Rotzig & Rotzig
Aufgabe war es, das Eis zu brechen und sich all der Häppchen anzunehmen, die ich verweigerte.
Meine Aufgabe war das Zuhören, das Sammeln von Informationen und das Ziehen genialer Rückschlüsse. Machen wir's kurz: Zumindest der Hund erledigte seinen Part mit Bravour.
Nach allem, was ich erfuhr, zeigten der oder die Einbrecher kein spezielles Beuteschema. Sie hatten es auf alles leicht Tragbare und flott zu Verhökernde abgesehen: Game-Konsolen, Handys, Fernseher und DVD-Player, Schmuck, Bares und immer mal wieder Fahrräder.
Wieso, fragte ich, stellt eigentlich niemand seine Räder in den Fahrradkeller?
Weil der seit bestimmt zwei Jahren nicht mehr zugänglich war. Abgeschlossen. Hm.
Die Methoden des Einstiegs waren sich ähnlich. Meist ging es über den Balkon oder durch die Wohnungstür, manchmal auch durch ein Fenster, immer in Abwesenheit der Mieter und fast immer gewaltsam mit Hilfe eines Brecheisens oder ähnlichen, artverwandten Werkzeugs.
Dann stellte ich reihum die unausweichliche Frage nach persönlichen Verdächtigungen. Auch hier waren die Antworten vorhersehbar und so wenig hilfreich wie spezifisch: die Hoodies, die Zwillinge, Klau-Kids, die Russen aus Haus Nr. 14, die Iraker aus Haus Nr. 7, die Neger aus Haus Nr. 11, die Marokkaner, die Kasachen, die Zwillinge, linke Autonome, rechte Autonome, Rauschgiftsüchtige, Zigeuner, die Zwillinge. Irgendwann gab ich auf. So kam ich nicht weiter.
Ich nahm die Treppe. Habe Aufzüge noch nie gemocht. Die mit Hausmeister beschriftete Wohnungstür in der zehnten Etage stand einen Spaltbreit offen. Jemand hatte während meiner Runde das Schließblech rausgebrochen, gewaltsam. Ich stieß die Tür ganz auf und musste lachen. Der Flachbildschirm hatte sich nicht lange bei mir gehalten. Es ist schon ein bisschen irre, wenn man dabei zusehen kann, wie ein Plan Gestalt annimmt.
Als Erstes rief ich Scuzzi an, den ich schon vor Stunden in einer leeren Wohnung mit freiem Blick auf den Hauseingang einquartiert hatte.
„Nee“, antwortete er. „Da ist keiner mit irgendetwas in dieser Größe aus dem Haus gekommen. Und falten kann man das Ding ja schlecht.“
Ich bat ihn, noch ein bisschen auszuharren.
Der Bildschirm befand sich also nach wie vor im Gebäude. Und Metin Daimoglu wohnte im sechsten Stock.
Ich lief runter ins Erdgeschoss und leichten Fußes zum Spielplatz, mit Struppi im Schlepptau, für alle Fälle. Ein umfassendes Geständnis, und ich konnte Metin vielleicht die Schmach von Bloßstellung, Hausdurchsuchung und Verhaftung ersparen. Alles, was es brauchte, war ein umfassendes Geständnis und Gelöbnis der Besserung, schriftlich festgehalten und unterzeichnet, und ich war so gut wie weg hier.
Auf dem sonst so verlassenen Spielplatz war die Hölle los. Eine Kettensäge jaulte, ein Laubbläser heulte, Menschen beiderlei Geschlechts und aller Altergruppen fuhrwerkten mit Schubkarren, Schaufeln, Harken und Besen herum, andere lackierten Klettergerüste, wieder andere schmierten Brötchen und verteilten Becher mit Kaffee und Glühwein. Selbst Roland Siebling hatte sich von seinem PC losgerissen und lief aufgescheucht hin und her. Und mitten unter all diesen Leuten, oder besser, nein, etwas am Rand, aber trotzdem eifrig beschäftigt: die Hoodies. Alle fünfe.
Siebling schien das Kommando zu haben, oder glaubte es zumindest. Also griff ich ihn mir und fragte etwas indigniert, wieso man mich, in meiner Funktion als Verwalter, nicht über diese Aktion informiert hatte. „Weil das eine Demonstration der Initiative gegen Kriminalität und Vandalismus ist. Wir helfen uns selbst und helfen uns gegenseitig, gerade da, wo sich die WO-DEGA gleichgültig zeigt. Und zwar in enger Zusammenarbeit mit der Polizei.“ Er deutete auf den im Dienst ergrauten, tadellos uniformierten Kontaktbereichsbeamten, der das ganze Gewusel mit wohlwollender Strenge beobachtete.
Er hieß POM Schuster und erzählte mir auf Anfrage, dass die Hoodies schon den ganzen Vormittag auf dem Spielplatz zugange waren, alle fünf, ausnahmslos und ohne Pause. Sie schnitten Büsche, für eine bessere Einsehbarkeit von allen Seiten.
Ausnahmslos und ohne Pause. Hatte wahrscheinlich den halben Morgen am Glühweinstand herumgelungert und Hausfrauen am Hintern begrapscht, der verbeamtete Schwachkopf, und jetzt ging er hin und gab gleich allen fünf dieser selbst ernannten Gangster ein Alibi. Viel fehlte nicht, und ich hätte ihm zwei Mettbrötchen auf die Klüsen gedrückt. Stattdessen schnappte ich mir
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