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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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rief Delgado ihm hinterher.
    Einige Minuten später kam Lindholm mit zwei dampfenden Tassen zurück. Sein Atem roch auffällig nach Pfefferminz. Delgado ließ den Umstand, dass sich sein Kollege offensichtlich hatte übergeben müssen, unkommentiert. Er sah noch immer auf das fürchterliche Foto auf dem Bildschirm seines Computers und massierte sich die Stirn, dann griff er nach der Tasse, die Lindholm ihm entgegenhielt. Der junge Mann hatte seine Gesichtsfarbe teilweise wiedergefunden.
    »Beschreib mir, was du siehst«, sagte Delgado.
    Lindholm blies auf seinen Kaffee, dann räusperte er sich.
    »Einen Mann ohne Kopf?«, schlug er vor.
    »Genauer. Beschreib es genauer«, drängte Delgado.
    »Ich weiß nicht, Hugo ...«
    »Versuch es!«
    »Eine Enthauptung ...«
    Enthauptung schrieb Delgado in das Eingabefenster von Google.
    »... abgeschlagene Hände ...«
    Delgado tippte.
    »... zertrümmerte Beine ...«
    Delgado schrieb auch das.
    »Mehr!«, forderte er.
    Lindholm stöhnte auf.
    »Da ist nicht mehr!«
    Delgado brummte etwas und drückte auf Enter.
    Die erste Seite, die angezeigt wurde, war ein Zeitungsartikel über den Drogenkrieg in Mexiko.
    Die zweite Seite war eine Sammlung von Berichten über Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen von politischen Gefangenen in Unrechtsregimen.
    Die dritte Seite war ein Volltreffer.
    Sie lasen gleichzeitig.
    »Fuck«, sagte Delgado.
    »Oh, mein Gott«, sagte Lindholm.
    12
    Nachdem Knutsson die Söderbergs so lange bearbeitet hatte, bis sie ihm versprochen hatten, auch wirklich in den Urlaub zu fahren und so vor dem zu erwartenden Auflauf von Sensationsjournalismus zu fliehen, wandte er sich den anderen Nachbarn zu. Als er am nächsten Haus klingelte, wurde ihm so rasch geöffnet, dass er den Verdacht hegte, der kleine, ältere Mann, der da im Morgenmantel vor ihm stand, habe direkt hinter der Tür gestanden und nur auf das Signal gewartet. Karl Franzén führte Knutsson in sein Wohnzimmer. Dem Ermittler fiel auf, dass das Haus denselben Grundriss hatte, wie das von Andersson und auch das der Söderbergs. Nur erwartete ihn hier weder ein kopfloser Leichnam noch Batterien von gepackten Koffern, sondern ein raumgreifendes Miniaturwunderland, eine elektrische Eisenbahnanlage, die auf Tischen in der Mitte des Zimmers montiert war und weit mehr als die Hälfte des Raumes füllte.
    »H0«, sagte Franzén.
    »Wie bitte?«
    »Die Spurbreite heißt so«, erklärte der Mann und der Stolz in seiner Stimme war nicht zu überhören. »H0. Maßstab1:87. Von Märklin. Echte Qualitätsarbeit. Die sind die besten.«
    »Beeindruckend«, flötete Knutsson. Er bemühte sich, charmant zu sein. Bei Spinnern und Fanatikern wirkt die Masche immer noch am besten, dachte er, auch wenn er sich noch nicht sicher war, welchem der beiden Lager er Franzén zuordnen sollte. Dass ein erwachsener Mensch, dessen Wohnzimmer wie die Spielwarenabteilung eines Kaufhauses eingerichtet war, nicht mehr alle Sinne beieinander haben konnte, stand für ihn außer Frage.
    »Und so detailreich! Die Züge, die Bahnhöfe, die ganzen Brücken, Berge und Seen, sogar kleine Kühe gibt es, fantastisch!«, heuchelte er.
    »Nicht wahr?«, freute sich Franzén und rieb sich die Hände. »Kaffee?«
    »Hast du einen Vollautomaten?«, fragte Knutsson hoffnungsfroh.
    »Besser!«, grinste Franzén. »Pass auf!«
    Der Alte griff nach einer Schaffnermütze, die an einem Haken an der Wand hing, und setzte sie auf sein schütteres Haar. Dann ging er zwei Schritte auf die Anlage zu und machte sich an einem Pult mit unzähligen Schaltern, Reglern und Bedienelementen zu schaffen.
    »Ich bin nicht ganz unvorbereitet, muss ich gestehen. Ich habe natürlich mitbekommen, dass bei Andersson der Teufel los ist. War ja nur eine Frage der Zeit, bis einer von euch hier auftaucht. Achtung, los geht’s!«
    Er blies in eine Pfeife, die er aus der Tasche seines Morgenmantels genestelt hatte.
    In dem Moment setzte sich einer der Miniaturzüge in Bewegung, eine Lok mit einem Anhänger, einem flachen Waggon. Darauf: zwei Espressotassen. Der Zug fuhr eine Kurve, nahm eine Anhöhe, überquerte auf einer Brücke eine Schlucht und kam dann an einem Bahnhof zum Stehen. Franzén drückte auf Knöpfte. Knutsson traute seinen Augen nicht. Aus der Luke eines Miniaturlagerhauses schwenkte eine Art Ausleger über den Waggon mit den Tassen. Aus einem winzigen Schornstein stob Dampf auf. Knutsson hörte ein Brodeln und Zischen. Dann schoss ein brauner Strahl Kaffee

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