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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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Bühnenscheinwerfers aus. Die Schatten im Zimmer veränderten sich, wurden länger und dunkler, das Gespräch stagnierte. Sie traten auf der Stelle. Es gab so vieles, das sie aufhielt, so vieles, das sie am Weiterkommen hinderte. Und damit meinte sie nicht die vielen Rätsel, vor denen sie standen. Die tausend offenen Fragen und Ungereimtheiten der Ermittlungen. Sie meinte die inneren Hürden. Die mentalen und emotionalen Grenzen, an die jeder im Team stieß.
    Den Schock und das Entsetzen über die grauenhaften Taten.
    Und da war natürlich die Angst davor, dass es weitergehen würde.
    Dass die Pfeile, der abgetrennte Kopf, die abgeschnittenen Hände, die zertrümmerten Gliedmaßen, dass das alles noch nicht das Ende war.
    Ein Doppelmord, hatte Delgado gesagt und manches sprach dafür, dass er recht hatte. Da war der nicht zu leugnende Ritualcharakter der Taten. Die religiöse Aufladung der Morde. Die massive Übertötung. Das Kalkül. Die Wahl der Opfer, die sie bisher nicht verstanden. Doppelmord, einmal ausgesprochen, stand das Wort im Raum, so drückend und unerträglich wie die schwüle, verbrauchte Luft.
    Noch konnte man natürlich hoffen, dass es bei den beiden Toten blieb. Zwei einzelne Morde, singuläre Beziehungstaten. Vielleicht die Rache einer Frau, die von Dahlin und Andersson vergewaltigt worden war. Oder die Vergeltung eines um den Anteil an einer Beute betrogenen Gangsters. Womöglich ein politisches Verbrechen. Man konnte sich alles vorstellen, denn im Grunde musste Nyström sich eingestehen, dass sie über den Täter – wenn es denn überhaupt ein Einzeltäter war – bisher so gut wie gar nichts wussten. Na schön, es gab Zeugen, die ein Wohnmobil oder einen Wohnwagen in der Nähe des einen Tatorts gesehen haben wollten, aber was hieß das schon in einer Region, in der es im Sommer nur so von Campingtouristen wimmelte? Sie hatten die zurückgelassenen Harpunenpfeile und die Angelschnur, mit der Dahlin gefesselt worden war, die Haken, mit denen das Fleischstück auf Musön präpariert gewesen war, aber das waren Dinge, die man in jedem Fachgeschäft oder, wie im Fall der Pfeile, problemlos im Internet bekommen konnte, Hinweise ohne Wert. Einzig und allein das Haar, das man auf Dahlins Leichnam gefunden hatte, war bisher von Nutzen gewesen – als Ausschlusskriterium des Verdächtigen Magnus Hasselgreen, an dessen Schuld sie allerdings eh zu keinem Zeitpunkt geglaubt hatte. Die Spurenlage war erbärmlich, auch wenn die Ergebnisse der Auswertung des zweiten Tatorts noch ausstanden. Und zusätzlich, als wär das alles noch nicht genug, waren da noch die merkwürdigen Zeichen, die sie an der Domkirche und der Filiale der Nordea-Bank gefunden hatten und die möglicherweise in einem Zusammenhang mit den beiden Morden standen. Es fühlte sich an, als sei es Ewigkeiten her, dass sie in den frühen Morgenstunden im hohen Gras neben den roten Kirchenmauern gestanden und die Einschusslöcher betastet hatte, dabei war das alles heute, alles an ein und demselben Tag passiert.
    Wir brauchen ein Bindeglied, dachte sie. Wir brauchen als Erstes das, was Janus Dahlin und Olof Andersson miteinander verbindet. Sankt Sebastian und Sankt Adrianus, im Tod waren die beiden Männer zu Heiligen geworden, zu Märtyrern. Aber es musste darüber hinaus etwas geben, das sie im Leben verbunden hatte. Das sie mit dem Täter verbunden hat, eine Gemeinsamkeit, so unterschiedlich sie auf den ersten Blick wirkten. Da war Dahlin, der politisch engagierte Aushilfslehrer, der, obwohl er augenscheinlich in einer beruflichen Sackgasse gelandet war, ein volles, ja vielleicht sogar erfülltes Leben führte. Er unterhielt eine Art offene Beziehung zu einer klugen, schönen und reichen Frau, Sara Saale. Er hatte sexuelle Affären mit anderen Frauen. Er hatte politische Freunde und Genossen. Er hatte seinen Hund und einen Bastelschuppen. Irgendwie stellte sie sich ihn als einen in die Jahre gekommenen Lebenskünstler vor. Einen kämpferischen Althippie, der eigentlich nicht mehr richtig in die moderne Zeit passte und doch irgendwie seinen Weg im Leben gefunden hatte. Dagegen Andersson: ein Landbriefträger, der sich in einem baufälligen Haus in einem Provinzstädtchen eingeigelt hatte. Dem jede soziale Aktivität, jeder Kontakt zu seinen Mitmenschen unangenehm war. Ein einsamer Wolf, der Comics las und seltsame Musik komponierte. Was hatten diese beiden so verschiedenen Männer gemein? Göran Lindholm hatte darauf hingewiesen, dass sie in

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