Roulette der Liebe
wegen des ersten Mals, als er ihr weh getan hatte.
»Mir geht es gut«, versicherte sie.
Und es war die Wahrheit. Sie war an diesem Morgen mit dem Entschluß aufgewacht, das zu genießen, was sie hatte, statt dem nachzuweinen, was ihr versagt blieb. Das Leben hatte sie gelehrt, daß die Zukunft früh genug kommen würde und mit ihr all die Reue und Trauer um Vergangenes, an dem sie nichts mehr ändern konnte - ihre tote Mutter, ihr sanfter, hilfloser Vater, die Tatsache, daß das Leben gerade mit den Kindern, die am wenigsten in der Lage waren, sich zu verteidigen, besonders grausam umsprang.
Was auch immer mir die Zeit mit Reno beschert, ich werde es nicht bereuen. Liebe existiert, ob er daran glaubt oder nicht. Ich weiß es. Ich fühle sie.
Für ihn.
Und vielleicht, nur vielleicht, kann er sie ja auch für mich empfinden. Er hat schon einmal geliebt, vergebens. Er kann wieder lieben, nun klüger geworden. Er kann mich lieben.
Vielleicht...
»Bist du sicher?« fragte Reno.
Eve blickte erschrocken, aber dann wußte sie, er konnte ihre Gedanken unmöglich erraten haben. Es ging nur um die Frage, wie sie sich heute fühlte.
»Ja«, antwortete sie. »Mir geht’s gut.«
»Selbst nach all den Stunden im Sattel?« Er blieb hartnäckig.
Sie blickte fort von der kristallenen Klarheit seiner Augen und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie tief seine Besorgnis sie rührte.
Er liebte sie nicht, aber es war ihm nicht gleichgültig, wenn er sie verletzte. Das war schon etwas.
Es war mehr als etwas. Es war die Welt. Keiner, der stärker als Eve war, hatte sich jemals so um sie gekümmert.
Sie berührte Renos Wange mit den Fingerspitzen und versuchte ihm zu versichern, daß er sie gestern nicht verletzt hatte, als er den Schleier ihrer Unschuld zerriß und ihn durch eine sinnliche Erfahrung ersetzte, die wie Champagner in ihrem Blut perlte.
»Es gibt nur eins, was mir zu schaffen macht«, sagte sie. »Daß ich zu zittern anfange und kaum noch atmen kann, wenn ich daran denke, was wir... was du... was ich...«
Sie schluckte nervös und wünschte, ihr Hut wäre groß genug, um ihr vor Verlegenheit hochrotes Gesicht zu verbergen. Sie empfand Renos stille Belustigung genauso deutlich, als wenn er den Kopf zurückgeworfen und laut gelacht hätte.
»Du lachst mich aus«, murmelte sie.
Reno ließ seine Finger über Eves Wange gleiten.
»Nein, Süße. Ich lache, weil du mir zu Kopf steigst wie purer Whisky«, erklärte er. »Schön zu wissen, daß ich dich genauso beschäftige wie du mich. Am liebsten würde ich dich sofort aus dem Sattel ziehen und dich gleich hier nehmen, gleich jetzt, im Sitzen.«
»Auf einem Pferd? Im Sitzen?« fragte Eve, zu verblüfft, um verlegen zu sein. »Ist das denn möglich?«
»Ich will verdammt sein, wenn ich es weiß. Aber es reizt mich ungeheuer, es herauszufinden. Ich sehne mich ununterbrochen nach dir, seit ich dich das erste Mal gehabt habe.«
Reno zog leicht an den Zügeln. Darling tänzelte sofort vorwärts und erlöste damit ihren Reiter von der Versuchung.
»Komm, laß uns weiterreiten«, sagte er zu Eve. »Der Schamane und ich haben eine Überraschung für dich.«
»Welche?«
»Wenn ich es dir sagte, wäre es keine Überraschung mehr, oder?«
Lächelnd stieß Eve ihrer Stute die Fersen in die Seiten, um Reno zu folgen. Es machte sie glücklich, wie locker und unbefangen er neuerdings war. Seit dem Besuch auf der Ranch seiner Schwester, wo er sich im Kreis seiner Familie entspannt hatte und nicht dauernd auf der Hut sein mußte, hatte er nicht mehr so bereitwillig gelächelt.
Und auch Eve behandelte er jetzt, als vertraute er ihr. Die berauschende Kombination von Neckereien und unverhohlener Sinnlichkeit schärfte Eves Sinne, verstärkten die Wahrnehmungen ihres Körpers in Erwartung der nächsten Liebkosung, des nächsten Augenblicks, wenn sie miteinander lachen würden. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals in ihrem Leben so häufig gelächelt zu haben.
Eve lächelte immer noch, als ihr Pferd neben Renos Stute in Trab fiel. Reno lächelte zurück, während er sich über die Unverwüstlichkeit des Mädchens wunderte, das darauf brannte, sich in ein neues Abenteuer zu stürzen, nachdem es nur knapp der doppelten Gefahr durch Banditen und durch einen Gewaltritt quer durch unerforschtes Land entkommen war.
Ganz zu schweigen von dem Revolverhelden, der sie schon wieder so heftig begehrte, daß es ihn ungeheure Mühe kostete, die Finger von ihr zu lassen.
»Schließ
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