Roulette des Herzens
müssen warten, bis …«
»Aus dem Weg!«
Der Diener, der sich des jammernden, seinen Schutz suchenden Aristokraten bewusst war, rührte sich nicht vom Fleck. »Nein, Sir!« entgegnete er unsicher.
Weitere Dienstboten und Hausgäste erschienen und drängten sich im Flur zusammen, um zu sehen, was es mit dem Lärm auf sich hatte. Mit mordlüsternem Blick sah Derek Lord Granville an. »Wenn ich Sie das nächste Mal treffe und die kaltherzige Aaskröte, die Sie hergeschickt hat, bringe ich Sie beide um. Sagen Sie ihr das.«
Furchtsam wich Lord Granville zurück. »Hier sind Zeugen, die bekunden, werden, dass Sie mich bedroht haben.«
Derek knallte die Tür zu und schloss sich mit Miss Fielding ein. Er ließ die Porzellanscherbe fallen, wandte sich Sara zu und strich sich das schwarze Haar aus der Stirn. Sara raffte das dünne Nachthemd vor der Brust zusammen, als könne es sie beschützen. Ihr Gesicht war ausdruckslos. Offenbar erkannte sie ihn nicht. Er bemerkte, dass sie am ganzen Leibe flog, ging zu ihr und hob sie auf die Arme.
Schweigend trug er sie zum Bett, ließ sich darauf nieder und setzte sie sich auf den Schoß. Reglos lag sie ihm an der Brust, die Arme um seinen Hals geschlungen, den Kopf an seine Schulter gelehnt. Beide atmeten sie hastig, sie vor Angst, er aus Wut. Je mehr sein Zorn sich legte, desto deutlicher wurde er sich der vielen Leute bewusst, die sich draußen vor der Tür aufhielten. Niemand wagte, den Raum zu betreten. Nur Gott wusste, welche Vorgänge sie im Zimmer vermuteten. Es war besser, wenn er Miss Sara in jemandes Obhut übergab.
Er hatte nicht gemerkt, dass sie weinte, bis ihre nasse Wange seinen Hals streifte. Sie schluchzte nicht, sondern weinte still vor sich hin. Die Tränen rannen ihr über das Gesicht und brachen Derek das Herz. Langsam nahm er ihre Hände, strich ihr zärtlich über das gelöste Haar und den Rücken. »Hat dieses Monstrum dir weh getan?« zwang er sich schließlich zu fragen.
Sie wusste, was er meinte. »Nein«, flüsterte sie. »Du bist rechtzeitig gekommen. Woher wusstest du, dass dieser Mensch hier war? Wieso…«
»Später.« Im Augenblick konnte Derek sich nicht dazu überwinden, ihr zu erklären, dass sie seinetwegen von Lord Granville überfallen worden war.
Tief seufzend, entspannte sie sich, und ihre Tränen versiegten. Es war unmöglich zu glauben, dass derselbe Mann, der Lord Granville so wild angegriffen hatte, sie mit solcher Zärtlichkeit umfangen halten konnte. Nie hatte sie sich so sicher gefühlt, an seiner breiten Brust geborgen. Es war falsch von ihm, sie derart intim zu halten, und falsch von ihr, ihm das zu gestatten, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, es ihm zu versagen. Er bewegte den Kopf und küsste sacht ihren Mund. Sie schloss die Augen und fühlte, wie er sanft ihre Lieder, die nassen Wimpern, mit den Lippen berührte.
Ein lautes Klopfen an der Tür kündigte das Erscheinen der Countess an. Sie betrat den Raum, drehte sich um und sagte streng zu den sich im Flur zusammendrängenden Leuten: »Entfernen Sie sich alle! Jetzt ist alles in Ordnung.
Ich möchte, dass Sie nach unten gehen und versuchen, nicht über Dinge zu klatschen, die Sie nichts angehen.«
Entschlossen machte sie die Tür zu und starrte das auf dem Bett sitzende Paar an. »Verdammt!« murmelte sie und näherte sich dem Bett, um die auf dem Nachttisch stehende Kerze anzuzünden.
Sara war sich der skandalösen Situation bewusst und versuchte, von Mr. Cravens Schoß zu rutschen. Derek zog die Decke über sie, stopfte diese sorgsam um sie fest und setzte sich dann neben ihr auf das Bett.
Lilys Blick wanderte von Miss Fieldings verstörter Miene zu Dereks reglosem Gesicht. »Granville, dieser dreckige Ziegenbock!« murmelte sie. »Ich habe stets gewusst, dass er ein Lustmolch ist, aber dass er wagen würde, eine bei mir zu Gast weilende Frau unter meinen Dach zu vergewaltigen … Nun, gerade jetzt wirft Alex ihn raus, und wenn ich mit Granville fertig bin, wird er im ton nie wieder von jemandem empfangen werden. Hier, ich dachte, das sei hilfreich.« Sie drückte Derek ein Glas in die Hand. »Ich weiß nicht, wer von euch beiden einen Schluck Whisky nötiger hat.«
Derek reichte das Glas an Miss Fielding weiter, die daran roch und den Kopf schüttelte.
»Nein.«
»Trinken Sie etwas, mir zuliebe«, drängte er sie sacht.
Sie nahm einen kleinen Schluck und hustete, weil der Whisky ihr in der Kehle brannte. »Puh!« Sie verzog das Gesicht, weil er
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