. »Du musst lauter sprechen, hier ist viel zu viel Lärm.« An einem lauen Sommerabend wie diesem platzte die Biergartenmeile Bremens am Ufer der Weser aus allen Nähten.
»Ich sagte, ich habe schon ein Flippersticket gekauft«, dröhnte Harry, und einige Leute drehten sich nach ihm um. Er erntete seltsame Blicke und spöttisches Grinsen und es war ihm sichtlich peinlich. Markus und Peter prosteten sich mit ihren Weizenbiergläsern zu und lachten sich kaputt.
»Du Idiot«, ging Harry ein Licht auf, »du hast genau verstanden, was ich gesagt hatte, du wolltest nur, dass ich mich lächerlich mache, wenn alle das hören können. Schönen Dank auch.«
»Ooh, ist unser Kleiner jetzt beleidigt? Das tut mir aber leid«, frotzelte Markus. »Komm schon, der Gag war es wert.« Harry brummte gutmütig und nahm einen großen Schluck Bier. »Heiner wollte doch auch schon da sein, wo steckt er bloß? Vielleicht kann der uns ja bei der Geschenkauswahl helfen. So gut kenne ich Christiane nun auch nicht.«
Peter leckte sich den Schaum von den Lippen und meinte: »Ich auch nicht. Was schenkt man denn zu so einem Anlass? Mit Parfum oder so braucht man da nicht anzukommen, das passt nicht.« Sie rätselten einige Zeit und verwarfen ihre Vorschläge, bis schließlich Markus die zündende Idee hatte.
»Wie wär’s mit einem antiquarischen Schinken über Bismarck? Darüber hat sie doch promoviert oder nicht?«
»Stimmt genau. Super Idee, Markus«, sagte Hölzle, der gerade hinzugekommen war und die letzten Sätze gehört hatte. »In der Nähe vom Dobben gibt es ein Antiquariat, da könntet ihr mal anfragen, was sie zu diesem Thema haben oder besorgen können.« Er griff nach Harrys Glas, grinste diesen an und leerte es in einem Zug.
»Danke, das tat gut.«
Harry wollte schon lospoltern, als ihm Hölzle schon einen Zwanzigeuroschein in die Hand drückte und mit unschuldiger Miene sagte: »Die Runde geht auf mich. Harry, wärst du so nett und holst jedem noch ein Weizenbier?«
Harry nickte ergeben und trottete zu der großen Rundtheke mit ihrem grünen Schirm. »Und bring noch ein paar Brezeln mit!«, rief Hölzle ihm hinterher und wandte sich dann an Dahnken.
»Peter, hast du dein Handy ausgeschaltet? Ich hatte dich vorhin noch angerufen, um Bescheid zu sagen, dass ich etwas später komme.«
Peter Dahnken kramte sein Mobiltelefon hervor und schaltete es ein. »Ja, ich hab’s ausgemacht, irgendwann will man ja mal seine Ruhe haben.« Es piepste zweimal. Zwei Anrufe in Abwesenheit. Einmal von Heiner und ein Anruf von einer Nummer, die ihm nichts sagte. Peter ließ eine Verbindung zu der unbekannten Nummer herstellen.
»Ja«, meldete sich eine Frauenstimme am anderen Ende.
»Ähm, hallo, hier ist Peter Dahnken, Sie hatten versucht, mich zu erreichen. Mit wem spreche ich denn bitte?«
»Ah, gut, dass Sie sich melden. Hier spricht Saskia Uhlenbruck. Es wäre schön, wenn wir uns treffen könnten.«
Peter räusperte sich. Wollte die was von ihm? »Um was handelt es sich denn, Frau Uhlenbruck?« Er warf einen fragenden Blick in die Männerrunde.
»Meine Mutter hat mir den Abschiedsbrief meines Vaters gegeben, und ich kann mir keinen Reim darauf machen, habe aber das Gefühl, es könnte wichtig sein, was darin steht.«
Peter nickte Harry dankend zu, der ihm ein neues Glas Bier hinstellte und eine Brezel zuschob. »Hören Sie, Frau Uhlenbruck, am besten, Sie kommen morgen früh gleich gegen acht ins Präsidium und bringen den Brief mit. Dann sehen wir weiter.«
»Danke.« Saskia Uhlenbruck hatte aufgelegt.
»Was für ein Brief?«, wollte Hölzle wissen und brach ein Beinchen seiner Brezel ab.
»Stegmanns Tochter sagt, sie hätte von ihrer Mutter einen alten Brief ihres Vaters bekommen. Wohl eine Art Abschiedsbrief. Keine Ahnung, was drin steht.«
»Leute, können wir mal nicht über die Arbeit sprechen? Ich hab Feierabend«, mokierte sich Harry. »Wie sieht’s aus, Heiner? Sind irgendwelche hübschen Mädels zu eurer Party eingeladen, die ich noch nicht kenne?«
Heiner Hölzle grinste. »Christiane ist ganz wild darauf, dich mit ihrer Schwester zu verkuppeln«, verriet er.
Harry hob die Augenbrauen und lächelte. »Na ja, wenn sie so gut aussieht wie deine Freundin, hab ich nichts dagegen.«
»Lass dich überraschen, Harry«, war alles, was Hölzle dazu sagte, und er dachte an die Jesuslatschen, die langen, strähnigen Haare und die wallenden bunten Kleider, die Carola
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