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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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und vor allem auch einen neuen Unterstützerkreis zu generieren. Tatsächlich geht Mitte der Achtzigerjahre eine unbekannte Anzahl militanter Aktivisten in den Untergrund. Bis heute ist neben Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams, die 1993 in Bad Kleinen gestellt werden, nur ein Bruchteil der geschätzten zwanzig bis dreißig Mitglieder dieser dritten RAF-Generation ermittelt.
    Forss blätterte weiter durch die Zeitungsberichte und historischen Überblicke, die sie in dem Internetcafé ausgedruckt hatte. Zehn unaufgeklärte Morde, unter anderem an dem Chef vom Rüstungskonzern MTU Ernst Zimmermann, Gerold von Braunmühl, Abteilungsleiter im Auswärtigen Amt, Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher der Deutschen Bank, und Detlev Karsten Rohwedder, Präsident der Treuhandanstalt. Eine Reihe von Sprengstoffanschlägen auf Personen und Einrichtungen, Überfälle auf Waffengeschäfte und immer wieder Bankraub. Über den Kreis der Täter ist so gut wie nichts bekannt.
    Denkbares Szenario: Im Umfeld der Wackersdorfproteste und der von vielen empfundenen zunehmenden Polizeigewalt radikalisiert sich die Gruppe um Janus Dahlin und vollzieht den Schritt in den Untergrund. Entweder schließt sie sich den bestehenden Strukturen der illegalen Militanten an oder sie bildet eine eigene, autonom agierende Zelle. Klar ist: Ob als Handlanger und Unterstützer für die alteingesessenen Genossen oder als eigenständiger Stoßtrupp: Der Kampf im Untergrund ist teuer. Um sich Geld zu beschaffen, überfallen sie Banken, irgendwann auch eine Sparkasse in Osterode. Es kommt zu einem tödlichen Zwischenfall, eine Kassiererin wird angeschossen und stirbt. Auch Ruth Meringer wird verletzt, ihr Blut wird am Tatort sichergestellt. In der Gruppe kommen erste Zweifel auf. Tun sie wirklich das Richtige? Ist der Kampf gegen den Atomstaat es wert, dass dabei Unschuldige ums Leben kommen? Sollen sie weiterhin ihr eigenes Leben für ein so fernes und abstraktes Ziel wie den Weltsozialismus riskieren? Die Gruppe hadert mit sich. Sie befinden sich in einer Zwickmühle. Der Fahndungsdruck steigt, der Rückweg in die Legalität erscheint ihnen verbaut. Sie müssen einsehen, dass sie für den bewaffneten Krieg gegen die BRD nicht hart genug sind, aber zurück können sie auch nicht. Plötzlich öffnet sich eine Tür. Sie bekommen Kontakt zu Aussteigern der zweiten RAF-Generation, die mittlerweile unter falschen Namen unerkannt als brave sozialistische Bürger in der DDR leben, gleichzeitig aber fleißig und unbehelligt nach Westdeutschland ein- und ausreisen, unter anderem in die Protestcamps nach Wackersdorf. Ein erster Kontakt zum MfS wird hergestellt, schließlich bekommt die Gruppe im Arbeiter- und Bauernstaat ein neues Leben geschenkt. Das Glück währt jedoch nicht lange, ein, zwei Jahre, dann ändern sich die historischen Vorzeichen. Kurz bevor die Mauer fällt, reagieren sie. Schneller als ihre alteingesessenen Vorkämpfer der zweiten Generation, die allesamt 1990 verhaftet werden. Sie verschwinden rechtzeitig nach Schweden, wo sie niemand sucht, wo Dahlin sich auskennt, wo es über Stasi-Agenten ein gutes Kontaktnetz gibt, das bis weit in die schwedischen Behörden hineinreicht. Vernichtung der belastenden Akten und Dokumente in den DDR-Archiven, Papiere und Einträge in den schwedischen Melderegistern, das Schweigen der zuständigen Stasi-Offiziere: alles kein Problem. Das MfS hat nach seiner Zerschlagung kein Interesse, als Pate des westdeutschen Linksterrorismus dazustehen, deshalb wird so viel wie möglich so schnell wie möglich unter den Teppich gekehrt. Übrig bleiben ein paar Aktenschnipsel und vielleicht einige verdutzte Arbeitskollegen, die sich fragen, wohin der frisch eingebürgerte Kollege so plötzlich verschwunden ist. Aber das alles geht im Trubel der Wendejahre unter. Gleichzeitig knüpft Janus Dahlin in Schweden nach vier Jahren Auslandsaufenthalt wieder an sein altes Leben an. Er bringt sogar sein Studium zu Ende, wird Lehrer. Im Gepäck hat er eine neue Freundin, Frederika Blomqvist, alias Kathrin Winkler. Irgendwann später trennt sich das Paar, vielleicht wiegt der Ballast der gemeinsamen Vergangenheit zu schwer. Winkler alias Blomqvist zieht nach Nordschweden und heiratet Peter Hakelius. In Lessebo wird ein neuer Landbriefträger eingestellt: Olof Andersson, ein Einzelgänger mit merkwürdiger Aussprache. Ruth Meringer lebte möglicherweise auch eine Zeit lang in Schweden, traut sich dann aber zurück nach Westdeutschland, sie wird

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