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Rott sieht Rot

Rott sieht Rot

Titel: Rott sieht Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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versuchte an ihm vorbei in die Wohnung zu sehen. Ich erkannte ein hell erleuchtetes Wohnzimmer mit einem Fernseher, auf dem die bunten Bilder schnell wechselten; der Ton war leise gestellt. Das Licht war milchig, der Raum voller Qualm.
    »Nicht hier«, sagte er. »Hanna nicht hier.«
    »Wo kann ich sie finden?«
    Wieder rief er mir volltönend sein »Waaas?« entgegen.
    »Es geht um ihr Auto«, sagte ich.
    Er runzelte die Stirn. »Unfall?«, fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie hat mich angerufen«, behauptete ich. »Sie wohnt doch hier, oder?«
    Er nickte schwerfällig. »Nicht da.«
    »Wann ist sie wieder hier?«
    Er zuckte die Schultern. Entweder wollte er es nicht sagen, oder er wusste es nicht. Ich tippte auf Ersteres und holte meine Lizenz heraus. Die Wirkung war wie geplant.
    »Polizei?«, fragte er leise. Die Botschaft gelangte trotzdem ins Wohnzimmer, denn ich hörte, dass dort plötzlich gemurmelt wurde. Ich konnte jedoch keinen Menschen sehen. Nur eine Frau, die auf dem Fernsehbild erschien und sich gerade den BH auszog.
    »Sagen Sie mir, wo ich Hanna Schneider finden kann. Dann sind Sie mich los.«
    Er dachte über die Worte nach. Vielleicht versuchte er auch nur, mich zu verstehen.
    »Kann ich reinkommen?«
    Er schüttelte den Kopf und drückte plötzlich die Tür zu. Ich stemmte mich dagegen. »Das ist doch sinnlos«, rief ich und drängelte mich hinein.
    Im Wohnzimmer gab es nichts außer dem Fernseher, einer Stehlampe und einem Sofa, auf dem zwei weitere Männer saßen; vor sich auf dem Boden ein paar Flaschen. Bier und Wodka. Die Männer blickten mich stumm und erschrocken an.
    Ich ging zurück und stapfte durch den kleinen Flur. Es gab eine kleine Küche, die vor Dreck starrte, außerdem einen weiteren Raum mit drei Matratzen auf dem Boden und Haufen von dreckiger Wäsche. Es sah noch schlimmer aus als bei mir.
    Neben der Wohnungstür fiel mir ein Stapel Kartons auf, die ordentlich an der Wand aufgeschichtet waren. Während mir der Mann, der immer noch an der Tür stand, regungslos zusah, blickte ich an der obersten Kiste, deren Deckel fehlte. Es waren Prospekte darin. Ich nahm mir einen davon und hielt ihn ins weiße Licht der Deckenbeleuchtung.
    »Sie haben gewonnen«, stand in knallroter Schrift darauf. Darunter war ein unscharfes Foto von einem Fachwerkhaus mit Mühlrad, beschattet von einer riesigen Tanne. »Erleben Sie das Juwel des Bergischen Landes. Dort halten wir den Gewinn von 100.000 Euro für Sie bereit.«
    Der Mann sah mich nur misstrauisch an. Ich faltete das Blatt zusammen und steckte es in die Innentasche meines Sakkos.
    »Heißen Sie Koroliow?«, fragte ich.
    Der Mann nickte. »Iwan Koroliow«, sagte er. »Bruder Vassilij.«
    »Wer ist Vassilij?«, wollte ich wissen, doch er schwieg.
    Ich zog das Bild von Sülzbach und der Baronin heraus, knickte Agnes von Rosen-Winkler weg und hielt es ihm hin. »Haben Sie den schon mal gesehen?«
    Er zuckte mit den Schultern. Ich ging wieder hinüber in das Wohnzimmer und versuchte es bei den anderen. Ich erntete nur Kopfschütteln. Über Hanna Schneider erfuhr ich nichts. Ende der Fahnenstange.
    »Danke«, sagte ich und verließ die Wohnung.
    *
    Auf dem Parkplatz angekommen, peilte ich die Trinkhalle im Erdgeschoss an. Hinter der Scheibe saß eine Frau und blätterte in einer Zeitschrift. Ich orderte eine Schachtel Camel. Als ich bezahlt hatte, hielt ich auch ihr das Bild entgegen.
    »Kennen Sie diesen Mann?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich wüsste. Hier kommen so viele Leute vorbei…«
    Ich packte die Schachtel aus dem Zellophanpapier und warf es brav in den bereit stehenden Mülleimer neben der Theke. »Er fährt einen schwarzen Porsche. So ein Auto fällt doch auf.«
    »Nein. Keine Ahnung.«
    Ich nahm eine Zigarette heraus und steckte sie an.
    »Sagt Ihnen der Name Hanna Schneider etwas? Oder Koroliow-Schneider? Sie wohnt hier. Glaube ich zumindest.«
    »Schauen Sie doch mal auf den Klingeln nach.«
    Es hatte keinen Zweck.
    Im Wagen betrachtete ich den Prospekt. Auf der unteren Seite war ein Coupon zum Ausschneiden. »Ja! Ich bin der glückliche Gewinner und möchte die 100.000 Euro per Scheck ausgezahlt bekommen - im berühmten Gourmet-Restaurant Kaisermühle!« Darunter drängte sich in kleinerer Schrift noch die Information, dass ein persönlicher Chauffeur den glücklichen Gewinner zum »Erlebnisabend mit traumhaftem Abendessen an die Wupperquelle« bringen werde, »dem Herzen des Bergischen Landes«. Und das am

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