Rott sieht Rot
zusammenhängt.«
»Nur der, der dafür verantwortlich ist.«
»Falls es so jemanden überhaupt gibt.« Sie strich sich die Haare nach hinten. »Manchmal denke ich, Tristan ist einfach abgehauen, um allem zu entgehen. Dieser Hochzeit. Vielleicht auch mir, weil wir uns gestritten haben … Ich sollte akzeptieren, dass er Schluss gemacht hat.«
Sie unterbrach sich und schniefte. Mir lag auf der Zunge zu sagen, dass sie Unrecht hatte. Völlig Unrecht, denn wenn es so wäre, wie sie annahm -wer war dann der Fahrer des schwarzen Porsche?
Ich sah zu, dass der Golf Fahrt gewann. Der Wagen ächzte sich mühsam nach Burscheid hinauf, und dann fuhren wir endlich das Tal hinunter, in dem die Raststätte Remscheid liegt. Jetzt war es nicht mehr weit bis zur Anschlussstelle.
»Warum sagst du nichts?«, fragte Svetlana leise. »Bist du sauer?«
»Was? Warum soll ich sauer sein?«
»Ich dachte, du wärst beleidigt, weil ich gesagt habe, dass du dich vielleicht täuschst.«
»Ich täusche mich nicht«, widersprach ich. »Das Verschwinden von Sülzbach hat mit Reinsdorf zu tun. Davon kannst du ausgehen.«
Plötzlich wandte sich Svetlana zu mir herüber, und ich spürte etwas Warmes auf der Wange. Es war ein Kuss.
»He - was soll das denn?«
»Nur so. Du hast uns wirklich prächtig rausgehauen vorhin. Wahnsinn. Ich hab mir fast in die Hose gemacht vor Angst. Du bist echt super. Und wie du plötzlich losgeballert hast. Das hätte ich dir nie zugetraut.«
»Das war nur die Angst.«
»Ich könnte nie auf ein Lebewesen schießen.« Sie zögerte einen Moment. »Höchstens auf diese Kuh von Baronin. Die ist die Ausnahme.«
Als ich die Stockder Straße erreicht hatte, war Svetlana eingeschlafen. Ich berührte sie leicht an der Schulter, aber sie murmelte nur etwas Unverständliches und versuchte sich herumzudrehen. Als es ihr nicht gelang, wachte sie auf und sah sich verwirrt um. »Was ist los?«, fragte sie schlaftrunken.
»Wir sind bei dir zu Hause«, sagte ich. Sie schüttelte mit aller Gewalt den Kopf, dass die Haare flogen. »Verdammt, ich muss wach werden.« Sie öffnete die Beifahrertür und stieg aus.
»Warte. Ich bringe dich rauf«, sagte ich.
Sie blieb einen Moment stehen, atmete tief durch und ging zur Haustür. Dort kramte sie nach ihrem Schlüssel und schloss auf. Sie wollte gerade in den Flur treten, da drehte sie sich um und sah mich an. Sie stockte, schien nach Worten zu suchen.
»Komm noch mit rauf«, sagte sie dann. »Wir könnten was trinken oder so.«
»Findest du nicht, dass es dafür etwas spät ist?«
»Ich kann sowieso nicht schlafen«, sagte sie.
»Das habe ich gesehen.«
»Irrtum. Ich bin hellwach. Wenn ich mich jetzt ins Bett lege, mache ich kein Auge zu, das schwöre ich dir.«
Sie sah jetzt tatsächlich wieder etwas frischer aus, so weit ich das in dem Licht der Lampe über dem Eingang beurteilen konnte. Ich riss mich zusammen und spürte, wie sich in mir gedanklich einiges überschlug. Kam es mir nur so vor, oder war sie mir plötzlich wirklich etwas mehr zugetan? Wenn ich nur nicht so müde gewesen wäre! Sie lächelte mich an, und da war wieder dieser feine Duft. Das Glänzen ihrer roten Haare …
»Also gut«, sagte ich.
Wir gingen hinauf. Die Wohnung roch muffig. Schlecht gelüftet. Svetlana machte Licht. Ich ging ins Wohnzimmer, ließ mich in einen der Sessel sinken und sah mich plötzlich neben dem Denkmal auf dem Friedhof stehen. Svetlana hatte eines der Bilder, die wir gemeinsam entwickelt hatten, gerahmt und aufgehängt.
»Du siehst darauf aus wie ein Kämpfer«, sagte sie.
Ich war anderer Meinung, widersprach aber nicht. Wie lange war es her, dass ich ihr beim Entwickeln zugesehen hatte? Ein Jahr? Zwei?
»Was willst du trinken? Bier?«
»Ein Bier wäre gut.«
»Ich hab auch noch einen Rest Lasagne im Kühlschrank.«
»Wunderbar«, seufzte ich, und sie lächelte. Kurz darauf brachte sie zwei dampfende Klötze Lasagne auf einem großen Teller und zwei Flaschen Kölsch.
»Mein Geschirr ist leider nicht gespült«, erklärte sie. »Gläser habe ich gar keine mehr, und es gibt nur noch einen einzigen Teller. Wir müssen aus der Flasche trinken.«
»Schrecklich«, stöhnte ich.
Wir prosteten uns zu und zupften schweigend an der Lasagne. Sie war heiß und schmeckte herrlich.
»Sag mal - willst du nicht hier übernachten? Das wäre doch einfacher für dich.«
Ich schluckte meinen Bissen hinunter. »Es ist besser, wenn ich morgen von zu Hause aus aufbreche.«
»Ich hab noch
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