Rotzig & Rotzig
meinen dampfenden Atem an.
Reiff saß am Steuer, der Sitz neben ihm war leer. Doch hinten hockten sie dafür gleich zu dritt. Je eine dunkle, massige Gestalt links und rechts, zwischen sich einen Typen ganz in Weiß. Mit einem schwarzen Stirnband um das weiße Handtuch auf seinem Kopf. Traditionelle arabische Tracht, dachte ich, klimatisch nicht wirklich angepasst.
Ein Araber also, mit zwei Bodyguards. Einer von Jean-Luc Reiffs Geschäftsfreunden vermutlich. Nur ein Geschäftsfreund auf dem Weg in die Kellerbar. Ein bisschen saufen, ein bisschen feilschen. Aber worum?
Ich stampfte mir den Schnee von den Schuhen, stolperte in die wohlig warme Bar, und das Telefon klingelte. Leyla reichte den Hörer nach ein paar Worten an mich weiter. „Heckenpennes“, sagte sie leise. „Wie heißt der eigentlich richtig?“ Ich zuckte die Achseln und meldete mich.
„Kristof, was für einen Dreck hast du mir da angeschleppt? Bist du wahnsinnig?“
„Mehr Fotos?“, fragte ich beklommen. „Hunderte. Und du kannst dir nicht vorstellen, was ich stellenweise zu sehen bekommen habe. Es hat mir die Kotze nur so aus dem Hals gerissen. Man sieht diese Bilder und wünscht, dass die Todesstrafe wieder eingeführt wird. Wie kann man nur so etwas machen, Kristof? Mit Kindern?“
„Auch mit den Zwillingen?“
„Was? Ach, die. Softcore, Kristof, praktisch Katalogware.“
Das letzte Wort blieb irgendwie kurz hängen, bei mir, kreuzte gedanklich den Weg der Reiffschen Geschäftsfreunde und vertiefte mein Unbehagen. „Doch manche der anderen Aufnahmen ... man glaubt es nicht, bis man sie sieht. Und selbst dann immer noch nicht. Ich weiß jetzt endlich, was ich mit meinem Geld mache, Kristof: Ich gründe eine Organisation, die solche Schweine aufspürt, und dann samt und sonders kastriert. Interesse, Detektiv? Ich zahle gut.“
„Ja, vielleicht. Vielleicht kann ich dir sogar bald schon die Ersten ans Messer liefern. Doch ich brauche deine Hilfe. Du musst für mich herausfinden, was für einen Ruf der Luxemburger Jean-Luc Reiff in Antwerpen als Diamantenhändler hat.“
Irgendwie war ich mir sicher, dass die Mitteilungsbereitschaft der notorisch verschwiegenen Klunker-Monopolisten gegenüber einem der hundert reichsten Deutschen um einiges größer ausfallen dürfte als gegenüber einem Typen, dessen Schufa-Auskunft sich wie ein Vorstrafenregister liest.
„Jean-Luc Reiff? Diamantenhändler? Was genau soll ich fragen?“
„Sag einfach, er hätte dir einen Haufen Steine angeboten, und frag, ob dem Mann zu trauen ist.“
„Okay.“
„Noch mal zu den Fotos: Wie viele Erwachsene sind beteiligt?“
„Hauptsächlich zwei Männer mittleren Alters.“
„Ich brauche die Fotos, auf denen diese Typen am besten zu erkennen sind.“
„Ja, Scheiße. Selbst nach Knacken der Verschlüsselung bleiben die Gesichter unkenntlich. Ein Destruktionsprogramm. Diese Teile der Fotos soll man niemals wieder erkennbar machen können. Doch gerade deshalb, Kristof, arbeiten wir sehr, sehr hart daran. Du hörst von mir.“
TAG 11
Struppi und ich waren auf dem Rückweg vom Echternacher Flughafen, als uns der BMW entgegenkam. Wir hatten den Toyota geparkt und einen unverfänglichen Spaziergang einmal um das gesamte Gelände gemacht, immer am Zaun lang. Der Flughafen war lückenlos eingezäunt, mit fest verschlossenen Toren im Kilometerabstand. Feuerwehrzufahrten, wie die Schilder verrieten. Nur ein einziges dieser Tore war seit Beginn der Schneefälle geöffnet worden, doch das gleich mehrfach, wie die Spuren verrieten. Fußstapfen und Reifenspuren, letztere ausnahmslos Abdrücke derselben breiten Schlappen, und sie kamen und gingen genau in Richtung des Anwesens der Reiffs. Rechts vom Flughafengebäude parkte das Fluggerät, zumeist Propellermaschinen, doch dazwischen standen auch ein paar kleinere Jets, vermutlich Privat- oder Geschäftsflugzeuge. Die meisten waren diskret lackiert, Beschriftungen beschränkten sich auf die Identifikationsnummern, fast alle mit LX- oder D- am Anfang. Der mit Abstand größte dieser Jets war in Grün und Weiß gehalten, und seine Kennung begann mit dem erst mal nichtssagenden A9C.
Mit dieser etwas dürftigen Ausbeute an Informationen fuhren wir zurück nach Echternach, als mir der BMW auffiel. Es war ein Siebener älteren Baujahrs, er war voll besetzt, tiefergelegt, in Auberginemetallic lackiert. Und er hatte Mülheimer Kennzeichen.
Er kam mir entgegen, mit dem Knaben auf dem Beifahrersitz, der versucht hatte,
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