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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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ist doch sonnenklar. Das sind lichtscheue Geschöpfe, die Menschen wie uns in Misskredit bringen wollen. Die uns den Erfolg nicht gönnen. Die auf Kosten anderer leben.«
    »Aber warum greift sie immer nur Sie an? Ihren Laden? Warum keinen anderen?«
    »Lassen Sie mich in Ruhe, und machen Sie Ihren Job! Wir haben eine Vereinbarung. Halten Sie sich daran.«
    »Unsere Vereinbarung war, dass ich zweimal Wache halte. Das habe ich getan.«
    »Also wollen Sie nicht weitermachen?«
    Wäre die zweite Wache genauso erfolglos verlaufen wie die erste, hätte ich aufgehört. Hätte ich die Frau geschnappt, natürlich auch. Jetzt hatte ich ein halbes Ergebnis und hing in der Luft. Ich versuchte, alles unter einen Hut zu bringen: fünfhundert Euro Prämie, die vielleicht noch drin war. Jutta, der ich ja angeblich einen Gefallen tat…
    »Ich mache weiter«, sagte ich.
    »Aber die Beseitigung des Flecks von heute Nacht stelle ich Ihnen in Rechnung.«
    Sie legte auf, bevor ich etwas erwidern konnte.
    Ich lehnte mich in meinem Bürosessel zurück und blickte aus dem Fenster. Die Sicht reichte über die Dächer bis zu den Erhebungen auf der anderen Seite der Wupper.
    Nach einer Weile stand ich auf und holte die schwarze Mütze aus dem Flur. Als ich sie auf die Resopalplatte meines Schreibtischs legte, entstieg ihr ein leichter Parfümduft. Ich starrte das Ding an und versuchte mich an das Aussehen der Frau zu erinnern. Der erschrockene Ausdruck, die weit aufgerissenen Augen. Irgendwo war ein kleiner Leberfleck gewesen …
    Sie war keine Frau, eher ein junges Mädchen. Mit blasser Gesichtsfarbe. Wie alt? Schwer zu schätzen. Achtzehn? Fünfundzwanzig? Es war alles so schnell gegangen.
    Ich tastete über den weichen Wollstoff und bemerkte ein rotes Schimmern. Es war ein Haar, das sich im Inneren zwischen den Maschen verhakt hatte. Vielleicht hatte ich es ihr bei dem kleinen Kampf auch ausgerissen. Ich zog es heraus; es war mindestens siebzig Zentimeter lang.
    Ich stand auf, zog mich an und ging frühstücken. Danach kaufte ich in der Stadt für die nächste Schicht eine neue Ausrüstung. Eine Thermoskanne und eine Decke.
    Als ich um zwölf nach Hause kam, blinkte mein Anrufbeantworter.
    Ich hörte das Band ab, und eine Männerstimme meldete sich.
    »Sülzbach hier. Bitte rufen Sie mich zurück.« Es folgte eine Remscheider Telefonnummer.
    Sülzbach! Der Musikmanager! Der High-Society-Bräutigam!
    Sieh an, dachte ich. Kaum hatte man eine Prominente als Kundin am Haken, wurde man gleich in der ganzen Szene herumgereicht. Umso besser! Wahrscheinlich gehörte es einfach dazu, dass man ein paar Allüren verkraften musste.
    Um halb zwei kämpfte ich mich durch den Freitagnachmittagsverkehr.
    Tristan Sülzbach war am Telefon nicht sehr ausführlich gewesen. Höflich, aber kurz hatte er mich um einen Besuch bei sich zu Hause gebeten. Den Auftrag, den ich für seine Braut ausführte, erwähnte er nicht. Er erklärte allerdings, meine Nummer von ihr bekommen zu haben. Ich sah keine Veranlassung, ihm etwas über meinen Wachdienst vor dem Brautladen zu erzählen. Schweigepflicht gilt auch, wenn die Kunden was miteinander haben.
    Die Fahrt führte mich in den Remscheider Ortsteil Hackenberg. Ich fuhr die Hackenberger Straße hinauf und stellte den Wagen ab.
    Neue Einfamilienhäuser mit höchstens zwei Stockwerken säumten die Straße. Der Blick ging nach Nordosten. Bewaldete Hügel erstreckten sich bis zum Horizont, nur unterbrochen von einer Windkraftanlage, die gemächlich ihre Kreise zog. Schwarze Hochspannungsleitungen strichen das Panorama durch wie wütend hingesetzte Federstriche.
    Sülzbachs Haus war so weiß, dass es in den Augen wehtat. In den dunkelblauen, glänzenden Dachziegeln spiegelte sich die Sonne. Ich spazierte an einem flott diagonal eingeparkten schwarzen Porsche vorbei, der in der Garageneinfahrt stand. Sülzbach öffnete sofort, nachdem ich geklingelt hatte.
    Er war einen Kopf kleiner als ich; sein Gesicht sah genauso aus wie auf dem Foto, das ich im Internet gesehen hatte. Glatter Sonnyboy mit Grübchen und einem ständigen Lächeln. Die hellen Haare glänzten golden und wirkten wie raffiniert gefärbt.
    »Herr Rott, danke, dass Sie gekommen sind. Bitte kommen Sie herein«, begrüßte er mich. Ohne mir die Hand zu geben, drehte er sich um und verschwand im Innern des Hauses. Ich bemerkte, dass Sülzbachs Haarpracht hinten über den Kragen seines schwarzen Anzugs hinunterhing. Edel-Fokuhila. So etwas hätte ich eher in

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