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Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Meadowes«, rief sie, »nun habe ich Sie geschlagen. Ich bin vor Ihnen angekommen. Aber ein bisschen habe ich Ihnen zu essen übrig gelassen.« Und sie deutete kaum merklich auf den Platz neben sich.
    »Oh, sehr freundlich, aber… danke«, murmelte Tommy unbehaglich und nahm am anderen Ende des Tisches Platz.
    Betty Sprot sagte »Platsch!«, und spritzte ein bisschen Milch gegen Major Bletchley, der sie mit ziemlich albernem Entzücken ansah.
    »Wie geht es unserm Guggeli denn heute?«, fragte er zärtlich. »Guggeli!« Und er nahm seine Zeitung und fing an, ein Schiffchen daraus zu falten.
    Betty krähte vor Wonne.
    Tuppence war ganz gerührt. Da liegt ganz bestimmt ein Irrtum vor, dachte sie, es ist unmöglich, dass hier etwas Unrechtes vorgeht. Einfach unmöglich.
    Sans Souci als Hauptquartier der Fünften Kolonne – nein, nein. Unmöglich! Und wenn Mr Grant sich auf den Kopf stellte, sie glaubte es nicht.

3
     
    M iss Minton saß strickend auf der überdachten Veranda.
    Miss Minton war dürr und eckig. Sie trug einen himmelblauen Jumper und allerlei Ketten und Perlschnüre um den mageren, sehnigen Hals. Ihr wollener Rock hing ziemlich traurig runter. Sie begrüßte Tuppence lebhaft.
    »Guten Morgen, Mrs Blenkensop. Haben Sie gut geschlafen?«
    Mrs Blenkensop erwiderte, dass sie leider die ersten Nächte in einem fremden Bett nie sehr gut schlafe.
    »Ist das nicht merkwürdig?«, rief Miss Minton. »Genauso geht es mir!«
    »Ein merkwürdiger Zufall«, gab Mrs Blenkensop zu. »Oh, wie hübsch Ihr Strickmuster ist!«
    Miss Minton errötete vor Freude und entfaltete ihre Arbeit. Ja, wirklich, es war ein ganz besonderes Muster, und doch ganz einfach zu machen. Sollte sie es Mrs Blenkensop wohl zeigen? Sehr freundlich, aber Mrs Blenkensop war ungeschickt, sie konnte nie nach einem Modell stricken. Allenfalls brachte sie Kappen fertig, aber jetzt hatte sie sicher schon etwas falsch gemacht. Nicht wahr, es sah nicht richtig aus?
    Miss Minton betrachtete das Khaki-Strickwerk mit geübtem Auge und erkannte sofort, wo der Fehler steckte. Tuppence legte die verunglückte Kappe voll Dankbarkeit und Vertrauen in ihre Hände. Miss Minton war entzückt und schwitzte geradezu Freundlichkeit und Beschützertum aus. Mühe? Aber nein, es machte ihr gar keine Mühe. Sie strickte doch schon so lange.
    »Vor diesem schrecklichen Krieg habe ich nie etwas gestrickt«, bekannte Tuppence. »Aber man muss doch einfach etwas tun, man fühlt sich sonst zu überflüssig.«
    »Ja, natürlich. Sie sagten gestern Abend, Sie hätten einen Sohn bei der Marine, nicht wahr?«
    »Ja, meinen Ältesten. Wirklich ein Prachtjunge. Das sollte ich als Mutter ja eigentlich nicht sagen. Dann habe ich noch einen Sohn bei der R.A.F. und Cyril, mein Jüngster, steht in Frankreich.«
    »Mein Gott, mein Gott, müssen Sie eine Angst ausstehen!«
    »Wir müssen uns alle zusammennehmen und tapfer sein«, sagte Tuppence mit ihrer natürlichen Stimme. »Vielleicht ist bald alles vorbei. Hoffen wir’s. Neulich hat mir jemand, der wirklich gut Bescheid weiß, gesagt, dass die Deutschen höchstens noch zwei Monate weitermachen können.«
    Miss Minton nickte so energisch Zustimmung, dass all ihr Kettenzeug klirrte und rasselte.
    »Ja, das wird schon so sein, und dann…«, sie senkte geheimnisvoll die Stimme, »habe ich auch gehört, dass Hitler krank sein soll, wissen Sie, so eine ganz schreckliche Krankheit. Bis zum August, hat man mir gesagt, wird er richtig tobsüchtig sein.«
    »Der Luftangriff auf England«, tröstete Tuppence, »ist sicher das Letzte, was die Deutschen aus sich herausholen können. Es soll ja schrecklich knapp bei ihnen zugehen. Die ganze Geschichte wird eines schönen Tages zusammenbrechen.«
    »Wie? Was?«
    Mr Cayley, der mit seiner Frau auf die Veranda getreten war, warf mit scharfer Stimme diese Fragen ein. Er setzte sich in seinem Lehnsessel zurecht, und seine Frau breitete ihm eine Decke über die Knie.
    »Was haben Sie da gesagt?«, wiederholte er.
    »Wir haben gesagt«, antwortete Miss Minton, »dass die ganze Sache bis zum Herbst wohl vorbei sein wird.«
    »Unsinn«, entgegnete Mr Cayley, »dieser Krieg wird mindestens sechs Jahre dauern.«
    »Um Gottes willen, Mr Cayley«, wehrte Tuppence ab, »glauben Sie das wirklich?«
    Mr Cayley blickte misstrauisch um sich.
    »Zieht es hier nicht?«, murmelte er. »Vielleicht rücke ich meinen Stuhl besser etwas mehr in die Ecke.«
    Mr Cayley wurde neu installiert. Seine schüchterne, ängstliche

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