Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
von mir betroffen war, habe ich die Reklamation natürlich persönlich übernommen. Ich habe eine klare Ansage gemacht und Adil, den älteren Bruder, auch ziemlich vermöbelt. Das ging ganz locker, deswegen nahm ich es nicht sonderlich ernst, als Adil Rache schwor. An mich hat er sich jedoch offenbar nicht herangetraut, aber an meinen Hund.
Gut, ich weiß ja, wo ich die beiden finden kann. Ich erwische den jüngeren in einer Seitenstraße von Maastricht und prügele sofort auf ihn ein. Aber er muss wohl noch an sein Handy gekommen sein. Jedenfalls taucht plötzlich Adil auf, springt mir von hinten auf den Rücken und nimmt mich in den Schwitzkasten. Ich versuche, ihn abzuschütteln, und drücke ihn mit aller Kraft gegen eine Hauswand. Ich höre, wie eine seiner Rippen knackt. Sein Griff lockert sich, ich denke schon, dass er aufgeben wird, doch dann spüre ich Stahl an meinem Hals. Er hat kein Messer, es ist ein angeschliffener Schraubenzieher, den er mir Sekunden danach mit aller Kraft in meinen Unterkiefer rammt. Der Schraubenzieher bohrt sich durch meine Mundhöhle, den Gaumen und die Nasenhöhle nach oben. Erst kurz vor dem Auge bleibt er stecken. Dann zieht ihn Adil heraus und sticht noch einmal zu, in die gleiche Stelle. Ich sacke zusammen, blute wie ein Schwein und kann gar nichts mehr machen.
Das sind nicht die schlimmsten Schmerzen meines Lebens. In Krefeld hatte ich mal Ärger mit einem Asiaten, der mit mir im Sicherheits- und Drogenbereich zusammengearbeitet hat. Ich wollte ihn zur Räson bringen, da hat er so ein chinesisches Dekoschwert ausgepackt und mir das Ding auf meinen Oberschenkel gehauen. Ich hätte beinahe mein Bein verloren. Zwei von meinen Quadrizepsköpfen waren danach ab. Dann hat er mir das Schwert zwischen Schienbeinmuskel und Wade gestochen.
Aber das war eine andere Sache. Der Asiate wollte mich kampfunfähig machen. Adil will mich umbringen. Hätte er keinen Schraubenzieher, sondern ein Messer gehabt, hätte er meinen Hals zerfetzt. Und ich glaube nicht, das Adil die medizinischen Kenntnisse besitzt, um beurteilen zu können, dass ich schon durchkommen werde, als er mich blutend auf der Straße liegen lässt.
Irgendwie schaffe ich es schließlich, wieder hochzukommen. Ich presse meine Hand auf meinen Hals und schleppe mich die Straße entlang. Die Passanten, die mir entsetzt ausweichen, nehme ich nur schemenhaft wahr. Das warme Blut sickert zwischen meinen Fingern durch. Ich versuche, ein Taxi anzuhalten, aber mehrere Wagen fahren an mir vorbei, weil sie mich für einen Besoffenen halten. Der fünfte oder sechste Fahrer lässt mich endlich einsteigen. Noch auf dem Weg ins Krankenhaus werde ich ohnmächtig.
Es dauert ein halbes Jahr, bis sich unsere Wege wieder kreuzen. Monatelang habe ich nach Adil gesucht, ohne Erfolg. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich vernachlässige sogar mein Drogengeschäft, so sehr suche ich nach ihm. Es geht mir allerdings nicht nur um Rache. Wenn sich herumspricht, dass man Gianni ruhig einen Schraubenzieher in den Hals stecken kann, ohne dass Gianni etwas macht, dann kann ich mich aus dem Milieu verabschieden. Ich sehe im Geiste schon die ganzen Dealer-Ratten in den Baumarkt fahren, damit sie beim nächsten Drogeneinkauf einen Kreuzschlitz dabeihaben. Aber Adil, so sehr ich mich auch bemühe, bleibt verschwunden.
Als ich die Suche bereits aufgegeben habe, klingelt eines Tages mein Handy. Ein befreundeter Bordellbesitzer ist dran.
»Seid ihr gerade in Maastricht?«, fragt er.
»Ja, aber wir haben zu tun.«
»Kommt vorbei, es gibt Ärger in meinem Club.«
Ich bin mit zehn Jungs unterwegs. Eigentlich wollen wir zu Joost, die Liefermengen für die nächsten Wochen besprechen, aber wir haben genug Zeit für einen Zwischenstopp.
Das Bordell ist nicht besonders groß, zwischen einer Spielothek und einem Elektronikhändler gelegen. Es gibt eine schmale Tür mit der Aufschrift »Girls«. Ich drücke die Klingel, Sekunden später wird der Türsummer betätigt. Eine schmale Treppe führt in den ersten Stock, das Treppenhaus ist mit Leuchtstoffröhren erhellt, über die rote Folie geklebt ist. Im Gang hängen Nacktfotos von asiatischen Frauen. Die Bar im ersten Stock ist klein, vier Gäste in Anzügen sitzen in der Sofaecke, bei ihnen ebenso viele Prosituierte. Sie scherzen, die Gäste sollen bei Laune gehalten werden. Ich grüße kurz den Chef, der nervös wirkt und mich bittet, die Angelegenheit dezent zu klären. Hinter einem Vorhang versteckt führt
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