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Rotzig & Rotzig

Rotzig & Rotzig

Titel: Rotzig & Rotzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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alles.“
    „Ah verdammt.“ Mit einiger Mühe machte ich einen Schritt rückwärts, dann noch einen, und irgendwann saßen wir uns schwer atmend gegenüber, einer blasser als der andere.
    „Okay“, sagte ich schließlich. „Du hast mir 'nen Schrecken eingejagt, und ich dir. Sollen wir sagen, wir sind quitt?“
    Er sah mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte. „Quitt? Wir und quitt? Du hast unten vorm Haus gewonnen - vor meinen Jungs -, du hast auf dem Spielplatz gewonnen - wieder vor meinen Jungs -, und du hast gerade eben gewonnen. Aber - ich schwör auf alles - nächstes Mal, wenn wir uns begegnen, gewinne ich. Und wenn du dann im Dreck liegst, in deinem Blut, Hausmeister, dann können wir uns noch mal darüber unterhalten, ob wir quitt sind.“ Damit stand er auf und ging.
    Ah, verdammt. Hätte ich ihn mal in den Schacht fallen lassen.
    Nach und nach beruhigte sich mein Puls und damit auch mein Denken. Bei meinem letzten Besuch hier oben war die Tür zum Maschinenraum noch fest verschlossen gewesen. Ich krabbelte auf die Füße, ging rüber und sah sie mir an. Der Schlosszylinder war geknackt, mittendurch, und zwar an der dafür vorgesehenen Stelle, der Sollbruchstelle, die eigentlich nur Schlüsseldienste kennen. Und Einbrecher.

TAG 4
    Es dauerte eine Weile, bis ich einen entdeckte, doch dann bedurfte es nur noch eines schneidigen Überholmanövers unter Einbeziehung heftig protestierenden Gegenverkehrs, und Blaulicht fächelte mein Genick. Als wir schlitternd in den Wohnpark Nord einbogen, hatten sie längst auch das Martinshorn eingeschaltet. Ich stoppte mit kreischenden Reifen direkt vor meiner Haustür, stieg aus und schenkte den aus ihrem Streifenwagen hechtenden Beamten einen Blick enormer Verblüffung und vollkommener Unschuld. Dann zupfte ich mir beidseitig Ohrhörer raus und sagte: „Ich hab Sie gar nicht bemerkt. War ich etwa zu schnell?“ Sie platzten wie Luftballons.
    Der Fahrer, pflaumenblau im Gesicht, brüllte unverständliche, spuckeschäumende Satzfetzen, während der Beifahrer mich gewaltsam herumwirbelte, mir die Hände aufs Wagendach zwang, die Füße auseinanderkickte und mich dann auf Waffen abtastete. „Mein Rücksitz ist total voll mit Umzugskartons“, erklärte ich, ganz Sachlichkeit und Wahrheitsliebe. „Darum hab ich Sie nicht im Spiegel gesehen.“ 0 mein Gott, wie sie das hassten. Sie hatten auf Widerstand gehofft, sich darauf gefreut, >Gefahr im Verzug<, >Notwehrsituation< und >Zwang zum Einsatz von Schlagstock und Dienstwaffe< in ihre Berichte zu tippen, und nun das. Und damit nicht genug: Jetzt konnten sie auch noch hingehen und jeden Einzelnen der zur Verstärkung angeforderten und mit maximalem Spektakel angejagt kommenden, anderen Streifenwagen wieder wegschicken.
    Im Endeffekt zeigten sie mich wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr an, falteten mir die Kennzeichen zusammen (wegen Reifen, Felgen, Auspuff, abgelaufener Stempel und ein paar anderer Bagatellmängel) und nötigten mich schließlich, vor den Augen einer erklecklichen Anzahl Schaulustiger, die >ungenügend gesicherte Ladung< von meinem Autodach zu schnallen. Was ich gern tat, hatte ich doch dafür den ganzen Zirkus hier überhaupt veranstaltet. Kaum jemandem im gesamten Wohnpark Nord dürfte entgangen sein, dass der neue Hausmeister Ärger mit der Polizei gehabt und anschließend einen riesigen, flatschneuen Flachbildschirm rauf in sein Apartment geschafft hat.
    Dass das Scheißding nicht funktionierte, konnte und brauchte niemand zu wissen. Hier ging es nur um die schiere Größe und damit das Wecken einer entsprechenden Begehrlichkeit.
    Ich hatte die Schnauze voll, das war's. Ich hatte keinen Bock mehr, mich von Halbwüchsigen bedrohen, von verbiesterten Witwen beleidigen und von zwei kleinen Hosenscheißern verarschen zu lassen. Ich wollte weg hier, egal wohin. Dafür nahm ich ein bisschen Theater mit den Bullen gern in Kauf. Ich fange eh immer an, mich irgendwie angejahrt und ranzig zu fühlen, wenn ich nicht alle paar Wochen mal mit denen aneinandergerate.
    Kittel an, Listen her. Längst nicht alle der Opfer von Einbrüchen waren der Initiative gegen Kriminalität etc. beigetreten, doch ein Großteil beteiligte sich am Mietstreik. Und die es taten, führten meine Liste der Geschädigten an. In Rot. Sie galt es aus Sicht der WODEGA zu besänftigen und wieder auf Zahlungswilligkeit zu trimmen.
    Ich begab mich auf eine Runde, Klemmbrett unterm Arm, Hund an der Hacke. Struppis

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