Rott sieht Rot
schlecht. Andererseits: Niemand konnte so einfach verschwinden. Und Reinsdorf hatte, als er damals nach Petra Ziebold suchte, nicht die Möglichkeiten der Polizei zur Verfügung gehabt.
Nach und nach legte ich mir eine Geschichte zurecht, die ich Broich auftischen konnte. Wenn er sie mir abnahm, konnte ich die Polizei sogar für meine Zwecke nutzen.
Endlich holte man uns zur Vernehmung. Mein Rücken schmerzte, als ich aufstand. Man führte uns in ein kleines Zimmer, in das zwei Schreibtische gequetscht waren. An einem davon saß Broich, der eine filterlose Zigarette rauchte und sich nervös durch sein dichtes schwarzes Haar strich. Über einem hellblauen Hemd trug er immer noch seinen Mantel. Vor ihm lag Papierkram. Er wies auf die beiden Stühle, die noch in dem Zimmer standen.
»Herr Remigius Rott und Frau Svetlana Maiwald«, las er von einem Zettel ab. Ich nickte unwillkürlich.
»Einfache Frage. Was haben Sie in dem Haus gemacht?«
»Einfache Antwort«, erwiderte ich. »Ich bin als Privatermittler zu Herrn Reinsdorf gekommen, um etwas in Erfahrung zu bringen.«
»Und was hat Frau Maiwald damit zu tun?«
»Sie ist meine Mitarbeiterin.«
Broich ließ seinen Blick eine Weile zwischen uns hin- und herwandern. Als wir hereingekommen waren, hatte ich ihn für ziemlich müde gehalten. Doch jetzt waren seine Augen hellwach.
»Und was wollten Sie in Erfahrung bringen, wie Sie sagen?« Sein Gesicht zeigte nicht die geringste Regung.
»Ich habe einen Klienten, der vor einigen Jahren von Reinsdorf betrogen wurde. An dem Betrug waren Reinsdorf und eine Frau beteiligt. Mein Klient hat vor kurzem Herrn Reinsdorf durch Zufall wieder getroffen, in ihm den Betrüger von damals erkannt und mich beauftragt, mit ihm Kontakt aufzunehmen.«
»Warum ist er nicht zur Polizei gegangen?«
»Vielleicht weil er sich nicht sicher war, ob Reinsdorf wirklich der Betrüger war. Vielleicht weil er prominent ist und nicht will, dass die Sache in der Zeitung erscheint. Vielleicht weil er keine weiteren Beweise hat. Wie das eben so ist, wenn Leute Privatdetektive beauftragen.«
»Sie brauchen mir nicht zu erklären, was ein Privatdetektiv ist, Herr Rott. Wie heißt dieser Klient?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube kaum, dass er zur Aufklärung der Sache beitragen kann.«
Broich zog die Augenbrauen in die Höhe. »Was? Vielleicht sollte ich Ihnen mal auf die Sprünge helfen.« Er blickte wieder auf die Zettel, die vor ihm lagen. »Reinsdorf ist von hinten erschossen worden. Von einer Stelle außerhalb des Hauses. Es könnte doch sein, dass sich eines seiner Opfer an ihm gerächt hat.«
»Was wissen Sie eigentlich darüber, was Reinsdorf gemacht hat?«
Broich grinste. »Unsere Leute nehmen gerade die Lagerhalle auf dem Gelände unter die Lupe. Keine Sorge, Herr Rott. Wir sind im Bilde.«
Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Wie schön. Dann brauchen Sie uns ja nicht mehr. Können wir jetzt gehen?«
Broich hob den rechten Zeigefinger und wackelte damit hin und her. »Das soll wohl ein Witz sein! Sie erzählen mir jetzt haarklein, wie das Ganze abgelaufen ist.«
»Ihr uniformierter Kollege hat alles schon aufgenommen.«
»Dann erzählen Sie es eben noch mal. Wenn Sie keine Lust haben, kann Ihre junge Kollegin ja was sagen.«
Svetlana warf mir einen hilflosen Blick zu. »Meine junge Kollegin«, erklärte ich, »macht von dem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern. Aus Gründen der Ermittlung war es vonnöten, dass wir beide zu Reinsdorf gegangen sind. Wenn Sie Informationen brauchen, halten Sie sich an mich.«
Broich lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich habe Zeit. Viel, viel Zeit.«
Ich seufzte und erzählte die Geschichte, die ich mir zurechtgelegt hatte.
Ich behauptete, Sülzbach, dessen Namen ich natürlich nicht nannte, hätte mich beauftragt, Reinsdorf zu besuchen. Dann berichtete ich, wie ich das Warenlager entdeckt hatte, wie wir mit Reinsdorf sprachen und wie er von hinten durch die Scheibe erschossen wurde. Ich verschwieg, dass ich selbst eine Waffe besaß und sie auch eingesetzt hatte. Darauf würde Broich zwar sicher bald kommen, im Moment aber hätte das die ganze Sache nur komplizierter gemacht. Zur Sicherheit hatte ich die Pistole wieder im Kofferraum deponiert.
»Und es gab kein Anzeichen, dass Reinsdorf in eine Auseinandersetzung verwickelt war? Gab es keinen Streit oder so was?«, wollte Broich wissen.
»Nein. Das Ganze ist während eines ruhigen Gesprächs
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