Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
reißt die Tür auf, setzt sich auf den Rücksitz und fuchtelt mit einer Knarre herum.
»Schmuck her!«
Carmen lässt sich jedoch so einfach nichts wegnehmen. Sie schreit Zeter und Mordio, während sie ihren Schmuck ablegt, die Hälfte davon gibt sie aber gar nicht nach hinten, sondern lässt ihn in den Fußraum fallen. Der Typ kriegt es mit der Angst zu tun und haut mit nur einem kleinen Teil der Beute ab, nicht mal ihre Rolex bekommt er.
Der erste Teil des Plans ist also nicht ganz glatt gelaufen, aber der zweite Teil, nämlich mir die ganze Sache in die Schuhe zu schieben, geht noch mehr in die Hose.
Ich sitze gemütlich in einem Café an der Außenalster, als Malik hereingestürmt kommt. Natürlich mit einem Dutzend Freunden als Verstärkung, die sich alle vor mir aufbauen.
»Carmen und ich sind überfallen worden, und du bist der Einzige, der als Täter infrage kommt.«
»Wer behauptet denn so einen Quatsch?«
»Du bist gesehen worden. Jetzt zahlst du.«
»Was willst du kleiner Gigolo von mir?«
»Den SLK. Den gibst du uns als Wiedergutmachung zurück. Außerdem 15 000 Mark Schmerzensgeld. Du hast mir bei dem Überfall deine Waffe in den Mund gesteckt. Dabei ist mir ein Zahn abgebrochen.« Von der Beute ist natürlich keine Rede – wie auch, Malik weiß genau, dass ich damit nichts zu tun habe. Er will nur einen Grund haben, mich auf Schadensersatz festzumachen.
Ich schaue in seine trüben Augen und suche vergeblich nach ein bisschen aufblitzendem Verstand. Reden würde jetzt nicht viel bringen. Also greife ich zum Handy und rufe Fatima an. Die hockt zu Hause in Norderstedt.
»Schatz, bring mir meine 45er. Ich schieß hier gleich ein paar Leute weg«, sage ich, dann lege ich auf und wende mich wieder Malik zu.
»So, ich setze mich jetzt dahinten an den Tisch. Da bleibe ich. In einer halben Stunde habe ich meine Waffe, dann bin ich bereit. Ich lege den Schlüssel für den SLK vor mir auf den Tisch. Und wer ihn haben will, der soll ihn sich holen.«
Das macht Malik und seine Freunde nervös. Einer nach dem anderen kommt zu mir, redet auf mich ein, versucht zu vermitteln. Irgendwann erscheint Fatima mit meiner Waffe. Dass nun eine Waffe im Spiel ist, macht Malik und seine Freunde noch nervöser. Schließlich ziehen sie ab.
Am nächsten Tag kommt Carmen zu mir.
»Gianni, ich war gut zu dir«, sagt sie, »und du hast mir gesagt, wenn ich Hilfe brauche, bist du für mich da.«
Ich nicke.
»Ich bin traumatisiert durch den Überfall und will eine Therapie machen. Dafür brauche ich Geld, deswegen will ich den SLK verkaufen«, erklärt Carmen.
Das klingt sehr nach Blödsinn, aber ich respektiere ihre Bitte und gebe ihr den Autoschlüssel. Carmen fährt in meinem SLK weg.
Am nächsten Tag steht der Wagen wieder vor meiner Tür. Malik wollte mit dem Auto nämlich seine Schulden bei ein paar Drogen-Großhändlern bezahlen.
»Wo hast du denn das Auto her?«, wollten die von Malik wissen.
»Mit dem Auto gibt es keine Probleme. Das haben wir so einem Muskelprotz aus dem Ruhrgebiet weggenommen. Ist aus dem Milieu, der ruft keine Bullen. Gianni heißt er.«
Da die Welt aber manchmal klein ist und Gott groß, kennen die Drogenhändler meinen Namen. Ich habe in Duisburg einmal Geschäfte mit ihnen gemacht. Gute Geschäfte.
»Gianni ist ein Ehrenmann. Wir wollen nichts, das ihr im weggenommen habt. Ihr stellt den wieder zurück und seht zu, dass ihr Bargeld auftreibt.«
Die Geschichte meines Autos macht im Milieu natürlich schnell die Runde. Ich gelte fortan als ein Mann, der sich nichts wegnehmen lässt – und der die besten Verbindungen hat. Und das kann jeder sehen, schließlich fahre ich wieder mit dem SLK durch Hamburg.
Durch die Nummer bin ich plötzlich wer im Hamburger Milieu.
Zu dieser Zeit sucht Mike O. einen Mann, der die Geschäfte in seinem Edelbordell führt. Er will ein neues Gesicht, jemanden, der Probleme dezent löst. Das Jobprofil trifft genau auf mich zu. Eine Woche später habe ich den Job.
»Château«
»Es scheint, als müsse man sich endgültig damit abfinden, dass in Hamburg fast täglich auf offener Straße scharf geschossen wird. Am Mittwochabend knallte es in St. Georg (…). Dort lieferten sich gegen 21.45 Uhr zwei konkurrierende Türkenbanden einen westernreifen Schusswechsel auf dem Parkplatz des Prominentennachtclubs (…). Mindestens neun Schüsse feuerten die Südländer aufeinander ab. Wie durch ein Wunder wurde dabei niemand verletzt.«
Hamburger Abendblatt ,
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