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Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)

Titel: Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianni Sander , Marc-André Rüssau
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, 25.3.2008, »Höllenengel als
Friedensstifter«
    Als ich durch das Steintorviertel in Hannover gehe, spüre ich, was es bedeutet, durch Feindesland zu gehen. Es ist Mittag, die Bars und Bordelle sind noch geschlossen, das Milieu schläft. Trotzdem achte ich genau darauf, ob mir jemand folgt. Als ich an einer Gruppe junger Männer vorbeigehe, die vor einer heruntergekommenen Videothek stehen, verstummt ihr Gespräch. Ich spüre ihre Blicke in meinem Rücken.
    Das Steintorviertel ist klein, zumindest der Rotlichtbereich. Er erstreckt sich rund um die Scholvinstraße, zwei Häuserblocks, insgesamt ist das Rotlichtviertel vielleicht 100 Meter lang und 200 Meter breit. Nur ein paar Bordelle, Tabledance-Bars, Kneipen. Hier haben die Bordelle tatsächlich noch Blechherzen als Werbung, ein paar Häuser sind mit Airbrush-Optik verziert, am Tag wirkt alles etwas heruntergekommen. Kein Vergleich zum Hamburger Kiez, der sich einen Kilometer lang hinstreckt und auf dem sich die Etablissements mit aufwendigen Leuchtreklamen gegenseitig zu übertreffen versuchen.
    So klein das Steintorviertel auch ist, es gibt hier alles, was Nutten und Zuhälter brauchen. Neben den Bordellen haben sich Sonnenstudios und Tätowierer niedergelassen.
    Ich bin mitten im Kernland der Hells Angels. Nirgendwo sonst haben sie so viel Macht wie hier. Seit Jahren beherrschen sie das Viertel, kein Geschäft läuft hier, ohne dass die Hells Angels ein gewichtiges Wort mitreden. Es geht sogar so weit, dass in den Bars Bier der Marke 81 ausgeschenkt wird, denn hinter der Marke stehen die Hells Angels. Manche Clubs haben ihre Werbung in der Schriftart Hessian Regular gestaltet, in der auch das Hells-Angels-Logo gesetzt ist. Das Viertel, so provinziell alles erscheint, ist so etwas wie das Disneyland der Höllenengel.
    Ich bin unbewaffnet gekommen, denn ich habe eine Verabredung mit einem mächtigen Mann, der für meine Sicherheit garantiert. Der ausgemachte Treffpunkt ist ein arabisches Restaurant gegenüber dem Arbeitsamt. Ich setze mich an einen Tisch, von dem aus ich die Tür gut im Blick habe. Das Essen ist scharf gewürzt, aber ich spüre das Feuer auf der Zunge nicht. Ich konzentriere mich nur auf die Tür. Immer wieder schaue ich auf die Uhr.
    Ich bin in die Löwenhöhle gekommen, weil ich den Löwen sprechen will. Frank Hanebuth, Chef des Hells Angels Charters Hannover. Und damit mächtigster Höllenengel der Republik.
    Hanebuth hat eingewilligt, sich mit mir zusammenzusetzen. Obwohl mir seine Brüder in Hamburg den Krieg erklärt haben. Den Termin verdanke ich meinen alten Kontakten in Hannover. Männern, die ich kennengelernt habe, als ich mich noch in Lehrte vor den Toren Hannovers versteckt gehalten habe.
    Fürsprecher sind das eine, aber Hanebuth würde sich nicht mit mir treffen, wenn er sich dafür nicht auch einen Vorteil für sich selbst versprechen würde. Ihm wird die Situation in Hamburg auch Sorgen bereiten. Die Scharmützel um den Saunaclub »Tropicana« werden ihm egal gewesen sein, wenn er davon überhaupt etwas mitbekommen hat. Nur ein Puff von vielen. Aber wenn Türken-Musa seine Gangster GmbH wieder vereint, könnte das die Geschäfte in Hamburg für lange Zeit verderben. Und das ist etwas, das ein Geschäftsmann wie Hanebuth nicht gut finden kann.
    Da sind wir uns nicht unähnlich. Auch ich will keinen Krieg in Hamburg, selbst wenn sich meine Kampfposition durch die Verbindung mit Musa verbessert hat. Ich habe die Hoffnung, dass sich der Konflikt wegverhandeln lässt.
    Ich will, dass die Hells Angels mich im »Tropicana« in Ruhe lassen. Musa hat behauptet, dass es ihm nur um sein Geld geht. Wenn er die Summe etwas reduziert, dann könnten die Hells Angels sich die Ruhe einigermaßen günstig erkaufen. Vielleicht geben sie ihm ja einen seiner Läden zurück, damit kann er sich in Hamburg wieder etwas aufbauen.
    Hanebuth ist pünktlich. Zum ersten Mal sehe ich den Mann, dessen Namen auch die Hamburger Höllenengel nur mit Hochachtung aussprechen. Mir ist sofort klar, dass der Riese, der das Restaurant betritt, Frank Hanebuth sein muss. Die Gespräche an den Tischen verstummen, der Mann hat eine machtvolle, dominierende Ausstrahlung. Ich bin sicher: Wenn jetzt ein Erdbeben Hannover erschüttern würde und das Restaurant zusammenbräche, Frank Hanebuth würde stehen bleiben. Ich kann verstehen, wie er Männer um sich scharen kann. Wer ihn sieht, denkt sofort: Wenn es zu einem Kampf kommt, will ich auf seiner Seite stehen.
    Hanebuth

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