Rotzig & Rotzig
hinterhergeschickt.“
„Starke Anschuldigungen, Kryszinski.“
„Starke Verdachtsmomente, Menden. Also, kommen Sie in die Gänge! Durchsuchen Sie Wittigs Büro, ihre Wohnung, kontrollieren Sie ihre Konten, nehmen Sie die Frau so richtig in die Mangel. Und dann holen Sie auf dem schnellsten Weg die Zwillinge zurück. Heute noch. Wozu haben Sie die verdammte Staatsmacht im Rücken, wenn Sie sie nicht nutzen?“
„Wie stellen Sie sich das vor, Kryszinski?!“ Menden außer Fassung ist doch immer wieder ein Erlebnis. „Was habe ich denn in der Hand? Nichts als Ihre Aussagen und Beschuldigungen, eine haarsträubender als die andere. Sie haben mir bisher noch keinen einzigen Beweis vorgelegt, noch nicht mal die angeblichen Nacktfotos der Knaben. Ich habe nichts, gar nichts, außer Ihren Behauptungen.“
Je lauter Menden wird, desto ruhiger werde ich. Das war schon immer so. Funktioniert übrigens auch andersrum, doch das nur nebenbei.
„Mit anderen Worten“, sagte ich tonlos, „Sie haben vor, in der Nase zu popeln, bis die Knaben zu alt geworden sind, noch länger das Interesse von Kinderfickern zu wecken.“
Der Hörer an meinem Ohr glühte regelrecht auf. „Selbstverständlich werde ich Ihren Hinweisen nachgehen. Selbstverständlich werde ich Frau Wittig überprüfen und mich auch mit meinen Luxemburger Kollegen kurzschließen. Doch für all das gibt es einen Dienstweg, Kryszinski. Ob das nun auf Ihr Verständnis trifft oder nicht.“
„Für Dienstwege bleibt überhaupt keine Zeit. Da wartet ein Jet aus Bahrain auf dem Echternacher Flugfeld. Und mein Gefühl sagt mir, der wartet nicht mehr lange.“
„Kryszinski. Bei ausreichender Beweislage können und werden wir den ganzen Apparat in Bewegung setzen. Doch bis dahin sind Sie vollkommen auf sich allein gestellt. Also reißen Sie sich zusammen.“
„Ich habe die beiden Jungs da reingebracht, ich hole sie auch wieder raus.“
Und päng.
Das war's, dachte ich entnervt. Die offiziellen Stellen verkrochen sich hinter den Sandsackbarrieren ihrer Vorschriften und warteten ab, bis Privatdetektiv Kryszinski die Brocken um die Ohren flogen. Draußen leuchteten die gelben Straßenlaternen auf. Ich ging hinter die Tankstelle und entriegelte den Kofferraum des Toyotas. Ein paar unverfängliche Dinge des täglichen Bedarfs habe ich immer bei mir. Eine Rolle Bergsteigerseil gehört dazu. Ein dunkelgrauer Overall ebenfalls. Handschuhe, ganz wichtig, und ein bisschen Werkzeug. >Ich bin Hobbykletterer. Und ich schraube grundsätzlich selber an meinem Wagen herum, Herr Kommissar. Der Ring von Nachschlüsseln? Unerlässlich für meine Hausmeistertätigkeit.< Da man unmöglich alles dabeihaben kann, bin ich es gewohnt, zu improvisieren. Ein, zwei Kilometer weiter die Straße runter hatte ich am Flussufer einen Bootssteg gesehen. Mit einem Schuppen daneben. Ich nahm Struppi mit auf eine Runde dorthin. Auf dem Rückweg waren wir um einen kleinen Anker reicher. Etwas Heizungsrohrisolierung um seine vier Arme gewickelt und mit Klebeband fixiert, und man konnte ihn durch die Gegend werfen, ohne dass er allzu sehr schepperte.
Was die Ausrüstung anging, war ich bereit. Oder? Ah, Details ...
„Leyla“, sagte ich mit dieser mich selbst irritierenden Heiterkeit, dich mich so oft packt, wenn mir zur selben Zeit die Angst durch das Mark kriecht, „reiche mir doch bitte deinen schönsten Apfel.“
Die Dunkelheit brach herein, wenn auch noch nicht unbedingt die Nacht. Doch ich wollte so früh wie nur möglich loslegen. Ich steuerte den Toyota in einem weiten Bogen durch den Wald und dann direkt auf den eiförmigen Felsen zu, parkte in seinem Schatten außer Sicht der Wachmänner, die ihre Runden ja innerhalb der Einzäunung drehten. „Ich will mit“, sagte Leyla neben mir. „Das geht nicht. Du musst das Seil bergen. Und du musst Menden und Leblanc alarmieren, sollte ich in zwei Stunden nicht zurück sein.“ Wir stiegen aus, besahen uns den Findling. Nur vielleicht zwölf oder fünfzehn Meter hoch, dabei aber steil, glatt, obenrum verschneit und mit Eiszapfen behangen.
Hau ab, Kryszinski, und überlass den Behörden das Handeln.
„Willst du wirklich da rüber?“ Leyla blickte, wenn möglich, noch skeptischer als ich nach oben. „Ja.“
Der Felsen war vermutlich der einzige nicht elektronisch gesicherte Teil des Grundstücks. Da nimmt man als Eindringling doch gern so manche andere Widrigkeit in Kauf.
Rhythmisch blinkte das rote Licht an dem Mobilfunkmast auf der
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