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Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Titel: Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianni Sander , Marc-André Rüssau
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mein Abflugticket von der Reeperbahn sein. Monatelang habe ich nach einem passenden Objekt gesucht, aber sobald die Vermieter hörten, was ich vorhabe, schüttelten sie energisch den Kopf. Zu viel Ärger mit den Nachbarn. Dann erzählte mir mein Kumpel Ali, dass er seine Werkstatt aufgeben wollte. Die hatte er jahrelang gemeinsam mit seinem Vater geführt, aber die Schrauber, die in der Selbsthilfewerkstatt an ihren Autos arbeiteten, kamen wohl nicht mehr so zahlreich wie früher. Sein Vermieter, ein ehemaliger Automatenaufsteller, hatte keine Berührungsängste mit dem Milieu.
    Da ich mit dem Umbau zur Apartmentanlage in wenigen Wochen fertig sein will, arbeitete ich wie ein Besessener: tagsüber auf meiner Saunaclub-Baustelle, nachts als Zuhälter auf dem Kiez. Ich hole mehr als 120 Kubikmeter Schutt und Schrott aus der alten Werkstatt. Der Ehrgeiz, der mich antreibt: Ich will mir unbedingt in Hamburg einen Namen machen. Niemand darf in der Stadt über mich lachen. Deswegen darf ich mit dem Projekt auch nicht scheitern, sonst ist mir der Spott der ganzen Arschlöcher sicher.
    Während ich auf der Baustelle arbeite, kommt mein Nachbar zu mir. Er hat einen Anbau, den er nicht nutzt und der direkt an mein Gebäude anschließt. Er meint: »Ich brauche den nicht mehr. Wenn du willst, kannst du dir da einen Durchbruch machen. Da bekommst du noch mal 140 Quadratmeter extra dazu.«
    Ich brauche ein paar Tage Bedenkzeit. Zu Hause setzte ich mich mit einem Skizzenblock hin und male den Grundriss des Apartmenthauses auf, dann zeichne ich die Halle ein, die ich noch dazubekommen würde. In die Halle male ich einen Swimmingpool, einen Saunabereich, eine Bar. Dann reiße ich das Blatt aus dem Block, zerknülle es.
    Ich beginne meine Nachtschicht, fahre auf den Kiez, schaue bei meinen Mädels vorbei. Erkundige mich, wie es denn so läuft, treffe mich mit ein paar anderen Zuhältern. Doch die ganze Zeit geht mir diese Halle, die ich dazubekommen könnte, nicht mehr aus dem Kopf. Ich setze mich in ein China-Restaurant in der Nähe des Hans-Albers-Platz, wo Bella steht und arbeitet. Auf eine Papierserviette male ich wieder den Umriss der Halle und in die Mitte male ich wieder einen Pool.
    Ich schaue aus dem Fenster des Restaurants, draußen strömen die Betrunkenen vorbei. Es ist kalt, ich sehe zwei Nutten im Gleichtakt von einem Fuß auf den anderen stampfen. Wahllos sprechen sie die Kiezgänger an, eine hält einen Besoffenen fest, der aber reißt sich los, die Frau brüllt ihm Beleidigungen hinterher. Zehn Jungs mit rosa Cowboyhüten krakeelen an der Ecke, sie feiern wohl einen Junggesellenabschied. Einer von ihnen pisst gerade an die Hauswand.
    Ich schließe die Augen, der Kiez widert mich an.
    Auf meine Papierserviette male ich eine Palme neben den Pool. Ich denke an meine Zeit im Ausland, an die edlen Clubs in Australien, an den Strand von Argentinien. Dann schreibe ich »Tropicana« auf die Serviette. Das klingt nach weiter Welt, nach Entspannung, nach Urlaub und Strand. Darüber notiere ich »Saunaclub«. Ich unterstreiche die zwei Worte. »Saunaclub Tropicana«. Ich stelle mir Bella vor, wie sie im Bikini am Pool sitzt. Ich stelle mir die Freier vor, wie sie auf Rattanmöbeln sitzen, von den Frauen Getränke serviert bekommen. Ich stelle mir den Saunaclub »Tropicana« vor wie die Hotelbar in Argentinien, in der ich mit Michaels Freunden getrunken habe.
    In Hamburg gibt es zu dieser Zeit noch keinen richtigen Saunaclub, wie ich sie aus dem Ruhrgebiet kenne. Bei denen du Eintritt zahlst, dafür in Ruhe Wellness machen kannst. Wenn du dann mit einer der Frauen aufs Zimmer willst, gibt es klare Ansagen, was wie viel kostet. Keine Abzocke.
    Ich stehe also vor der Wahl, ein Apartmenthaus von vielen in Hamburg zu machen. Oder in der Halle einen Saunaclub zu eröffnen.
    Am nächsten Mittag sage ich dem Nachbarn Bescheid, dass ich seinen Anbau haben möchte.

Versicherungsschaden
    Die Baukosten für mein Bordell haben sich durch den Saunaclub deutlich erhöht. Ich hatte für die Kaution und kleinere Umbaumaßnahmen mit Kosten von vielleicht 20 000 Euro gerechnet. Aber durch den zusätzlichen Platz haben sich die geplanten Ausgaben mal eben verzehnfacht. Und es wird viel länger dauern, bis der Club eröffnet werden kann.
    Ich weiß nicht mehr, wie ich das geschafft habe. Ein Jahr lang habe ich die Miete bezahlt und stand sechsmal kurz vor der Kündigung. Manchmal brauchte ich Wochen, um neues Geld für Baumaterial aufzutreiben,

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