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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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ich sei abergläubig. Aber er ist humorvoll damit umgegangen. Es gab anderes, das uns verband. Das wir miteinander geteilt haben.«
    Die Träne balancierte immer noch auf ihrer Oberlippe, dann lief sie herunter und verschwand.
    »Auch das Weltbild?«, fragte Nyström. »Das, was du Historischen Materialismus genannt hast?«
    »In weiten Teilen schon. Aber ich war längst nicht so konsequent wie Janus. Ich meine, sieh dich hier um. So stellt man sich nicht gerade ein sozialistisches Kollektiv vor. Ich bin zwar Lehrerin, aber ich bin in eine reiche Familie hineingeboren worden.«
    »Du bist die Tochter von Eric Saale. Von den Papierwerken«, stellte Nyström fest.
    »Oberklasse«, sagte Saale nüchtern.
    Noch so ein Begriff, der Nyström antiquiert vorkam. Aber war er das wirklich? Sie betrachtete die alten Möbel, die schweren Teppiche, die meterhohen Vasen, die sie aus den Showrooms der Glasmanufakturen Kosta Boda und Orefors kannte und von denen sie wusste, was sie kosteten.
    »Es gibt einen Kreis von Leuten, politische Freunde. Ich bin manchmal dabei, aber nicht regelmäßig. Wir treffen uns und diskutieren. Manchmal fahren wir zu Demonstrationen nach Malmö oder Göteborg. Eine Partei sind wir nicht, eher ein loser Kreis von Freidenkern. Du solltest die anderen treffen, wenn du über Janus sprechen willst.«
    »Janus und du, habt ihr zusammen gelebt?«
    Das Licht fiel jetzt in einem anderen Winkel auf Sara Saales Gesicht, ihre Züge wirkten weicher.
    »Manchmal«, sagte sie.
    19
    Anette Hultin und Göran Lindholm fanden den alten Saab mit der auffälligen Haifischmaullackierung auf dem Parkplatz des Kafé de Luxe. Er stand zwischen einem bonbonfarbenen, amerikanischen Straßenkreuzer mit Heckflossen und einer giftgrünen Corvette, in der zwei Plüschwürfel am Rückspiegel hingen.
    »Heute ist hier Rock-’n’-Roll-Tag«, erklärte Lindholm.
    Obwohl der Nachmittag bereits in den Abend überging, stand die Sonne hoch am Himmel und es war noch immer warm. Die jungen Menschen, die auf der Holzterrasse des de Luxe saßen und Bier oder Cider tranken, trugen T-Shirts oder Blusen, niemand hatte eine Jacke an.
    »Schon wieder ein Kostümfest«, murmelte Hultin. Ihr Befremden war nicht zu überhören.
    In der Tat war das Gros der Leute an den Tischen im Stil der Fünfzigerjahre gekleidet und zurechtgemacht: Viele der jungen Männer hatten Koteletten und Elvis-Tollen und zurückgekämmte Ducktail-Frisuren, die Frauen trugen Capri-Hosen oder Petticoats und ihre Haare waren überwiegend zu Pferdeschwänzen gebunden. Beinahe jeder schien an Unter- und Oberarmen tätowiert zu sein. Aus den Lautsprechern des Biergartens schepperte Eddie Cochran.
    »Rock ’n’ Roll ist Schwedens größte Subkultur. Größer als Techno oder Emo«, sagte Lindholm.
    »Was ist denn Emo?«, fragte Hultin.
    »Wo warst du eigentlich in den vergangenen hundert Jahren?«, wunderte sich Lindholm.
    Sie fanden Raggar-Ronny an einem der letzten Tische. Ron Norrquist war groß und bullig und hatte seinen Arm um eine zierliche Frau mit blondiertem Haar geschlungen, die auf seinem Schoß saß und in sämtlichen Proportionen etwa halb so groß wirkte wie Ronny. Mommy’s boy verkündete das Tattoo auf seinem Arm, ein Spruchband, das von zwei Schwalben im Schnabel gehalten wurde.
    »Polizei Växjö«, stellte sich Hultin vor.
    »Wir hätten da ein paar Fragen«, fügte Lindholm an und versuchte, seiner Stimme möglichst viel Bass zu verleihen.
    »Hi! Ich bin Mommy«, piepste die Blonde und schob ihre Sonnenbrille ins Haar.
    »Mit der abgesägten Radarfalle habe ich nichts zu tun«, sagte Ronny und hob beschwichtigend seine Arme.
    20
    »Wie sich herausgestellt hat, waren Ronny und Mommy tatsächlich die halbe Nacht auf Hissö«, sagte Lindholm. Die Ermittler saßen am großen, ovalen Tisch im Besprechungszimmer des Polizeipräsidiums. Es war nach acht Uhr am Abend. Hinter der getönten Panoramascheibe ging die Sonne wie ein orangefarbener Ballon über der drohenden Doppelspitze des Doms unter. Gleich wird er aufgespießt und platzt, dachte Stina Forss. Irgendjemand hatte gekühlte Coladosen besorgt. Bis auf Nyström, die Wasser trank, klammerten sich alle dankbar an das kalte Blech. Die Klimaanlage war ausgefallen und die Fenster waren so modern und energieeffizient, dass sie sich nicht öffnen ließen. Schließlich schmückte sich Växjö seit Jahren mit der Behauptung, die grünste Stadt Europas zu sein.
    »Zuerst haben sie die Burger gemampft, die sie sich

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