Roulette der Liebe
in den Sattel, dann ließ er sie los. Er wandte sich schnell ab und ging zu seinem Pferd zurück.
»Ich wollte dich nicht so erregen«, sagte sie.
Reno nickte nur.
»Könnten wir nicht...« Sie brach ab. Tiefe Röte überzog ihre Wangen, als sie fortfuhr: »Du... du sehnst dich nach Erleichterung, und mir geht es gut, und es gibt keinen Grund, warum wir nicht...«.
Reno ritt dicht an Eve heran und blickte sie einige Herzschläge lang schweigend an.
»Es gibt einen Grund«, erwiderte er.
Das hungrige Glitzern in seinen grünen Augen strafte den ruhigen, beherrschten Klang seiner Stimme Lügen.
»Slater?« fragte Eve bedrückt.
Reno schüttelte den Kopf. »Ich schätze, es wird mindestens zwei Tage dauern, bevor Crooked Bear unsere Spur wiederfindet. Der Schamane war der gleichen Meinung, und er kennt das Land besser als die Spanier und Cals Dad zusammengenommen.«
»Warum können wir dann nicht...«
Trotz des Hungers, der in seinem Innern wütete, lächelte Reno über Eves hochrote Wangen.
»Weil ich das nächste Mal, wenn ich dich in die Finger bekomme, Süße, nicht eher aufhören werde, bis keiner von uns mehr genügend Kraft besitzt, um sich die Lippen zu lecken.«
Eve saß da, das Kinn auf die Knie gestützt und die Arme um ihre Beine geschlungen. Nur wenige Meter vor ihren Stiefelspitzen fiel das Land in die Tiefe ab.
Im Augenblick erkundete Reno die Mündung der Schlucht, die sie nach Aussagen des Zauberpriesters am Rand des Felscanyons entlangführen würde, bis der Weg dann auf eine der alten spanischen Routen traf. Wenn die Spur deutlich genug erkennbar war, würden sie im geisterhaften Licht des Mondes reiten. Wenn nicht, wollten sie hier, am Rande des Plateaus, ihr Lager aufschlagen.
Drüben im Westen schwebte die Sonne dicht über dem Horizont. In der Ferne warfen unzählige Steinformationen lange, dunkle Schatten. Wie die Sonne bewegten sich auch die Schatten weiter, veränderten alles, was sie berührten, ließen in Zeitlupe die Landschaft wie in einem Kaleidoskop sich verändernder Farben immer neu aussehen.
Als sich Schritte näherten, brauchte Eve sich nicht umzudrehen, um zu wissen, daß es Reno war und nicht irgendein Fremder. Der unverwechselbare Rhythmus seiner Schritte war inzwischen ein Teil ihrer selbst geworden, so wie die süßen Erinnerungen an einen versteckten Teich und Wasser, das schäumend von Felsklippen herabstürzte.
»Einen Penny für deine Gedanken«, sagte er.
Lächelnd blickte Eve wieder hinaus auf die langsame Verwandlung von Stein und Schatten und Sonnenuntergang.
»Ich frage mich immer, wie die Felswüste hier wohl entstanden ist«, sagte sie, »und warum sie so völlig anders ist als alles, was ich bisher gesehen habe.«
»Mir ging es genauso, als ich das hier zum ersten Mal erblickt habe. Vor acht Jahren habe ich zufällig einen Paläontologen der Regierung kennengelernt, und er...«
»Was ist das?« unterbrach Eve ihn.
»Ein Paläontologe?«
Sie nickte.
»Es ist ein kompliziertes Wort für einen Mann, der Knochen sucht, die so alt sind, daß sie sich in Stein verwandelt haben.«
Eve sah ihn ungläubig an, »Steinknochen?«
»Man nennt sie Fossilien.«
»Und woher stammen die Knochen?«
»Von Tieren, die vor langer, langer Zeit gelebt haben.«
Eine vage Erinnerung stieg in Eve auf, Überbleibsel aus einer Zeit, als sie die Waisenhausschule besucht hatte.
»Wie die schrecklichen Echsen« wollte sie wissen.
Reno sah überrascht aus. »Ja, richtig.«
Eve stützte wieder das Kinn auf die Knie.
»Ich dachte, die älteren Kinder wollten mich verspotten, aber eins von ihnen zeigte mir ein Bild in einem Buch«, sagte sie verträumt. »Es war das Skelett einer Echse, die auf den Hinterbeinen stand. Sie war größer als ein Kirchturm. Ich wollte das Buch gerne lesen, aber jemand hatte es gestohlen, bevor ich dazu kam.«
»Ich habe das gleiche Buch drüben auf Willys und Cals Ranch«, erwiderte Reno. »Und noch ungefähr fünfzig andere.«
»Steht in den Büchern auch, wie das da entstanden ist?« sagte sie und wies auf das Felslabyrinth tief unter ihr.
»Hast du schon mal einen Fluß gesehen, der sich unter seinem Ufer durchgräbt, bis das Ufer einstürzt und dem Fluß eine neue Form gibt?«
»Sicher. Überflutung bewirkt das gleiche, nur noch viel schneller.«
»Stell dir vor, wie es aussehen würde, wenn der Fluß sich durch Stein gräbt statt durch Erde, und sich auch alle Nebenflüsse durch Stein graben, und die steinernen Ufer langsam
Weitere Kostenlose Bücher