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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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einrichten, denn gleich in der Nähe bot ein Geschäft Haushaltswaren an - eine wahre Fundgrube auch für die Hochzeitsgäste, die nicht wussten, was sie dem glücklichen und deshalb wunschlosen Paar überreichen sollten. Mediale Ausstattung gab es dann im Multistore: musikalische und filmische Begleitung eines ganzen Lebens.
    Beim ersten Nachwuchs half der Laden für Umstandsmoden und Baby-Bekleidung weiter. Sobald die neue Generation heranwuchs, wurde auch sie wieder Multistore-Kundschaft, wenn es um die ersten Videospiele, PCs und CDs ging. Eine perfekte Welt, in der eigentlich nur eines fehlte - der Laden mit Bräuten en gros und en détail. Vielleicht war das eine umsatzträchtige Marktlücke? Das Eheinstitut gleich neben dem Brautmodengeschäft.
    Heute Abend war in der Alleestraße etwas mehr Betrieb. Pärchen blieben Hand in Hand vor den Geschäften stehen. Ich fand sogar einen Laden, der mir noch gar nicht aufgefallen war - ein Juwelier mit ordentlich aufgereihten Eheringen. Wieder eine kleine Lücke im Leben des Konsumenten, die sorgsam geschlossen worden war!
    Ich wartete geduldig, bis die große Standuhr halb zwölf zeigte. Erst dann ging ich zum Auto, um die Zutaten für einen ersten Imbiss zu holen. Dafür musste ich riskieren, den Laden etwa zwei Minuten aus den Augen zu lassen. Als ich mit der Plastiktüte zurückkam, hatte sich nichts verändert.
    Ich überlegte, ob ich es mir auf einem der grünen Stühle bequem machen sollte - dort, wo man mich leicht sehen konnte -, oder ob es besser war, sich in die Passage des Bettengeschäfts zurückzuziehen. Ich entschied mich erst einmal für die bequemen Stühle.
    Ich hatte gerade in eines der Brötchen gebissen, da bemerkte ich eine Gestalt, die langsam die Straße heruntergelaufen kam. Es war Volker. Er winkte.
    »Guten Abend«, sagte er höflich und setzte sich neben mich.
    »Hallo, Volker.« Diesmal hatte ich den vollen Mund. »Sagtest du nicht, du bist nachts nicht in dieser Gegend?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Ach, ich dachte, ich schau mal, wie es dir so geht. Ob du vorankommst mit deiner Ermittlung.«
    »Eigentlich ist es ja eine Bewachung. Aber mal sehen, wenn ich mitkriege, wer es war …«
    Volker sah mich an, und in seinem Blick lag plötzlich etwas Sehnsüchtiges. »Ach entschuldige«, sagte ich. »Willst du was essen?«
    Er winkte ab. »Nein, nein. Das heißt, ja. Aber ich habe selbst was dabei. Man kriegt was in der Diakonie, weißt du.«
    »Quatsch«, sagte ich. »Die Brötchen von der Tankstelle sind gut. Mit Mayonnaise und so. Nimm. Ich hab zwei davon.« Ich holte eins heraus. Es war in Plastikfolie verpackt.
    »Zwei neunzig«, staunte er. »Davon lebe ich mehr als einen Tag.«
    »Mach den Preis ab und iss«, sagte ich.
    Er nickte nur und wickelte das Brötchen aus. Dann redete er mit vollem Mund weiter. »Du willst den Täter, der den Laden versaut, gar nicht wirklich schnappen, oder?«, fragte er.
    »Wie bitte? Natürlich. Wenn’s geht. Ich kriege sogar eine Fangprämie. Wie kommst du darauf?«
    »Weil du dann hier nicht sitzen solltest.«
    »Weiß ich. Bei dem Bettengeschäft wäre ein besserer Platz. Aber ich will jetzt erst mal was essen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das ist unprofessionell. Du solltest jetzt sofort da runtergehen.«
    »Erst essen«, erwiderte ich.
    »Nein«, beharrte er und stand auf. »Wir gehen jetzt da runter und fangen deinen Täter.« Er ging ohne zu zögern los. »Jetzt komm schon!«
    Ich seufzte. Er hatte Recht.
    »Ich hab noch was im Auto, wo man sich draufsetzen kann«, sagte ich, als wir die Straße überquert hatten.
    »Du bist ein ganz schönes Weichei, weißt du das?«
    »Komisch, meine Auftraggeberin sieht das ähnlich.«
    »Weil’s stimmt. Also, hol den Kram. Dann geht’s los.«
    Ich holte alles, was ich dabei hatte - die Decken, die Zeitungen und den Kaffee. Wir bauten uns ein gemütliches Lager. Im Schein der »Schlafexperten«-Reklame konnte man prima lesen. Volker machte sich gleich über die Zeitungen her.
    »Warum hilfst du mir eigentlich?«, fragte ich. »Gestern hast du noch gesagt, dass nur ein Blödmann hier die Nacht verbringen würde.«
    Er blickte auf. »Ich sehe doch, dass du hier allein überfordert bist. Vielleicht kannst du mir ja was von der Fangprämie abgeben, habe ich mir gedacht.« Er sah verlegen auf den Boden.
    Ich nickte. »Geht in Ordnung. Ich kann Hilfe gebrauchen.«
    Er grinste. »Siehst du.«
    »Was hast du früher gemacht?«, wollte ich wissen. »Ich meine, bevor du

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