Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
solange konnte die Arbeit im Club nicht weitergehen. Dann liefen die Geschäfte auf dem Kiez wieder schlecht, weil die Mädels bockig waren, da ich nicht genug Zeit für sie hatte. Solange ich auf der Baustelle war, konnte ich ja keine profitablen Einsatzorte auf dem Kiez suchen, ich wusste nicht, wo gerade viel Geld zu verdienen war und wo wenig. Ich sprach mich auch mit den anderen Zuhältern nicht mehr ordentlich ab, deswegen wurden meine Frauen auf immer schlechtere Plätze abgedrängt.
Der Vermieter kam nie selbst vorbei, er schickte immer seinen Lakaien, seinen Schwiegersohn. Nachdem die Tochter meines Vermieters gestorben war, kümmerte sich ihr Mann trotzdem weiter um Botendienste für ihren Vater.
»Gianni, wie sieht’s denn aus, der Alte schickt morgen die Kündigung raus.«
»Ich hab ein bisschen was, warte, ist im Laden, ich hole es dir.«
»Ja gut, dann gib mir das, dann ist der Alte wieder beruhigt.«
»Nächste Woche habe ich noch mehr, dann kann ich den Rest des Monats bezahlen.«
Es war ein Hängen und Würgen, aber irgendwie kam ich hin, mein Vermieter schickte die Kündigung nie raus.
Da ich kurz vor der Eröffnung dringend neues Geld brauche, sehe ich mich gezwungen, auf nicht ganz legale Methoden zurückzugreifen. Zu dieser Zeit fahre ich einen Mercedes S-Klasse. Mein Plan ist es, den Wagen verschwinden zu lassen. Über Kontakte wird mir ein Libanese namens Moe empfohlen, er soll sich um meinen Wagen kümmern. Seine Familie hat eine Autolackiererei in der Nähe der Süderstraße. Moe macht mir eine Anzahlung von 4000 Euro, er ist wohl gerade knapp bei Kasse, deswegen will er mir den Rest erst geben, wenn er das Auto losgeworden ist. Weil er mir empfohlen worden ist, vertraue ich ihm.
Verabredet ist: Wenn das Auto auf dem Schiff in Richtung Libanon ist, kriege ich meinen Schlüssel zurück und das restliche Geld. Dann will ich das Auto als gestohlen melden, um von der Versicherung noch einmal abzukassieren.
Ich habe allerdings eine wichtige Bedingung gestellt: Mein Auto muss sofort aus Hamburg verschwinden. Denn mein Wagen ist ziemlich auffällig, dicke 20-Zoll-Reifen, abgedunkelte Scheiben, Vierfach-Auspuff-Anlage. Laut, breit, auffällig. Kennzeichen HH-G, G für Gianni. Fatal wäre es, wenn der Wagen bei irgendwelchen krummen Sachen gesehen würde.
In den Tagen, nachdem das Auto abgeholt worden ist, rufen mich immer wieder Bekannte an und erzählen mir, dass sie mein Auto in der Stadt gesehen haben.
»Du, Gianni, da fahren gerade ein paar Araber mit deinem Auto auf dem Steindamm rum.«
»Du, Gianni, hier parken gerade ein paar Jungs dein Auto vor der Disco.«
»Du, Gianni, in meinem Laden haben ein paar Araber Ärger gemacht, die sind mit deinem Auto weggefahren.«
Meine wichtigste Bedingung, nämlich dass mein Auto schnell aus der Stadt verschwindet, ist also nicht befolgt worden. Ich lasse Moe ausrichten, dass er sich an unsere Abmachung halten soll. Sonst werde ich mir das Auto zurückholen und die Anzahlung behalten. Das geschieht an einem Mittwoch.
Am Sonntag ruft mich ein Hells Angel aus dem Eros-Laufhaus auf der Reeperbahn an und sagt: »Ein paar Jungs von dir waren in einem Apartmenthaus am Hammer Deich. Im Zimmer Nummer 7 haben die Sefis Frau poussiert. Die kamen mit deinem Auto, wir gehen also davon aus, dass das deine Jungs sind. Überleg dir gut, wie du das erklären willst.«
Eine ernste Situation. Eine Frau aus einem Puff zu poussieren, also ihr schöne Augen zu machen, damit sie den Zuhälter wechselt, ist im Milieu ein schweres Vergehen. Und Sefi, ein Oberalbaner mit Kontakten zu den Hells Angels, ist in Hamburg ein mächtiger Mann. Ich habe also ohne mein Zutun richtig viel Ärger am Hals. Dabei will ich in den nächsten Wochen eigentlich nur in Ruhe meinen Club aufmachen.
Doch eines ist mir klar: Mit Hells Angels und Sefi darüber zu reden, dass ich nichts dafür kann, was mit meinem Auto passiert, würde kaum etwas bringen. Die sind froh, jemanden zu haben, den sie festmachen können.
Am Abend stehen dann die Jungs aus dem Eros-Center bei mir im Laden. Sie überbringen mir eine Nachricht von Sefi.
»Sefi will als Wiedergutmachung 5000 Euro«, kündigt einer an. »Sefi wird dir das auch noch mal selbst sagen. Er kommt gleich.«
Kurz darauf fahren fünf Autos auf meinen Hof. Sefi steigt aus, zum ersten Mal stehen wir uns gegenüber. Er sagt: »Deine Jungs, meine Frau, das ist eine klare Sache. 5000 Euro auf den Tisch, heute Abend noch, sonst sind es morgen
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