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Rotkäppchens Rache

Rotkäppchens Rache

Titel: Rotkäppchens Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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umschaute. Sie hatte versucht, nicht darüber nachzudenken, was sie bei ihrer Ankunft vorfinden mochte, doch jetzt, da sie hier war, waren ihre Hände feucht und ihr Herz schlug schmerzlich heftig. Sie schluckte und fragte: »Ist Schwester Faziya anwesend?«
    Die Schultern des Mädchens strafften sich. »Es tut mir leid. Faziya hat den Tempel vor über einem Monat verlassen.«
    Talia machte große Augen. Hätten Elfen Jahrasima dem Erdboden gleichgemacht, es hätte Talia nicht so hart getroffen. »Das verstehe ich nicht. Dies war ihr Zuhause!«
    »Du warst eine Freundin von ihr?« Das Mädchen sah sie schräg an. »Dein Akzent ist eigenartig. Wo kommst du her?«
    Vom Tempeleingang her sagte eine bejahrte Stimme: »Führe unsere Besucherin herein, Wijaq.«
    Talia straffte sich. Mutter Khardijas Stimme war genauso königlich und gebieterisch wie die einer echten Königin.
    Mit vor der Brust verschränkten Armen stand Mutter Khardija in dem breiten, rechteckigen Eingang zum eigentlichen Tempel. Sie schien sich nicht verändert zu haben und war immer noch in dieselbe verblasste Robe gekleidet, die Talia noch im Gedächtnis hatte und die inzwischen eher grau als schwarz war. Runzeln überzogen ihr altes Gesicht wie eine rissige Glasur, sodass der kleine, blaue Dorn, der auf ihre linke Wange tätowiert war, fast nicht zu sehen war. Zwei lackierte Holzstäbchen hielten ihr dünnes graues Haar in einem festen Knoten.
    »Sie scheint nicht krank zu sein, Mutter«, sagte Wijaq.
    »Sind alle Gebrechen deinem Auge sichtbar? Nach so kurzer Zeit in unserer Gesellschaft, kannst du da den Kranken mit einem einzigen Blick die Diagnose stellen?« Die krächzende Stimme klang eher belustigt als verstimmt, auch wenn Wijaq wahrscheinlich zu neu war, um den Unterschied zu erkennen. »Lasset den Tempel frohlocken, denn keine kam vorher je zu uns mit solch einer Gabe! Fortan soll dieser Ort als der Tempel der Wijaq bekannt sein!«
    Mit tiefrotem Gesicht verneigte sich Wijaq. Hinter ihr kicherten die zwei anderen Mädchen, doch ein funkelnder Blick Mutter Khardijas brachte sie abrupt zum Schweigen.
    »Vergib mir«, sagte Wijaq.
    »Keine Angst!«, flüsterte Talia ihr zu und versuchte sich das Lächeln zu verkneifen. »Mutter Khardija pflegte weit Schlimmeres zu mir zu sagen, als ich die schwarze Robe trug.«
    »Nicht dass du jemals zugehört hättest.« Khardija winkte Talia zu sich.
    Talia eilte den Pfad entlang. Sie hatte Mutter Khardijas außergewöhnliches Gehör vergessen. Die Frau konnte von der anderen Seite des Tempels aus einen Patienten husten - oder eine Tempeldienerin tratschen - hören.
    Khardija legte Talia die Hände auf die Schultern und zog sie näher. »Du hättest nicht herkommen sollen«, sagte sie milde, »Jahrasima ist kein sicherer Ort.«
    »Es war kein geplanter Besuch, Mutter Khardija.« Linkisch erwiderte Talia die Umarmung. »Das Mädchen draußen sagte mir, Faziya habe den Tempel verlassen. Das begreife ich nicht. Wieso -«
    »Arathea hat unlängst Sorgen gehabt.« Khardija küsste sie auf die Stirn und trat zurück. »Faziya … sie glaubte, sie könnte anderswo am besten dienen.«
    »Faziya war die hingebungsvollste Schwester, die mir je begegnet ist!«
    »Wir können später darüber sprechen. Du musst etwas essen und dich ausruhen.«
    »Danke«, sagte Talia. »Wir sind wieder fort, so schnell wir können. Meine Freundinnen -«
    »Unsinn! Du und deine Freundinnen werdet so lange hierbleiben, wie es nötig ist, und wir werden für eure Sicherheit sorgen, genau wie früher.« Khardija ging einen Schritt zurück und blickte sich um, um sicherzugehen, dass niemand in der Nähe war. »Ich wusste, dass du zu uns zurückkehren würdest, aber ich hatte mich gefragt, ob ich lange genug leben würde, um es noch zu sehen. Deine Zeit wird bald kommen, Prinzessin.«
    Talia sah sie verständnislos an. »Meine Zeit?«
    »Die Zeit, Königin Lakhim zu stürzen und den Thron deiner Familie zu fordern«, sagte Khardija. »Um deinen Platz als Regentin Aratheas einzunehmen.«

Kapitel 8
    Roudettes Knurren machte Schnee mit einem Schlag munter. Sie setzte sich zu schnell auf, stöhnte und fasste sich an den Kopf. Neben ihr griff Danielle nach dem Schwert.
    »Es ist bloß Talia«, sagte Schnee.
    »Woher weißt du das?«
    Schnee wandte das Gesicht der fernen Gestalt zu, die den See überquerte. Die Sonne war im Untergehen begriffen und Talia wenig mehr als ein Schatten. Schnee tippte ihr Halsband an. »Ich habe sie aus den Augen

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