Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
16.6.2000, »Wilder Schusswechsel in
St. Georg«
Das »Château« gilt als feinster Puff in Hamburg. Hier feiern die Promis: Sänger, Musikproduzenten, Fußballspieler. Immer wieder mal erscheinen Fotos von Berühmtheiten in der Boulevardpresse, wie sie vor dem »Château« ins Taxi steigen. Das richtige Geld macht der Laden aber mit den Geschäftsreisenden und den Neureichen. Es gibt sogar Jetsetter, die extra in Hamburg einen Zwischenstopp einlegen, sich vom Flughafen zum Club chauffieren lassen, eine Nacht feiern und am nächsten Tag weiterfliegen.
Das »Château« sucht einen Mann, der in der Nachtschicht den Chef bei der Leitung des Clubs unterstützt. Der Job ist ideal für mich: Ich habe genug Zeit, die Erfahrung durch das »Titty Twister« und den Puff in den Niederlanden.
Schon nach ein paar Tagen dort ist mir klar, wie dringend hier ein Aufpasser benötigt wird. Denn im »Château« läuft alles schlecht, was in einem guten Puff nur schlecht laufen kann. Im Laden wird gedealt, und zwar nicht dezent. Die Frauen sind unordentlich, die Handys liegen auf der Bar, die Handtaschen stehen einfach so rum. Und sie legen gerne mal die Knie an die Theke, lümmeln rum, anstatt eine gute Figur für die Gäste zu machen. Alles andere als ein Ambiente, das wohlhabende Freier im Puff schätzen. Da kann die Flasche Champagner 1000 Mark kosten, aber das macht die Atmosphäre auch nicht edler. Bei den Gästen, die nicht regelmäßig kommen, arbeiten die Mädels knallhart auf Falle.
Das läuft in allen Puffs so ab: Ein Typ will aufs Zimmer, zahlt eine Stunde. Das Mädel geht mit dem Typen hoch, sagt ihm, er soll es sich schon mal bequem machen. Dann verschwindet sie unter die Dusche. Da macht sie sich eine halbe Stunde lang frisch. Schließlich kommt sie wieder aus dem Bad, nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt, und der Typ kriegt richtig Lust, will direkt loslegen. Aber nicht so schnell, erst muss sie noch mal kurz mit ihrer Freundin telefonieren. Der erzählt sie, was für einen super Hengst sie da als Freier hat, wie groß sein Schwanz ist und was sie jetzt gleich machen werden. Der Typ hört das natürlich alles gerne, kommt richtig auf Touren. Dabei fällt ihm gar nicht auf, wie lange die Mädels telefonieren, 15 Minuten ziehen ins Land. Ihm bleibt das Zimmer also noch genau 15 Minuten. Für den Typen würde die Zeit natürlich reichen, aber das Mädel lamentiert, dass sie doch gerne richtig Spaß hätte. Die meisten Typen sind dann so geil, dass sie das Zimmer noch eine Stunde mieten.
Die Freier, denen das zu blöd ist, kommen dann zu mir und beschweren sich. Aber was soll ich da machen? Was die Mädels auf den Zimmern treiben, da darf ich mich gar nicht einmischen.
Bei den guten Gästen, die ordentlich Kohle im Laden lassen, bieten die Damen allerdings ihren ganzen Charme auf. Sie nutzen ihn aber nicht etwa dafür, ihre Arbeit im »Château« gut zu machen, sondern um die solventen Freier aus dem Laden zu poussieren. Im Folgenden ein typisches Gespräch, das ich bei Gigi, einer der Prostituierten, mitgehört habe:
»Hör mal, Schatz, wir haben doch eine Menge Spaß zusammen. Aber du musst für das Zimmer 500 Mark zahlen, nur für einen schnellen Fick. Da habe ich immer ein schlechtes Gewissen.«
»Süße, du bist doch jeden Cent davon wert«, sagte der Typ im Anzug, der das für ein Kompliment hielt.
Gigi seufzte so laut, als wollte sie alle verhungernden Kinder auf einmal bedauern. »Ach, weißt du, von den 500 Mark kriege ich ja kaum was – das meiste streicht doch der Club ein.«
»Die sollten dir mehr geben. Du bist die schönste Frau hier.«
»Du bist so süß.« Gigi strahlte, schlang ihre Arme um seinen Hals, es fehlte nur noch, dass sie vor Glück über das Kompliment in die Hände klatschte. Dann tat sie so, als würde sie über etwas angestrengt nachdenken. Sie legte ihre Stirn in Falten, ihre großen Augen schauten an die Decke. Schließlich gab sie sich einen Ruck und schaute den Anzugtypen entschlossen an.
»Das habe ich noch nie gemacht, aber bei dir mache ich eine Ausnahme. Ich gebe dir meine Handynummer. Du bist der einzige Gast, der mich privat anrufen darf. Wenn du das nächste Mal in der Stadt bist, musst du nicht in den Club kommen, sondern ich komme in dein Hotel. Du zahlst 250 Mark die Stunde, und wenn du magst, bleibe ich die ganze Nacht.«
Das ist der Moment, in dem das Leben des Typen aus den Fugen gerät. Ich habe oft genug gesehen, wie es dann weitergeht. Gigi kommt also ins
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