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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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aus Olof Andersson nicht schlau. Ein zurückgezogen lebender Landbriefträger, der in einer heruntergekommenen Bude gehaust, Comics gelesen und elektronische Musik produziert hatte. Das passte alles nicht recht zusammen. Und nun war der Mann tot, auf die grausamste Weise ermordet worden, die man sich nur vorstellen konnte.
    15
    Ingrid Nyström hatte Pelle Alving, den Postangestellten, der in Lessebo die Nachtschicht hatte, aus dem Schlaf geklingelt. Jetzt saß ihr der Mann seit einer Viertelstunde in einem Jogginganzug gegenüber. Die Nachricht vom Tod seines Kollegen machte ihn fassungslos.
    »Warum?«, fragte er wieder und wieder, »warum sollte jemand Olof töten wollen? Den stillen Olof?«
    »Ja«, sagte Nyström. »Warum?«
    »Sag du es mir!«, bellte Alving unvermittelt. »Du bist doch die Polizistin!«
    Sie ließ ihm seinen Zorn. Sie wusste, wie unterschiedlich Menschen mit ihrer Trauer, mit dem Schock umgingen.
    »Wir stehen noch ganz am Anfang«, sagte sie behutsam.
    Alving hatte sein Gesicht mit den Händen bedeckt. Sehnen und Adern traten unter seiner Haut hervor, als seien sie aus dickem Draht. Über seinem Kopf surrten winzige Fruchtfliegen, die Küche roch nach reifem Obst, so als habe jemand vor Kurzem Pflaumen eingekocht.
    Alving nahm die Hände von seinem Gesicht und legte sie auf die Tischplatte. Sie wirkten riesig. Er sah Nyström in die Augen.
    »Scheiße, ich mochte ihn. Ich mochte ihn wirklich. Auch wenn keiner wusste, wer er war.«
    In Nyströms Kopf arbeitete es.
    »Wie meinst du das? Wenn keiner wusste, wer er war? «
    »Ich meine, wer er wirklich war. Als Mensch. Hinter seiner Mauer. Da hat er keinen hineingelassen. Aber da war was, das habe ich gespürt. Ich mochte ihn. Ich mochte ihn wirklich.«
    »Woher kam das, wenn er sich so eingekapselt hat? Deine besondere Zuneigung zu ihm?«
    Alvings Augen weiteten sich.
    »Ich bin nicht schwul oder so was. Falls du das denkst.«
    »Das geht mich nichts an«, sagte Nyström schnell. Kurz dachte sie an ihre Tochter Anna. »Und es wäre ja auch okay.«
    »Klar wäre das okay«, sagte Alving. »Aber so ist es nicht. Es ist anders. Seit meine Frau verstorben ist, bin ich ziemlich alleine hier draußen. Lessebo ist nicht gerade der Mittelpunkt der Welt, wenn du verstehst, was ich meine. Und wenn man nicht von hier stammt, macht es das auch nicht gerade einfacher. Und ohne Kinder ... Freunde können da guttun. Mal mit jemandem reden, ein Bier trinken.«
    »Und Olof war so ein Freund?«
    »Nein. Das ist es ja eben.«
    Nyström hob eine Augenbraue. Alving fuhr sich durchs Haar.
    »Er ... konnte nicht.«
    »Konnte nicht?«
    »Ja. Er brauchte jemanden, genauso wie ich, das spürte man. Einmal waren wir angeln. Da hat er es zugelassen. So etwas wie Freundschaft. Nähe. Und das meine ich nicht körperlich! Er hat mir von der Musik erzählt, die er macht. Wie gerne hätte ich die gehört, vielleicht war er ein richtiger Künstler.«
    »Aber?«
    »Am nächsten Tag bei der Arbeit war er wieder wie ausgetauscht. Wie eingefroren. So, als wär unser Ausflug ein großer Fehler gewesen. Als hätte er nie stattgefunden. Dabei ist es geblieben. Ich weiß bis heute nicht, was sich hinter seinen Mauern befindet.«
    Seine Augen waren feucht. Eine der Fruchtfliegen war auf seiner Stirn gelandet, aber er schien es nicht zu bemerken oder es störte ihn nicht.
    »Glaubst du, dass er religiös war?«
    Wenn Alving die Frage verwunderte, dann zeigte er es nicht. Er schüttelte den Kopf.
    »Nicht, dass ich wüsste. In die Kirche gegangen ist er nicht. Jedenfalls nicht hier in Lessebo.«
    16
    »Sag bitte, dass das nicht wahr ist«, sagte Delgado. Sein dunkles Gesicht glänzte vor Schweiß.
    Auf dem Ausdruck aus dem Online-Lexikon, den er in der Hand hielt, stand es schwarz auf weiß.
    Sankt Adrianus oder Adrian von Nikomedien (Hadrian von Nikomedia) war ein römischer Offizier und christlicher Märtyrer, der nach der Legende am 4. März 306 in Nikomedia unter dem römischen Kaiser Galerius Valerius Maximianus, einem erbitterten Gegner des Christentums, durch das Abschlagen der Hände, das Zertrümmern der Beine auf einem Amboss und anschließende Enthauptung den Tod fand. Sankt Adrianus ist Schutzpatron der Soldaten, Waffenhändler, Wachen, Schmiede und Metzger. Er hilft gegen Seuchen wie die Pest und gegen Epilepsie.
    »Wir haben einen zweiten toten Märtyrer«, sagte Lindholm.
    »Ein Doppelmord«, krächzte Delgado. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    17
    Lars Knutsson

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