Rotkäppchens Rache
zu drehen und unters Kopftuch zu stecken, sich glänzend schwarz färbten.
»Tragen hier alle diese Sachen?«, fragte Danielle.
»In der Stadt benutzen die meisten Leute die Sheffeyah als Kapuze, die das Gesicht frei lässt.« Talia zog das Kopftuch über Danielles Mund und Nase fest. »Die leidenschaftlicheren Anhänger Siqlahs bedecken auch ihre Gesichter, als Zeichen der Bescheidenheit vor Gott. In den alten Tagen wurden die Tücher dazu benutzt, den Sand aus Ohren, Mund und Nase fernzuhalten.«
»Es riecht nach altem Schweiß!«, beschwerte sich Schnee.
Talia riss ihr das Kopftuch aus den Händen und zog es stramm wie eine Garotte. »Entweder du wickelst das hier um deinen Hals oder ich es werde es tun!«
Schnee rümpfte die Nase und nahm das Kopftuch wieder an sich. Obwohl sie sich Mühe gab, musste Talia ihr zeigen, wie man die Enden richtig festzog. Auf die gleiche Weise bemutterte sie Danielle und wartete anschließend ungeduldig, bis Roudette sich ein übergroßes Hemd und einen ebensolchen Rock über ihren Umhang gezogen hatte.
Schnee legte den Kopf schief. »Du siehst … unförmig aus.« Bis auf das linke Auge, das unter einem gazeartigen Tuch hervorguckte, war Roudettes gesamter Kopf mit Lappen umhüllt. »Kannst du deinen ollen Umhang nicht in der Hand statt am Körper tragen?«
»Du kannst mir den Umhang abnehmen, wenn ich tot bin«, entgegnete die Attentäterin.
»Wir sollten uns auf den Weg machen«, sagte Danielle schnell, wahrscheinlich um Talia daran zu hindern, einen Kommentar abzugeben.
Frösche quakten, als sie sich dem See näherten. Schnee machte am Ufer Halt und ging in die Hocke, um die Tiere zu studieren. Die Frösche machten Jagd auf die Insekten, und die leuchtenden Jaan jagten jeden Frosch, der so dumm war, sich von den feuchten Steinen weg und ins tiefere Wasser zu wagen.
»Steh auf und hör auf zu glotzen!«, flüsterte Talia. »Du bist verletzt, schon vergessen?«
Schnee schenkte den Wachen wenig Beachtung und überließ es Talia, sich mit ihnen zu befassen. Inzwischen betrachtete sie unter den Augenlidern heraus forschend die Stadt und versuchte, die Verzauberungen, die darüber lagen, zu sehen. Sie hatte Elfstadt bei mehreren Gelegenheiten betreten, ebenso wie sie Zeit in Trittibars Wohnung im Palast verbracht und dabei Elfenmagie studiert hatte. Die Macht dieses Ortes war gedämpfter als in Elfstadt, aber die Magie war fast genauso stark. Das musste sie auch sein, um einen solchen See mitten in der Wüste zu unterhalten.
Als sie durch die Straßen der Stadt gingen, schaute Schnee sich um und versuchte den Ursprung dieser Macht zu orten. Wenn Jahrasima auf einem Elfenhügel erbaut gewesen wäre, wären jeder Elf und jede Elfe mit magischen Fähigkeiten in der Lage gewesen, diese Magie in Anspruch zu nehmen. Aber sie konnte keinerlei Quelle der Magie der Stadt wahrnehmen. Es gab keinen Zu- oder Abfluss, keinerlei Machtströmungen.
Es erinnerte sie an den Hexenring, den Charlottes Schemen erschaffen hatte. Die Abwehrzauber des Palastes hätten diesen Schemen von seiner Zauberkraft abschneiden müssen, dennoch hatte er den mächtigsten Elfenzauber gewirkt, dessen Zeugin Schnee je gewesen war, und das ohne offensichtliche Machtquelle. Es war, als setzten sowohl der Schemen wie auch Jahrasima eine völlig neue Art der Elfenmagie ein.
Sie musste mit Trittibar sprechen, oder noch besser, in seine Bibliothek einfallen. Auch wenn die meisten seiner Bücher so klein waren, dass sie für Puppen gemacht zu sein schienen, gab es ja Lupen, die sie benutzen konnte. Trittibars Sammlung enthielt die detailliertesten Beschreibungen alter Elfenmagie, die ihr je untergekommen waren, und reichten zurück bis in die Tage der Peri und der Deev.
Um ein Haar wäre Schnee in Danielle hineingelaufen, als sie schließlich den Tempel erreichten. Als sie sich erstaunt umschaute, während Talia sie ins Innere führte, sah sie mehrere Frauen in schwarzen Roben, die sich im Hof um Patienten kümmerten, Arzneien an sie verteilten und ihnen beruhigend zumurmelten.
Der Tempel selbst war aus Schlammziegeln und behauenen Steinen errichtet, ein Baustil, von dem Schnee schon gelesen, den sie jedoch noch nie gesehen hatte. Braune Steine formten im Abstand von ungefähr zehn Fuß quadratische Stützpfeiler, dazwischen bildeten dunklere Ziegelsteine Mauern.
Eine ältere Frau in verblasster Robe begrüßte sie im Tempeleingang und stellte sich als Mutter Khardija vor.
Danielle beugte sich zu Schnee. »Was
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