Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
wer weiß, wie viele oben gewartet haben?
Dann höre ich wieder Schritte, die Tür zur Damentoilette bewegt sich, jetzt kommen sie rein. Ich springe aus meinem Versteck, brülle: »Euch nehme ich mit!«, richte meine Waffe in den Flur. Vor mir stehen zwei Mädels, sie kreischen und weichen zurück. Ich stoße sie beiseite, renne die Treppe hoch, die Waffe halte ich mit zwei Händen, richte sie vor mich auf den Boden.
Oben läuft immer noch lauter Studenten-Pop. Hinter der Bar befindet sich nun nicht mehr der Araber, sondern ein Deutscher mit langen Haaren und Nickelbrille. Vor ihm stehen drei Jungs, typisches Schanzenpublikum, wohl die Begleiter der beiden Mädels. Sie gucken erschrocken zu mir, haben wohl ihre Frauen schreien gehört. Der Besoffenste von ihnen wendet sich an mich: »Was ist los?« Dann sieht er meine Waffe, seine Stimme schnellt eine Oktave höher: »Alles gut, ruhig, Mann.«
Ich renne raus, auf der Straße stecke ich meine Waffe in den Gürtel und laufe auf direktem Weg zurück zur stark frequentierten Hauptstraße. Ich scanne meine Umgebung genau, denn die sind sicher noch irgendwo hier. Die wollen schließlich ihren Auftrag zu Ende bringen.
Türken-Musa
»Breitbeinig sitzt Musa im Hinterzimmer eines Lokals in Winterhude. Ohne Umschweife kommt er zur Sache: ›Die haben mich betrogen. Ich will mein Geld. (…) Die dachten, ich krepiere. Haben nie damit gerechnet, dass ich zurückkomme. Doch ich bin da und ich will 1,5 Millionen, da kommen diese Ziegenhirten noch günstig davon. Ihre Zeit ist abgelaufen.‹«
Hamburger Morgenpost , 19.7.2008, »Vor diesem Mann zittern die Luden«
Ich sitze mit meinem alten Freund Jakob beim Iraner beim Essen, als mein Handy klingelt. Die Wirtschafterin aus meinem Saunaclub ist dran.
»Gianni, da sind zwei Männer im Club, die dich sprechen wollen.«
Offenbar zwei Männer, die ihre Sache so dringlich erscheinen lassen, dass der Chef beim Essen angerufen wird.
»Was wollen die denn?«, frage ich.
»Sie wollen dir etwas von Musa ausrichten.«
Der Name Türken-Musa ist mir wie jedem im Hamburger Milieu ein Begriff. Er hatte in den 90er-Jahren das Sagen im Rotlicht. Aber seine Zeit ist längst abgelaufen. Meines Wissens ist er vor ein paar Jahren in die Türkei abgeschoben worden.
»Ich bin beim Iraner. Sie sollen vorbeikommen, wenn sie mich sprechen wollen.«
Egal, wer sie geschickt hat: Ich bin doch nicht deren Köter, der angerannt kommt, wenn sie mich sprechen wollen!
Kurz darauf tauchen tatsächlich zwei Männer an unserem Tisch auf. Ich kenne keinen der beiden. Es sind keine muskelbepackten Schläger. Beide sind schmächtig, sie haben tote Augen. Schmächtige sind meistens gefährlicher. Vor allem, wenn sie nur zu zweit kommen. Killer kommen nicht in der dicken Gruppe. Die kommen zu zweit, einer fährt, einer schießt. Sie stellen sich mir am Tisch nicht vor. Aber Jakob kennt sie.
»Bist du nicht Asan?«, fragt Jakob den einen.
Den beiden ist es sichtlich unangenehm, dass sie enttarnt sind. Jakob hat viele Kontakte im Rotlicht, es ist oft nicht ganz klar, mit welcher Gruppe er gerade Geschäfte macht.
»Wir wollen mit dir sprechen, Gianni. Komm mit uns raus«, sagt Asan.
Sie wollen sich nicht vor Jakob mit mir unterhalten. Oder sie wollen keine Zeugen haben.
»Ich unterhalte mich nicht im Stehen«, erwidere ich knapp. »Hier am Tisch sind zwei Plätze frei, setzt euch zu uns, wenn ihr reden wollt.«
Widerwillig setzen sie sich. Und schweigen.
»Musa schickt euch?«, frage ich.
Asan nickt.
»Mein Freund Musa. Den kenne ich gut. Wo ist er denn?«, meint Jakob.
»In den Niederlanden.«
»Ruf ihn doch mal an. Ich will mit ihm sprechen«, sagt Jakob.
Die Situation ist den beiden sichtlich unangenehm. Doch Asan holt sein Handy heraus, sucht eine Nummer im Telefonbuch und drückt dann die grüne Wähltaste.
Nach dreimal Klingeln geht jemand dran. Asan redet auf Türkisch mit Musa. Nach ein paar Worten verlangt Jakob: »Gib ihn mir mal.«
Asan reicht das Handy weiter.
»Musa, hier ist Jakob. Was willst du Verrückter von Gianni?«
Jakob redet ein paar Minuten mit Musa. Er beschimpft ihn, erst klingt es scherzhaft, als würden zwei alte Freunde herumalbern, dann wird der Ton schärfer. »Warum schickst du Ratte deine Schergen zu uns?«, will Jakob wissen. »Warum mischst du dich in Sachen ein, die dich nichts angehen?«
Musa scheint zu akzeptieren, dass Jakob so mit ihm spricht. Schließlich macht Jakob ein Treffen in Den Haag aus. Er will,
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