Rotkäppchen auf Koks (Bronco Baxter - Gay Story 2) (German Edition)
Und ich freue mich auf unseren ersten gemeinsamen
Opernbesuch. Danach gehen wir dann noch zu dir. Ich hole dich um sieben Uhr ab«,
sagte er und zog davon. Ich zahlte die Rechnung und verließ ebenfalls das
Lokal.
Am Abend ging ich in
meinem besten Anzug vor die Haustür, wo Luigi bereits auf mich wartete. Wir
winkten ein Taxi herbei, nahmen auf dem Rücksitz Platz und gaben als Ziel das
Metropolitan Opera House an. Der schnauzbärtige Taxifahrer drehte sich zu uns
um. »Was wird heute gespielt, Mister«, erkundigte er sich. » Madame Butterfly «,
sagte Luigi. Der Taxifahrer schniefte. »Wie traurig, wie traurig.«
»Was ist daran traurig?«,
fragte ich Luigi. »Die ganze Geschichte«, sagte er. »Ich muss immer weinen.« Er
griff in die Innenseite seines Jackets und reichte mir ein blütenweißes
Taschentuch. »Was soll ich damit?«, fragte ich. Der Taxifahrer, der die Szene
im Rückspiegel beobachtet hatte, meldete sich zu Wort: »Das werden Sie im
zweiten Akt brauchen, Mister.«
Luigi lehnte sich auf
dem Rücksitz zurück und geriet ins Plaudern: »In der Hitparade tränenreicher
Opern steht Madame Butterfly auf Platz eins. Die Geschichte spielt vor
vielen Jahren in Japan. Ein amerikanischer Leutnant heiratet eine Geisha. Sie
hält das für die große Liebe, aber es ist ein Betrug.«
Luigi wusste, wovon er
sprach.
»Und dann, Bronco, geht
er zurück nach Amerika, und Butterfly bleibt alleine und verzweifelt zurück.«
Der Taxifahrer bog in die vierte Avenue ein und erzählte die rührende
Geschichte weiter: »Butterfly bekommt von ihm ein Kind und wartet drei Jahre
auf seine Rückkehr.«
»Und kommt er zurück?«,
wollte ich wissen. Luigi nickte. »Ja, er kommt zurück, aber mit seiner
amerikanischen Frau. Und er nimmt der unglücklichen Butterfly das Kind weg.«
»Und sie bringt sich aus
Kummer um«, beendete der Taxifahrer die Inhaltsangabe und hielt vor der Oper.
Ich zahlte und gab ihm ein großzügiges Trinkgeld.
Wir betraten das
Metropolitan Opera House und gaben die Mäntel an der Garderobe ab. Als wir im
Foyer einen Whisky tranken, steuerte Miss Otis auf uns zu, Phils Nachbarin, die
ich vor einiger Zeit in einer Musicalaufführung kennengelernt hatte. Ich
begrüßte sie herzlich und stellte ihr Luigi vor, der ihr galant die Hand
küsste. »Ich habe ein Abonnement«, verkündete Miss Otis. »Haben Sie Tosca gesehen, Mr. Baxter?«
»Leider nicht, ich bin
zum ersten Mal in der Oper«, gab ich zu.
»Dann entgeht Ihnen
einiges«, meinte Miss Otis. »Sie sollten öfter in die Oper gehen. Und vor allem
in so charmanter Begleitung.«
Luigi spreizte sich wie
ein Pfau und verwickelte Miss Otis in ein Gespräch, ob Elisabeth Rethberg oder
Rosa Ponselle die bessere Tosca gewesen sei. Ich entschuldigte mich und bot an,
einen Besetzungszettel zu besorgen.
Anschließend ging ich in
die luxuriös ausgestatteten Toilettenräume. An den Becken standen George und
sein Freund Jack. Ich stellte mich dazu. »Wie läuft’s?«, fragte George.
»Könnte nicht besser
sein«, sagte ich. »Mir geht’s gut.« Jack schaute zu mir herüber. »Wir hingegen
werden immer älter und faltiger«, klagte er. Wir knöpften unsere Hosen zu und
gingen zu den Handwaschbecken. Jack kämmte vorm Spiegel sein schütter
gewordenes Haar und wurde philosophisch. »Die fröhlichen Jugendjahre sind
vorbei«, sagte er. »Was wird uns bleiben, wenn wir alt und grau geworden sind?«
George ging zu ihm und zog
sich vor dem Spiegel die Fliege an seinem Smokinghemd zurecht. »Der
Rosenkavalier, mein Lieber«, flötete er. »Der Rosenkavalier.«
Ich verabschiedete mich
und ging zu Luigi zurück.
»Wo bleibst du, Bronco«,
rief er ungeduldig. »Gleich geht es los.«
»Wo ist Miss Otis?«
»Sie hat einen Platz in
der vordersten Reihe im ersten Rang.«
»Und wo sitzen wir?«
»Fast ganz vorne in der
zwölften Reihe.«
Wir gingen in den
Zuschauerraum und nahmen unsere Plätze ein. George und Jack saßen in der Reihe
vor uns, blätterten im Programmheft und diskutierten die Besetzung. Neben mir
saß eine Dame in einem Abendkleid aus rosafarbener Seide. Sie duftete nach
Chanel. An ihrem linken Arm trug sie ein glitzerndes Brillantarmband, in der
rechten Hand hielt sie ein Taschentuch. Ich blickte hoch und sah über mir im
ersten Rang Miss Otis, die sich von ihrem Platz in der ersten Reihe nach vorne
gebeugt hatte und mit ihrem Opernglas das Publikum beobachtete. Sie sah mich
und winkte mir zu. Ich grüßte zurück.
»Kennst du
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