Rotlichtkrieg: Auf Leben und Tod gegen die Hells Angels (German Edition)
dass Musa mich kennenlernt.
Türken-Musa hat dieselben Feinde wie ich. Musa hatte sich in den 90er-Jahren die Macht auf dem Kiez erkämpft. Er hatte eine Gruppe von gut 50 Männern um sich geschart. Die meisten waren Migranten, junge Türken, die gierig darauf waren, Geld und Respekt in ihrer neuen Heimat zu verdienen. Musas Jungs nannten sich »Gangster GmbH«, eine Hommage an die erste Gruppe, die den Kiez in den 80er-Jahren unter ihre Kontrolle brachte: die GMBH, benannt nach den Anfangsbuchstaben der Chefs. Mehrere Hundert Prostituierte arbeiteten für diese erste Ludengruppe auf dem Kiez.
Musas Kerngeschäft war im Gegensatz zur ersten GMBH aber nie Prostitution, sondern Sicherheit. »Ich bin kein Fleischhändler«, sagte Musa gerne. Als Bezahlung akzeptierte Musa Beteiligungen an den Bordellen und Clubs.
Sicherheit war in dieser Zeit im Hamburger Milieu selten: 1994 wurde Kiez-Größe »Muffel« T. auf dem Gänsemarkt in den Unterleib geschossen. 1996 wurde Karl-Heinz Schwensen im feinen Pöseldorf in einem Restaurant niedergeschossen. Partykönig Michael Ammer wurde der Kiefer gebrochen – er hatte ein Gang-Mitglied versehentlich angerempelt.
In dieser Situation wollte ein Hamburger Puff nach dem anderen Musas Leute zu seinen Teilhabern machen. Denn wer Musa als Partner hatte, brauchte Musa nicht mehr zu fürchten.
Nur wie das so oft im Milieu ist: Wenn die Gangster GmbH erst mal ihren Fuß in der Tür hatte, hatten die alten Chefs der Clubs nicht mehr viel zu sagen.
Die Führung der Bordelle war aber nicht das Kerngeschäft der Gangster GmbH. Deswegen holten sie die Hells Angels mit ins Boot. Die übernahmen die Bordelle auf dem Kiez, den Straßenstrich Süderstraße. Außerdem machte Musa auch die Albaner zu Teilhabern. Durch den Kosovokrieg waren viele albanische Flüchtlinge nach Hamburg gekommen. Sie konnten kämpfen. Und sie wussten, wie man Geld verdient.
Die Bordelle liefen gut. Musa bekam von Albanern und Hells Angels regelmäßig Anteile. Musa stieg dann in Warentermingeschäfte ein, es war wohl nicht alles ganz sauber, der Staatsanwalt fand sogar, dass Musas Geschäfte kriminell waren. Jedenfalls wurde er im Jahr 2000 wegen seiner Warentermingeschäfte festgenommen und 2003 in die Türkei abgeschoben. Kaum war Musa weg, stellten die Hells Angels und die Albaner die Zahlungen ein.
Und Musa saß in der Türkei und durfte nicht zurück nach Deutschland, um sich seinen Anteil zu holen. Er musste also tatenlos zusehen, wie seine ehemaligen Partner mit seinen Läden Millionen umsetzten.
Wer Musa kennt, weiß, dass er recht rigoros werden kann, wenn er wütend ist. Und Musa hatte einige Jahre Zeit, sich in die Wut auf seine Expartner hineinzusteigern.
Die Angels und die Albaner fuhren also ein großes Risiko, aber es hätte gutgehen können, wäre es in der Türkei nicht zu einem Streit gekommen. Worum es ging, ist nicht überliefert, aber es muss hoch hergegangen sein. Auf jeden Fall griff jemand zur Waffe. Musa fing sich einen Bauchschuss ein, überlebte aber. Allerdings verheilte Musas Wunde nie richtig. Die medizinische Versorgung in der Türkei war wohl nicht die beste. In Hamburg aber gab es gute Ärzte, das wusste Musa. Also holte er einen Kostenvoranschlag ein: 80 000 Euro sollte die Operation kosten. Dazu würden noch Reha-Kosten kommen.
Gut für Musa, dass er mittlerweile eine Polin geheiratet hatte. Das machte ihn zum EU-Bürger – er konnte damit hin, wo er wollte. Auch zurück nach Hamburg.
Fehlten nur die 80 000 Euro für die Ärzte. Musa fand, dass es nun an der Zeit war, sich etwas von dem Geld aus seinen Bordellen zurückzuholen. Aber seine alten Partner dachten nicht daran, Musa zu beteiligen. Ein hochrangiger Hells Angel sagte: »Die Ansprüche bestanden nie. Nur weil Musa pleite ist, gibt es noch lange kein Geld aus Mitleid.«
Es war, das wussten alle im Hamburger Milieu, nur eine Frage der Zeit, bis Musa zurückkommen würde. Und Hells Angels und Albaner zitterten: Denn Türken-Musa war in den 90er-Jahren rücksichtslos darin gewesen, seine Interessen durchzusetzen. Damals war er gesund gewesen und hatte für seine Ehre und fürs Geld gekämpft. Wie aber würde ein verwundeter Türken-Musa agieren, bei dessen Kampf es um Leben und Tod ging?
Ich fahre also mit Jakob in die Niederlande und denke an alte Zeiten zurück, den Drogenhandel, das »Schneewittchen«. Damals wurde alles, was ich anpackte, zu Gold. Kein Vergleich mit dem Ärger, den ich jetzt mit dem Saunaclub
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