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Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Rotwild: Der zweite Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Signe Danielsson , Roman Voosen
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Forss. »Was für Mauern?«
    Hakelius war jetzt wacher, präsenter als zuvor. So als habe der Schmerz der Schnittverletzung ihn aufgeweckt oder zumindest für einen Moment aus seiner Agonie gerissen.
    »Es gab Orte, da ließ sie niemanden herein. Nicht einmal mich. Innere Orte, Stimmungen, Gefühlslagen. Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Gebiete ihrer Seele, die sie nicht teilen wollte oder konnte. Nicht mit mir, nicht mit den Kindern. Ja, sogar reale Orte.«
    »Reale Orte?«
    Hakelius wies mit seiner umwickelten Hand auf ein gerahmtes Bild an der Wand. Es war die Replik eines Kupferstichs einer Stadtansicht.
    »Dort ist so einer ihrer geheimen Orte: Stuttgart. Bad Cannstatt, um genau zu sein.«
    »Bad Cannstatt. Stuttgart. In Deutschland?«
    Forss und Nyström sahen sich an.
    »Genau. Sie ist ja teilweise dort aufgewachsen, im Ausland, hat dort einen Teil ihrer Kindheit verbracht. Ihr Vater war Ingenieur und einige Jahre bei Porsche, bevor er dann später wieder zu Saab zurückgekehrt ist. Stuttgart ist also ein Stück Heimat für sie. Dennoch waren wir in unserer ganzen Ehe nicht einmal dort. Keine Urlaubsreise dorthin, nichts. Sie hat es schlicht und ergreifend nicht gewollt, obwohl es mich natürlich sehr interessiert hätte. Aber dieser ganze Teil ihrer Jugend war tabu. Ein geheimer Ort. Das meinte ich damit.«
    »In Deutschland also«, sagte Forss nachdenklich. Dann hatte sie einen Gedanken. »Sagt dir die Stadt Osterode vielleicht etwas? Das liegt im Harz.«
    »Nein, nie gehört.«
    »Und ihre Eltern?«, fragte Raipanen. »Haben die etwas über ihre Zeit in Deutschland erzählt?«
    »Nein. Wie denn auch? Meine Schwiegereltern habe ich nie getroffen. Sie sind bei einem Verkehrsunfall gestorben, lange bevor ich Frederika kennengelernt habe.«
    »Sprach sie noch immer Deutsch?«, fragte Nyström.
    »Oh, ja. Sie hatte ja sogar einen leichten deutschen Akzent.« Unvermittelt streifte ein Lächeln Hakelius’ Gesicht. Alle Kanten wurden rund, als berühre ihn eine schöne Erinnerung. »Einmal, ich glaube es war letztes Jahr, waren wir essen, in unserem Lieblingsrestaurant in Skellefteå. Am Nebentisch saßen deutsche Touristen und die haben wohl pausenlos gelästert: über das schlechte Wetter in Nordschweden, das Essen im Restaurant, die angeblich so unfreundlichen Leute. Sie dachten halt, es könnte sie niemand verstehen. Irgendwann ist Frederika dann der Kragen geplatzt. Wenn hier alles so schrecklich ist, dann fahrt doch zurück ins Rheinland! Hat sie denen gesagt. Auf Deutsch. Die haben vielleicht blöd aus der Wäsche geguckt!«
    Raipanen schmunzelte. Nyström und Forss sahen sich wieder an. Sie verstanden beide. Es entstand ein Netz aus Bedeutungen. Es wurde dichter und dichter, auch wenn die Maschen noch grob waren, auch wenn sich noch nichts Handfestes darin verfing. Doch sie spürten, dass sie sich annäherten.
    Einem Zentrum.
    Dem Fang.
    »Ich will jetzt zu meinen Kindern«, sagte Peter Hakelius und Tränen rannen über die Furchen seines Gesichts.
    8
    Als Lars Knutsson am späten Nachmittag nach Hause kam, war er erschöpf und genervt. Er mochte es ganz und gar nicht, wenn allzu viel Ungewöhnliches auf einmal geschah. Wenn die Dinge nicht ihre angestammten Wege gingen. Wenn Chaos herrschte. In seiner Welt gehörte alles an seinen festen Platz. Und davon konnte im Moment ja wohl keine Rede sein: die fürchterliche Mordserie, der verdammte Presserummel mit Fernsehübertragungswagen vor dem Revier und dreisten Journalisten, die ihn bis zum Parkplatz verfolgten, die hohe Anzahl Überstunden, der Stress. Jeder schien verrückt zu spielen. Dazu kam, dass Ingrid Nyström wegen der Spur in Nordschweden den ganzen Tag abwesend gewesen war und Stina Forss, die Neue, die sich entgegen seinen Befürchtungen eigentlich ganz beachtlich schlug, gleich mitgenommen hatte. Vor morgen Nachmittag würden sie nicht zurück sein. Dabei ging im Präsidium alles drunter und drüber. Halbvier-Erik machte mit seiner glatten, aber gleichzeitig nervösen und vorwurfsvollen Art alle ganz irre, Anette Hultin schmollte, weil nicht sie mit nach Norsjö genommen worden war, und Hugo Delgado spielte sich, eskortiert von seinen Jönköpinger Computerheinis, zum Chef der Ermittlung auf. Rasterfahndung , wenn er solch einen Quatsch schon hörte, rollten sich ihm die Fußnägel hoch. Sollte Hugo doch den jungen Lindholm dafür einspannen, seinen merkwürdigen Internetindizien nachzugehen. Im Fall des armen Magnus

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