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Rotkehlchen

Rotkehlchen

Titel: Rotkehlchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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gesehen hatte.
    Das Zimmer war von weiß gekleideten Spezialisten der Spurensicherung bevölkert. Blitzlichter leuchteten auf. Auf das Bett war schwarze Plastikfolie gelegt worden, auf die sie einen Umriss gezeichnet hatten.
    Møller ließ seinen Blick über die Wände schweifen. »Herr Jesus«, murmelte er.
    »Sverre Olsen hat nicht für die Arbeiterpartei gestimmt«, sagte Harry.
    »Fass nichts an, Bjarne«, rief einer der leitenden Beamten der Spurensicherung. »Du weißt, wie es das letzte Mal ausgegangen ist.«
    Das schien Møller zu wissen, auf jeden Fall lachte er freundlich mit.
    »Sverre Olsen saß auf dem Bett dort, als Waaler hereinkam«, sagte Harry. »Laut Waaler stand er selbst hier bei der Tür und fragte Olsen, wo er in der Nacht gewesen sei, in der Ellen ermordet worden ist. Olsen habe so getan, als erinnere er sich nicht an das Datum, und so habe er weitergefragt, bis schließlich klar gewesen sei, dass Olsen kein Alibi hatte. Laut Waaler habe er Olsen gebeten, ihn ins Präsidium zu begleiten, um dort seine Aussage aufzunehmen, als dieser plötzlich zur Waffe gegriffen habe, die wohl unter dem Kopfkissen gelegen haben muss. Er habe abgedrückt und die Kugel sei direkt über Waalers Schulter durch die Tür geschlagen – hier ist das Loch – und dann weiter durch das Dach nach draußen. Laut Waaler habe er dann seineDienstwaffe gezogen und geschossen, ehe Olsen einen weiteren Schuss hätte abgeben können.«
    »Schnell reagiert. Und, wie ich gehört habe, auch gut getroffen.« »Direkt in die Stirn«, sagte Harry.
    »Nicht so erstaunlich, vielleicht. Waaler hatte beim Schießtraining im letzten Herbst die besten Resultate.«
    »Du vergisst meine Ergebnisse«, gab Harry trocken zu bedenken.
    »Wie sieht’s aus, Ronald?«, rief Møller dem in Weiß gekleideten Leiter der Spurensicherung zu.
    »Klare Sache, würde ich meinen « Der Beamte stand auf und streckte seinen Rücken mit einem Stöhnen. »Die Kugel, die Olsen getötet hat, haben wir hier hinter der Eternitplatte gefunden. Diejenige, die durch die Tür ging, hat auch noch das Dach durchschlagen. Wir werden sehen, ob wir sie finden, damit die Jungs von der Ballistik-Abteilung morgen auch noch ihren Spaß kriegen. Die Schusswinkel stimmen auf jeden Fall.«
    »Hm. Danke.«
    »Keine Ursache, Bjarne. Wie geht’s übrigens deiner Frau?«
    Møller berichtete, wie es seiner Frau ging, unterließ aber die Rückfrage. Nach allem, was Harry wusste, war der Beamte der Spurensicherung auch gar nicht mehr verheiratet. Im letzten Jahr waren vier Männer dieser Abteilung im gleichen Monat geschieden worden.
    Draußen vor dem Haus sahen sie Weber. Er stand abseits mit einem Becher Kaffee und beobachtete den Mann auf der Leiter.
    »Ist alles gut gegangen, Weber?«, fragte Harry.
    Weber blinzelte ihnen entgegen, als müsse er erst in sich hinein-fühlen, ob er zu einer Antwort in der Lage war.
    »Mit ihr werden wir kein Problem haben«, antwortete er und sah wieder zu dem Leitermann hinauf. »Natürlich hat sie gesagt, dass sie das nicht verstehen könne, dass ihr Sohn kein Blut sehen konnte und so weiter, doch wir werden keine Schwierigkeiten bekommen, was die Fakten angeht, die hier geschehen sind.«
    »Hm.« Møller legte eine Hand auf Harrys Ellenbogen. »Lass uns ein paar Schritte machen.«
    Sie schlenderten über die Straße. Es war ein Wohngebiet mit kleinen Häusern, kleinen Gärten und ein paar größeren Wohnblöckenim Hintergrund. Ein paar Kinder strampelten, angelockt von den Polizeisirenen, mit hochroten Gesichtern auf ihren Fahrrädern an ihnen vorbei. Møller wartete, bis sie außer Hörweite der anderen waren.
    »Du scheinst nicht sonderlich froh darüber zu sein, dass wir Ellens Mörder geschnappt haben«, sagte er.
    »Froh … Erst mal wissen wir noch nicht, ob es wirklich Sverre Olsen gewesen ist. Die DNA-Analyse …«
    »Die DNA-Analyse wird beweisen, dass er es war. Was ist los, Harry?«
    »Nichts, Chef.«
    Møller blieb stehen. »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    Møller nickte zurück in Richtung Haus.
    »Meinst du, Olsen ist mit so einer schnellen Kugel zu billig davongekommen?«
    »Ich hab doch gesagt, es ist nichts!«, sagte Harry plötzlich deutlich lauter.
    »Jetzt spuck’s schon aus!«, brüllte Møller.
    »Ich finde das Ganze nur verdammt merkwürdig!«
    Møller runzelte seine Stirn. »Was ist merkwürdig?«
    »Ein erfahrener Polizist wie Waaler.« Harry hatte seine Stimme gedämpft und sprach langsam, wobei er jedes Wort betonte.

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