Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rotkäppchen und der böse Wolf

Rotkäppchen und der böse Wolf

Titel: Rotkäppchen und der böse Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Frau, deren einziger Lebenszweck die Erfüllung von Mr Cayleys mannigfachen Wünschen zu sein schien, rückte ihm die Kissen und Decken zurecht und fragte von Zeit zu Zeit: »Ist es auch recht so, Alfred? Meinst du, dass es so geht? Brauchst du vielleicht die Sonnenbrille? Das Licht ist heute Morgen ziemlich grell.«
    »Nein, nein«, sagte Mr Cayley nervös, »mach kein solches Getue, Elizabeth. Hast du mein Halstuch? Nein, das seidene.
    Na, spielt keine Rolle. Lass nur, es geht schon mit diesem. Aber zu warm soll mein Hals ja auch nicht eingewickelt sein, und Wolle… bei dieser Sonne… also, vielleicht holst du mir doch das seidene Tuch.« Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem früheren Thema zu. »Ja«, meinte er, »sechs Jahre wird es wohl dauern.«
    Mit Befriedigung nahm er die Proteste der beiden Damen zur Kenntnis.
    »Meine sehr geehrten Damen«, fuhr er fort, »Sie hängen Wunschträumen nach. Ich aber kenne Deutschland, ich kenne es sogar sehr gut. Bevor ich mich zur Ruhe gesetzt habe, hat mein Beruf mich sehr oft nach Deutschland geführt. Ich war häufig in Berlin, Hamburg und München. Ich kenne das Land gründlich. Und ich kann Ihnen versichern, dass Deutschland den Krieg praktisch auf unbegrenzte Zeit weiterführen kann. Russland steht zu Deutschland, und…«
    Mr Cayley kam in Fahrt, er unterbrach sich nur für einen Augenblick, als seine Frau mit dem seidenen Tuch zurückkehrte und es ihm um den Hals wickelte.
    Mrs Sprot brachte Betty heraus und setzte sie mit ihrem Wollhund auf den Boden.
    »So, Betty«, sagte sie, »nun zieh Bonzo sein Jäckchen an; inzwischen macht Mummy sich auch fertig, und dann gehen wir alle spazieren.«
    Mr Cayleys Stimme leierte eintönig weiter; er führte niederdrückende Zahlen an. In seinen Monolog tönte Bettys frohes Gezwitscher; eifrig redete sie in ihrer Sprache auf Bonzo ein. »Ticktock, Bonzo«, sagte sie. Dann entdeckte sie dicht neben sich einen kleinen Vogel und streckte mit entzückten Rufen die Händchen nach ihm aus. Der Vogel flog fort, und Betty sah jede einzelne Person an und erklärte: »Piep fott«, wobei sie befriedigt nickte.
    »Wie das Kind schon reden kann, wunderbar«, flötete Miss Minton. »Bettychen, sag tata. Ta-ta.«
    Betty sah sie kühl an und sagte: »Gluck.«
    Dann zwängte sie Bonzos Vorderbeine in die Jacke, trippelte zu einem Stuhl, nahm das Kissen hoch und schob Bonzo darunter. Sie gluckste begeistert und sagte mit größter Anstrengung: »Gugguck. Bonzo fott.«
    »Sie spielt so gern Verstecken«, erläuterte Miss Minton mit dem Stolz eines Dolmetschers, »sie versteckt immer alles.«
    Dann rief sie mit gespieltem Erstaunen: »Wo ist denn Bonzo? Wo ist Bonzo wohl hingekommen? Wo kann er nur sein?«
    Betty rutschte auf dem Boden herum, außer sich vor Freude.
    Mr Cayley stellte zu seinem Missvergnügen fest, dass die allgemeine Aufmerksamkeit von seinen Ausführungen über deutsche Ersatz-Rohstoffe abgelenkt war. Er blickte gereizt auf und hüstelte verärgert.
    Mrs Sprot kam, zum Fortgehen angezogen, auf die Veranda und nahm Betty mit sich.
    Die Aufmerksamkeit wandte sich wieder Mr Cayley zu.
    »Bitte, Mr Cayley, was sagten Sie eben?«, fragte Tuppence.
    Aber Mr Cayley war beleidigt.
    »Diese Frau«, sagte er kühl, »hat die merkwürdige Angewohnheit, ihr Kind immer irgendwohin zu setzen und zu erwarten, dass andere Leute sich darum kümmern. Meine Liebe, gib mir bitte den wollenen Schal. Es wird kühl.«
    »Bitte, Mr Cayley«, flehte Miss Minton, »erzählen Sie doch weiter. Es war so interessant.«
    Halb besänftigt wiederholte Mr Cayley die Hauptpunkte seiner langen Rede und zog die Falten des wollenen Tuches fester um seinen dürren Hals.
    »Wie ich schon ausführte, hat Deutschland sein System der Herstellung von Ersatz so vervollkommnet…«
    Tuppence wandte sich Mrs Cayley zu.
    »Und was denken Sie über den Krieg?«, fragte sie.
    Mrs Cayley schrak zusammen.
    »Was ich darüber denke? Wie… wie meinen Sie das?«
    »Glauben Sie auch, dass er mindestens sechs Jahre dauern wird?«
    »Hoffentlich nicht«, erwiderte Mrs Cayley unsicher, »das wäre ja schrecklich lange, nicht?«
    »Ja, schrecklich lange. Halten Sie das für möglich?«
    Mrs Cayley wurde ganz aufgeregt.
    »Oh… oh, ich weiß doch nicht«, stammelte sie. »Alfred sagt ja, es wird so sein.«
    »Ja, aber was ist Ihre Meinung?«
    »Ich weiß wirklich nicht. Es ist schwer, da etwas zu sagen, nicht?«
    Tuppence hätte vor Verzweiflung heulen mögen. Diese zirpende Miss

Weitere Kostenlose Bücher