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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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ein Glas eisgekühltes Wasser ein und trank es in einem Zug aus. Das Wasser war so kalt, dass es in ihrem Kopf und ihrer Brust schmerzte. Nach wenigen Sekunden war der Schmerz in ihrem Kopf weg, aber ihre Brust tat immer noch weh. Genau genommen ihre linke Brust.
    Da war dieses Ziehen.
    Ein Druck, ein Spannungsgefühl.
    Es ging von dem Knoten aus, den sie vor anderthalb Wochen ertastet hatte. Und zwar genau an der Stelle, an der ihre Brust im letzten Winter gequetscht und verletzt worden war, als sie der Verbecher Jan-Åke Bingström brutal überfallen hatte. Und das war das Unmögliche: als wäre in ihrer Brust ein Keim des Bösen aufgegangen.
    Das war ein Gedanke, den sie nicht akzeptierte.
    Ein Gedanke, den Anders niemals akzeptieren würde.
    Und das machte es so schwer, damit umzugehen.
    Das, und die Angst davor, Krebs zu haben.
    7
    »Nachtangeln ist eine Philosophie«, sagte Johan Sjöfors, wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und lehnte sich auf den Spaten, der vor ihm im dunklen Boden steckte. Er und Knutsson standen im Schatten einer ausladenden Eiche und sahen auf die hügelige Landschaft und die üppige Vegetation von Råshults Reservat hinaus, einer mehr als vierzig Hektar großen Kulturlandschaft, die man zu Ehren des hier geborenen Naturforschers und Biologen Carl von Linné angelegt hatte und im Stile des 17. Jahrhunderts bewirtschaftete.
    »Aber wir können uns auch drüben im Gartencafé unterhalten. Ich wollte sowieso bald Mittagspause machen. Wie es mit dir steht, weiß ich nicht, aber ich bin ziemlich hungrig«, sagte der Gärtner.
    »Na, und ob!«, sagte Knutsson. Seine Augen leuchteten.
    Während des Essens unter Obstbäumen – es gab Gemüsepüree, Dillkartoffeln und Omelett, alles biodynamisch in den umliegenden Ländereien angebaut, wie die Bedienung stolz anmerkte – dozierte Sjöfors über die meditative Versunkenheit während des Nachtangelns.
    »Die Ruhe da draußen: Man verliert sich darin. Es kann unbeschreiblich sein. Eine vollkommene Leere, aber gleichzeitig die Anwesenheit von allem, dem Universum und so. Zen, wenn du weißt, was ich meine.«
    Knutsson wusste nicht so genau, was Sjöfors meinte, aber er ahnte, dass es vielleicht etwas mit dem Gefühl innerer Erhebung zu tun haben könnte, das er selbst am Morgen im Anblick des Sees verspürt hatte. Er nickte beflissen, während er kaute.
    Sjöfors fuhr fort: »Es ist beinahe so, als würden sich in einem Türen öffnen. Zu einer höheren Ebene oder so etwas. Erkennen. Erleben. Eins sein.«
    Sein Blick glitt in die Ferne.
    »Ach so, verstehe. Aber Fische fängst du auch?«
    »Fische?«
    Sjöfors wirkte für einen Moment irritiert. So als habe Knutsson mit seiner profanen Frage eine der gerade geöffneten inneren Türen zugeschlagen.
    »Ja, natürlich fange ich auch Fische. Ich räuchere und esse sie auch. Wobei, eigentlich bevorzuge ich die Formulierung › sie dem großen Kreislauf zuführen ‹.«
    Sjöfors schrieb mit seiner Gabel eine Kreisbewegung in die Luft.
    »Aha«, brummte Knutsson und unterdrückte ein Aufstoßen. »Mir geht es speziell um die frühen Stunden am Sonntagmorgen. Da warst du doch mit deinem Boot draußen und hast geangelt?«
    »Ja.«
    »Etwa sechs Uhr. Zwischen Musön und dem östlichen Seeufer Höhe Humlehöjden. Ist dir dort etwas aufgefallen, ein anderes Boot zum Beispiel?«
    »Mmh.«
    Sjöfors kratzte sich am Kinn. Aus seinem Bart rieselten Schuppen auf seinen Teller, aber das schien er nicht zu bemerken.
    »Schwer zu sagen.«
    »Wegen der Versunkenheit? Diesem Zen?«
    »Genau. Ich könnte versuchen, mich zu erinnern. Es gibt da Techniken aus dem alten Indien. Man braucht natürlich das richtige Mantra und eine bestimmte Sitzposition, Yoga, wenn du weißt, was ich meine ...«
    »Natürlich«, sagte Knutsson und nickte langsam. »Und meinst du, du könntest diese Techniken gleich jetzt und hier ...?«
    Sjöfors sah auf seine Armbanduhr. Gleichzeitig schraubte er nachdenklich an seinem Nasenpiercing.
    »Eine halbe Stunde Pause hätte ich noch.«
    »Na, prima!«, rief Knutsson und grinste breit. Dann winkte er nach der Kellnerin. »Ich trinke solange einen Kaffee und esse ein Stück von dem biodynamischen Käsekuchen.« Das heißt, ich führe es dem großen Kreislauf zu , dachte er und rieb sich zufrieden den Bauch.
    8
    Das falunrote Haupthaus, das mit seinen kleineren Nebengebäuden, der Scheune und dem weiß lackierten Futtersilo umgeben von Weideland auf einem Hügel in der welligen

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