Rotkehlchen
schon früher aufgefallen war.
»Ja«, sagte der Prinz noch immer lächelnd. »Die Stunde der Abrechnung ist gekommen.«
Er zog einen Umschlag aus der Innentasche seiner Jacke und reichte ihn Sverre.
»Endlich«, erwiderte Sverre mit kurzem, nervösem Grinsen und schob seine Finger in den Umschlag. »Was ist das?«, fragte er und zog ein zusammengefaltetes DIN-A-4-Blatt heraus.
»Das ist eine Liste mit den acht Personen, die das Dezernat für Gewaltverbrechen bald besuchen wird. Sie werden sicher Blutproben nehmen und diese zur DNA-Analyse einschicken, um zu überprüfen, ob sie mit den Hautresten übereinstimmen, die sie an der Mütze gefunden haben, die in der Nähe des Tatorts lag.«
»Meine Mütze? Sie haben doch gesagt, Sie hätten sie in Ihrem Auto gefunden und dann verbrannt.«
Sverre starrte den Prinzen entsetzt an, der bedauernd den Kopf schüttelte.
»Ich bin wohl doch zum Tatort zurückgegangen. Dort stand ein junges entsetztes Pärchen und wartete auf die Polizei. Ich muss die Mütze nur wenige Meter neben der Leiche ›verloren‹ haben.« Sverre fuhr sich mit beiden Händen mehrmals über den Kopf. »Du siehst verwirrt aus, Olsen.«
Sverre nickte und versuchte zu lächeln, doch seine Mundwinkel wollten irgendwie nicht gehorchen.
»Möchtest du, dass ich es dir erkläre?«
Sverre nickte wieder.
»Wenn ein Polizeibeamter ermordet wird, hat die Sache erste Priorität, bis der Mörder gefunden ist – egal, wie lange es dauert. Das steht so in keiner Verordnung, aber es werden keine Fragen nach dem Aufwand gestellt, wenn das Opfer aus den eigenen Reihen ist. Das ist das Problem, wenn man Polizisten tötet – die Nachforschungen werden einfach nicht eingestellt, bis man …«
Er zeigte auf Sverre.
»… den Schuldigen hat. Es ist nur eine Frage der Zeit. Und so habe ich mir erlaubt, die Nachforschungen ein wenig zu beschleunigen, damit wir nicht so lange warten müssen.«
»Aber …«
»Wahrscheinlich fragst du dich jetzt, warum ich der Polizei geholfen habe, dich zu finden, wo es doch mehr als wahrscheinlichist, dass du mich verrätst, um deine eigene Strafe zu reduzieren.«
Sverre schluckte. Er versuchte nachzudenken, doch es verknotete sich alles in seinem Kopf.
»Ich begreife ja, dass diese Nuss schwer zu knacken ist«, sagte der Prinz und fuhr mit den Fingern über die Imitation des Eisernen Kreuzes, das an einer Kette an einem Nagel an der Wand hing. »Ich hätte dich natürlich direkt nach dem Mord erschießen können. Doch dann hätte die Polizei verstanden, dass es irgendwelche Hintermänner gibt, die ihre Spuren verwischen wollten, und die Suche fortgesetzt.«
Er nahm die Kette von der Wand und hängte sie sich um den Hals.
»Eine andere Alternative war es, die Sache schnell auf eigene Faust ›zu lösen‹, das heißt, dich bei der Festnahme zu erschießen und alles so zu arrangieren, dass es so aussieht, als hättest du Widerstand geleistet. Das Problem daran war, dass es verdächtig gut aussieht, wenn einer alleine einen solchen Fall löst. Jemand könnte beginnen, Fragen zu stellen, zumal ich derjenige war, der mit Ellen Gjelten zuletzt zusammen war.«
Er hielt inne und lachte.
»Mach nicht so ein ängstliches Gesicht, Olsen! Ich sage doch, dass ich diese Alternative verworfen habe. Ich habe mich im Hintergrund gehalten, mich aber ständig informiert und zugesehen, wie sie dich eingekreist haben. Es war die ganze Zeit über mein Plan einzuspringen, wenn sie dir nah genug gekommen wären, und den Staffelstab auf der letzten Etappe selbst zu übernehmen. Es war übrigens ein Alkoholiker, der jetzt beim PÜD arbeitet, der auf deine Spur gekommen ist.«
»Sind … sind Sie Polizist?«
»Steht mir das?« Der Prinz deutete auf das Eisenkreuz. »Scheiß drauf, ich bin ein Soldat wie du, Olsen. Ein Schiff muss dichte Schotten haben, sonst wird es beim geringsten Leck sinken. Du weißt, was es bedeuten würde, wenn ich dir jetzt meine Identität preisgeben würde!«
Sverres Mund und Hals waren so trocken geworden, dass er nicht mehr zu schlucken vermochte. Er hatte Angst. Todesangst.
»Das würde bedeuten, dass ich dich nicht lebendig aus diesem Zimmer spazieren lassen dürfte. Verstehst du?«
»Ja.« Sverres Stimme war heiser. »M-mein Geld …«
Der Prinz schob eine Hand in seine Lederjacke und zog eine Pistole heraus.
»Sitz still!«
Er ging zum Bett hinüber, setzte sich neben Sverre und zielte mit der Pistole auf die Tür, wobei er sie mit beiden Händen
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